In einigen Industriebetrieben gab es inflationsbedingt 1923 Bestrebungen sich zur Schaffung von wertbeständigem Notgeld in Gemeinschaften zusammenzuschließen, um eine Wertbeständigkeit bei der Zahlung von Löhnen und Gehältern zu gewährleisten. So bildeten sieben Industriebetriebe in Biebrich zu diesem Zweck die „Industriegemeinschaft für wertbeständiges Notgeld“.
Industriegemeinschaft für wertbeständiges Notgeld, Notgeld über 1/10 Dollar, ausgegeben in Biebrich am Rhein im November 1923.
In Biebrich am Rhein (Provinz Hessen-Nassau) wurde im Oktober 1923 eine „Industriegemeinschaft für wertbeständiges Notgeld“ gegründet, deren Geschäftsführung in Händen der Firma Kalle & Co. A.-G. lag. Die Gemeinschaft gab Anfang November mit Genehmigung der I. A. R. K. (Hohe Interalliierte Kommission) Notgeld über 1/10, ¼, ½, 1 und 3 Dollar aus, für die sie zuvor Deckung in Devisen bei der Allgemeinen Elsässischen Bankgesellschaft in Mainz zu hinterlegen hatte. Dieses Bankinstitut wurde auch bei mehreren anderen Emissionen im besetzten deutschen Gebiet mit der Verwahrung der Deckungswerte bei der Ausgabe von Goldmark-Notgeld betraut. Das Notgeld war im ganzen Regierungsbezirk Wiesbaden umlauffähig und mindestens bis 31. Januar 1924 gültig.
Industriegemeinschaft für wertbeständiges Notgeld, Notgeld über ¼ Dollar, ausgegeben in Biebrich am Rhein im November 1923.
An der Biebricher Industriegemeinschaft für wertbeständiges Notgeld waren folgende Gesellschaften beteiligt:
Chemische Fabrik Griesheim-Elektron in Griesheim am Main,
Chemische Werke vormals H. & E. Albert in Amöneburg,
Dyckerhoff & Widmann A.-G. in Biebrich am Rhein,
Philipp L. Fauth Aktiengesellschaft in Dotzheim,
Kalle & Co. A.-G. in Biebrich am Rhein,
Portland-Cement-Fabrik Dyckerhoff & Söhne G.m.b.H. in Amöneburg und
Ludwig Ganz A.-G. in Mainz.
Industriegemeinschaft für wertbeständiges Notgeld, Notgeld über ½ Dollar, ausgegeben in Biebrich am Rhein im November 1923.
Industriegemeinschaft für wertbeständiges Notgeld, Notgeld über 1 Dollar, ausgegeben in Biebrich am Rhein im November 1923.
Industriegemeinschaft für wertbeständiges Notgeld, Notgeld über 3 Dollars,
ausgegeben in Biebrich am Rhein im November 1923 (Vorderseite).
Industriegemeinschaft für wertbeständiges Notgeld, Notgeld über 3 Dollars,
ausgegeben in Biebrich am Rhein im November 1923 (Rückseite mit Einlösungsbedingungen; interessante Warnung hier aufgedruckt: Wer dieses Notgeld nachmacht oder verfälscht
oder nachgemachtes oder verfälschtes sich verschafft und in Verkehr bringt wird mit Zuchthaus bestraft.)
Die Einlösung der Notgeldscheine erfolgte in gesetzlicher Währung (Papiermark) zu dem Gegenwert 1 Dollar U.S.A. = 4,20 Goldmark, berechnet nach der dem Einlösungstage vorangehenden letzten New-Yorker Briefnotierung bei den Filialen der Allgemeinen Elsässischen Bankgesellschaft in Mainz und Wiesbaden sowie bei den Kassen der beteiligten Betriebe.
Hans-Georg Glasemann
Bildquelle: Privat (7/2023)
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Manfred Müller:
Deutsches Notgeld, Band 12: Das wertbeständige Notgeld der deutschen Inflation 1923/1924
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