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AutorenbildUwe Bronnert

Kantinengeld der niederländischen Streitkräfte in Deutschland

Aktualisiert: 14. Nov. 2023

Bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs traten die politischen Gegensätze zwischen den ehemaligen Mächten der Anti-Hitler-Koalition zutage. Auf der einen Seite die UdSSR und auf der anderen Großbritannien, Frankreich und die USA. Der Februarumsturz in der Tschechoslowakei und die Berlin-Blockade bewirkten, dass sich die westeuropäischen Staaten zunehmend von der Sowjetunion und dem kommunistischen Ostblock bedroht fühlten und enger zusammenrückten. Am 4. April 1949 gründeten Belgien, Dänemark (mit Grönland), Frankreich (mit den französischen Gebieten in Algerien), Großbritannien (mit Malta), Island, Italien, Kanada, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Portugal und die USA die NATO (North Atlantic Treaty Organization).[1]


Das Verteidigungsbündnis trat am 24. August 1949 in Kraft. In ihm verpflichtete sich die niederländische Regierung, ihre Truppen an gemeinsamen Manövern der Bündnispartner im Ausland teilnehmen zu lassen. Da die damaligen Devisenbestimmungen die Ausfuhr der niederländischen Währung verboten, musste für die teilnehmenden Soldaten eine andere Lösung gefunden werden.

Oberstleutnant J. B. Ludwig hatte die zündende Idee, besondere Münzen herstellen zu lassen, die ausschließlich für Kantinenzwecke außerhalb der Niederlande verwendet werden sollten. Bei der Wahl des Materials erinnerte er sich an eine Plastik-Medaille des Utrechter Studentenkorps. Dieses Material sollte nun auch bei den sechs Nominalen des Ministeriums van Oorlog (Kriegsministerium) verwendet werden. Die Produktion fand in zwei Fabriken statt. Den Auftrag für die Ein-Gulden-Münze erhielt der günstigste Anbieter, die N. V. Luxor Plastics in Amsterdam. Da das Unternehmen nur Münzen in einer Größe fertigen konnte, wurden die anderen Werte in der Hollandse Knopenfabriek in Spakenburg (Holländische Knopffabrik) produziert.


Im September 1951 nahmen 4.400 niederländische Soldaten zum ersten Mal an einer Übung in Deutschland teil. Das Kriegsministerium zahlte jedem Soldaten fünf Gulden in Plastikgeld aus. Bei der Übung stellte sich heraus, dass die zuerst gelieferten Ein-Gulden-Münzen zu dünn waren und sehr schnell zerbrachen. Daher forderte die Militärverwaltung die etwa 300 ausgegebenen Münzen zurück, sodass von ihnen nur wenige Exemplare erhalten blieben.


Ausgegeben wurden undatierte Münzen zu 1, 5, 10, 25, 100 und 500 Cent in unterschiedlichen Farben. Sie wurden im Spritzverfahren hergestellt. Die Münzen zu 1 bis 25 Cent sowie 500 Cent sind einheitlich gestaltet. Auf der Vorderseite der Wert ohne Währungsbezeichnung und auf der Rückseite im Perlkreis dreizeilig waagerecht „MIN. / VAN / OORLOG“ jeweils in einem Perlkreis. Die Gestaltung der 100-Cent-Münze ist ähnlich, statt eines Perlkreises wurde hier ein breiter Randstab gewählt. Der Text auf der Rückseite ist hier waagerecht zweizeilig „MIN: / VAN OORLOG“.

Obwohl einige dieser Münzen dicker, sogar doppelt so dick, sind wie normale, handelt es sich hier um keine Varianten. Die Abweichungen sind wohl produktionsbedingt.

Nach ihrer ersten Verwendung 1951 kamen sie auch 1952, 1953 und 1954 zum Einsatz. Wegen der großen Zahl von Soldaten, die diese Münzen mitnahmen, war eine zweite Auflage notwendig. Dabei wurden die Münzen zu ein und fünf Gulden durch undatierte Geldscheine gleichen Wertes ersetzt und um einen zu 25 Gulden ergänzt.

Diese Wertzeichen wurden von Joh. Enschede und Zonen in Haarlem gedruckt.

Alle Nominale sind 113 mm x 60 mm groß und einheitlich gestaltet. Sie weichen nur in der Farbe voneinander ab. Am oberen Rand der Vorderseite wird der Emittent genannt: „MINISTERIE VAN OORLOG“. Im mittleren Teil die Wertangabe und fünfzeilig:

„Uitslutend geldig / bij oefeningen buiten Nederland / voor betaling van aankopen bij de / Nederlands Militaire / Cantinedienst“.

Übersetzung: Ausschließlich gültig / für Übungen außerhalb der Niederlande / für die Bezahlung von Einkäufen aus dem / niederländischen Militär- / Kantinendienst.

Sie waren also nur in den niederländischen Militärkantinen im Ausland gültig. Damit erinnern sie an das Behelfsgeld der deutschen Wehrmacht aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Rückseite nennt nochmals den Emittenten, den Wert und weist am unteren Rand ein zweites Mal auf die Verwendung hin: „Militair Cantine Geld“.

Abb. 2.1: 1 Gulden, Ministerie van Oorlog, o.D., Vorderseite.

Abb. 2.2: 1 Gulden, Ministerie van Oorlog, o.D., Rückseite.


Die Scheine zu 1 und 5 Gulden wurden in zwei Auflagen gedruckt. Dies ist jedoch nur an der schwarzen sechsstelligen Kontrollnummer abzulesen: 1 Gulden > B070000 und 5 Gulden > A070000. Von allen Werten gibt es Scheine mit dem roten Aufdruck „SPECIMEN“, der Kontrollnummer „000000“ und dem vorgesetzten Serienbuchstaben.

Spätestens Ende 1958 wurden die Münzen und Geldscheine des niederländischen Kriegsministeriums entbehrlich, da fast alle OECD-Staaten, darunter auch die Niederlande und die Bundesrepublik, ihre Devisenbewirtschaftung aufhoben und die Währungen wieder frei konvertierbar waren.


Uwe Bronnert


Anmerkungen:

[1] Seit 1955 ist die Bundesrepublik Deutschland Mitglied der NATO.

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