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AutorenbildErwin Beyer

La Banque Sino-Française

Aktualisiert: 26. März 2021

In der Yangming Auktion vom 8.9.2017 in Shanghai war ein Schein, der mein besonderes Interesse weckte. Trägt er doch einen Banknamen, den ich noch nie gehört hatte!


Abb.1: Entwurf einer 10-Yuan-Note.


Nach näherer Untersuchung stellte sich heraus, es handelt sich um den handgezeichneten Entwurf einer 10-Yuan-Banknote, der aber nie realisiert wurde.

Ganz oben sehen wir den Namen der Bank: 華法銀行 , was man mit „Sino-Französische Bank“ übersetzen kann. Der Name zeigt, dass es sich um ein chinesisch-französisches Joint Venture handelt. Auf der Note findet sich auch ein Datum, nämlich 中華民國八年 = Jahr 8 der chinesischen Republik, das entspricht 1919. Als Ortsangabe lesen wir 上海 = Shanghai.

Der Entwurf stammt von Bureau of Engraving and Printing, denn an der Unterkante der Note finden wir die Namen einer berühmten Druckerei: 財政部印刷局, wörtlich „Druckerei des Finanzministeriums“. Keine Druckfirma hat mehr chinesische Noten gedruckt als diese.

Besonders interessant finde ich das Hauptmotiv im Zentrum des Scheins: Es zeigt ein Schiff, allerdings eines, das nicht schwimmen kann, sondern aus Stein und Holz verfertigt ist. Man nennt es gewöhnlich Marmorschiff. Zu finden ist es am Ufer des Kūnmíngsees am Fuße des Wànshòuhügels im kaiserlichen Sommerpalast in Peking (頤和園).


Ursprünglich wurde das Schiff im Auftrag von Kaiser Qiánlóng (乾隆) gebaut. Das war im Jahre 1755. Leider wurde dieses Boot 1860 von Engländern und Franzosen während des Zweiten Opiumkrieges zerstört. 1893 wurde das Marmorschiff wiederaufgebaut, diesmal aber mit einigen europäischen Stilelementen. Das Schiff ist 36 m lang und hat zwei Stockwerke, nur der Boden ist aus Stein, die beiden Stockwerke sind aus Holz, das so angemalt ist, dass es aussieht, als seien sie aus Marmor gefertigt. Schon lange ist das Marmorschiff eine touristische Attraktion. Ich füge hier mal das Bild einer alten Postkarte bei.


Abb. 2: Alte Postkarte mit dem Marmorschiff.


Wer sich mit chinesischen Noten beschäftigt, kennt das Motiv „Marmorschiff“ von anderen Noten. Z.B. findet es sich auf der undatierten 5000-YuanNote, 1945 ausgegeben von der „Federal Reserve Bank of China“. Diese Note war übrigens die letzte, die von dieser japanischen Bank ausgegeben wurde.


Abb.3: 5000 Yuan ND der “Federal Reserve Bank of China”.


Ich kann auch das Foto, das die Druckerei (Bureau of Engraving and Printing, auch wenn das auf der Note nicht vermerkt ist) als Vorlage für das Motiv benutzte, zeigen.


Abb. 4: Vorlage für das Marmorschiff auf der 5000-Yuan-Note.


Etwas schwieriger ist das Marmorboot auf gewissen Noten zu erkennen, die das Finanzministerium „zur Stabilisierung des Marktes“ ausgegeben hat. Als Beispiel bilde ich hier 10 Mei (oder 10 Coppers) von 1922 ab, SCWPM China-609, mit Ortsbezeichnung 京兆 = Jīngzhào, was sich auf Běijīng (Peking) und Umgebung bezieht.


Abb. 5: 10 Mei 1922 des Finanzministeriums.


Eine ganz ähnliche Abbildung sieht man auf der 1-Jiao-Note der „Federal Reserve Bank of China", Jahr 29 der Republik = 1949 (die Note gibt es auch mit Datum Jahr 27 = 1939). Auch hier ist hinter dem Marmorboot der Sommerpalast zu sehen. (Nr. 49b)


Abb.6: 1 Jiao 1929, “Federal Reserve Bank of China”.


Wenig bekannt ist auch, dass die Abbildung auf der 2-Jiao-Note der kommunistischen „Farmers Bank of Northwest China“, datiert Jahr 29 der Republik / 1940, einen etwas stilisierten Ausschnitt des Marmorboots darstellt. (Nr. S3290A)


Abb.7: 2 Jiao 1949, “Farmers Bank of Northwest China”.


Nun zurück zur Sino-Französischen Bank. Leider ist die bis jetzt verfügbare Information sehr gering. Wir wissen, dass es sich um ein von Franzosen und Chinesen gemeinsam finanziertes Institut handelt, welches 1919 als Aktiengesellschaft errichtet wurde.

Sie hatte Filialen in Shanghai und Tianjin. Es ist ein Glücksfall, dass die Yangming Auktionsgesellschaft am 27.6.2015 eine Aktie dieser Bank versteigert hat.


Abb.8: Aktie der „Banque Sino-Française“.


Daraus können wir einige wenige Informationen entnehmen:

Einmal, dass es sich um eine GmbH handelte. Weiter erfahren wir die Namen verschiedener Persönlichkeiten und ihre Titel, z:B. 王鴻逵 (Wáng Hóngkuí) war „Hauptkontrolleur“, 張弧 (Zhāng Hú) war Vorstandsvorsitzender.











Wáng Hóngkuí, das lässt sich googeln, war früher verantwortlich für den Salzhandel in der Provinz Shāndōng. Über Zhāng Hú weiß man wesentlich mehr. Auch er war zunächst für den Salzhandel in Shāndōng verantwortlich, später nahm er mehrere höhere Posten im Finanzwesen an, er war sogar eine Zeitlang Finanzminister und starb 1937, 63jährig.


Auf der Aktie, die mit dem Datum 1.9.1920 versehen ist, sieht man zwei gekreuzte Flaggen, die französische Trikolore und die 5-Streifen-Fahne der Běiyáng-Regierung.

Das passt zum Charakter der Bank als Joint Venture.


Ich weiß definitiv, dass in den französischen Archiven zur „Banque Sino-Française“, wie sich die Bank auf Französisch nennt, noch zahlreiche Unterlagen zu finden sind. Diese Quellen sind mir aber leider im Moment nicht zugänglich.


Erwin Beyer

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