Kaum jemand hat je vom Bandō-Lager gehört und auch den meisten Geldscheinsammlern ist es unbekannt. Dennoch verbindet sich mit diesem japanischen Kriegsgefangenenlager des Ersten Weltkriegs nicht nur ein interessantes Stück Geld-, sondern auch Kulturgeschichte.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs stellte das damals mit Großbritannien verbündete Japan am 10. August 1914 ein Ultimatum an die Verwaltung des deutschen Pachtgebiets Kiautschou an der Ostküste Chinas, das deren vollständige Übergabe verlangte.
Die japanische Forderung blieb unbeantwortet und es folgte ein wochenlanger Kampf, in dem zum Schluss nur noch 5500 deutsche Verteidiger rund 60.000 japanische Angreifer abwehrten. Der Kampf endete am 7. November 1914 mit der Gefangennahme von rund 5000 eingeschlossenen deutschen Soldaten. Etwa 4700 transportfähige Gefangene traten auf Frachtdampfern die Reise nach Japan an und wurden anfangs in Behelfslagern untergebracht, darunter im Tempel von Marugame, da man nicht mit einem längeren Krieg rechnete. Bereits in Marugame spielte auch Kultur eine große Rolle und ein Gefangenen-Orchester führte Beethoven auf.
Nach und nach wurden die zwölf provisorischen Lager aufgelöst und die Gefangenen in sechs neuen Barackenlagern, darunter Bandō untergebracht. Im April 1917 kamen dann noch einmal 1000 deutsche Gefangene aus den Lagern Marugame, Matsuyama und Tokushima nach Bandō, wo der japanische Lagerkommandant Matsue Toyohisa den Gefangenen relativ viel Freiheiten einräumte und so ein „Vorzeigelager“ mit engen Kontakten zur japanischen Bevölkerung entstand. Es gab gleich mehrere Lager-Orchester, die öffentliche Konzerte gaben, darunter das sog. Tokushima-Orchester unter Leitung des Obermaats Hermann Richard Hansen, das u.a. am 24. Februar 1918 einen Beethoven-Abend mit der wahrscheinlichen japanischen Erstaufführung der 4. Symphonie gab, und das des Geigers Paul Engel, der am 1. Juni 1918 Beethovens 9. Symphonie in Japan uraufführte. Mit den „Bandō-Konzerten“ wurde auf ganz besondere Weise der Grundstein für die heutige Beliebtheit klassischer Musik in Japan gelegt.
Zwei eigene Lagerdruckereien, darunter eine für Steindruck, druckten nicht nur Konzertprogramme und eine Lagerzeitung, sondern 1918 auch Lagergeldscheine, die man mit der Unterschrift von Max Grill zur Behebung des Kleingeldmangels im Lager ausgab und die heute wahre Raritäten sind. Erst im Februar 1920 kehrten die Bandō-Gefangenen in die Heimat zurück.
Hans-Ludwig Grabowski
Abb. Lagergeldscheine: Hans-Ulrich Beerenwinkel
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