Leserpost: Deutsches Freigeld von 1940
- Hans-Ludwig Besler (Grabowski)
- 8. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
Zu dem Thema Freigeld hatte ich bislang immer nur Scheine von 1933 gefunden.
Unlängst habe ich nun einen Schein von 1940 entdeckt! Ist der bereits bekannt?
Bilder sende ich als Scans gleich mit.


Mit freundlichem Gruß
Thomas Neldner
Antwort der Redaktion
Bei dem sog. "Deutschen Freigeld" handelt es sich um kein echtes Geld, sondern vielmehr um Werbeträger für eine Geldreform mit besteuerten Zahlungsmitteln nach der Idee des Kaufmanns, Finanztheoretikers, Sozialreformers und Begründers der Freiwirtschaftslehre Silvio Gesell (1862–1930). Es wird auch als "Schwundgeld" bezeichnet, weil der Wert des Geldes schwindet, wenn es nicht regelmäßig durch die Entrichtung einer Geldsteuer in seiner Gültigkeit verlängert wird (siehe Klebemarken auf der Rückseite).
Auf der Vorderseite des abgebildeten Scheins findet sich ein Porträt von Gesell, der in der kurzlebigen sozialistischen Münchner Räterepublik 1919 sogar als Finanzminister fungiert hatte. Ein als "Reichswährungsamt" ausgewiesener Emittent existierte nicht!
Es kommen verschiedene Ausführungen des "Freigelds" vor. Die Scheine in der hier vorliegenden Gestaltung findet man tatsächlich meist nur mit Datum vom 1. Januar 1933, sodass man annehmen könnte, dass das "Freigeld" nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten verboten worden wäre. Tatsächlich gibt es aber trotz Krieg auch die selteneren Scheine von 1940 in dieser Ausführung und darüber hinaus auch ähnlich gestaltete Scheine mit Gesell-Porträt von 1944 sogar als Kopien von den 1933er Scheinen auf den 1. Januar 1952 datierte Scheine aus der Zeit der jungen Bundesrepublik.
Die Anhänger der Idee der Freiwirtschaft konnten also auch durch NS-Diktatur, Krieg, alliierte Besatzung und die schweren Nachkriegsjahre nicht aufgehalten werden, für das "Freigeld" zu werben. Praktisch eingesetzt wurde Schwundgeld dagegen nur in wenigen Fällen, so etwa durch den Allgemeinen Deutschen Tauschverein mit ihren auf "Tauscher" lautenden Scheinen von 1932 in Gera, durch Warengutscheine als "Tauschmittel" durch den Deutschen Wirtschaftsbund von Bad Sachsa (1931) oder durch die "Wära-Scheine" der Ulmer Tauschgesellschaft von 1931.
Bei sämtlichen Scheinen in diesem Zusammenhang handelt es sich um außergewöhnlich interessant Belege zur deutschen Währungsgeschichte.
Katalogisiert wurden das Schwundgeld und die Werbemittel zur Freiwirtschaft in Form von sog. "Freigeld" in dem Katalog "Schwundgeld in Deutschland – Freigeld, Freiland, Freiwirtschaft 1916 bis 1952" von Kai Lindmann (Werner Kieselbach), erschienen beim kolme k-Verlag Gifhorn 2011.
Den abgebildetenSchein findet man hier unter A-03 Berlin, Das Reichswährungsamt.
Hans-Ludwig Besler (Grabowski)
Literatur:
Lesen Sie hierzu auch meinen Beitrag: Das Geld der Zukunft – Silvio Gesell und sein „Freigeld“ sowie den Lexikon-Beitrag zu Silvio Gesell und den Beitrag von Uwe Bronnert:
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