Sehr geehrter Herr Grabowski,
ich habe hier einen 100-Pfund-Schein der Deutschen Golddiskontbank von 1924, den es laut Ihrem Katalog "Die deutschen Banknoten ab 1871" überhaupt nicht geben dürfte. Ist der Schein echt, oder handelt es sich um eine Manipulation?
Mit freundlichen Grüßen
K. Schneider
Antwort der Redaktion
Auf den ersten Blick scheint es sich um ein bislang unbekanntes Nominal der Deutschen Golddiskontbank zu handeln, deren Scheine allerdings nie ausgegeben wurden, weil bereits mit der Rentenmark eine Währungsstabilisierung nach der Hochinflation erreicht werden konnte. Gedruckt waren damals 5- und 10-Pfund-Scheine, aber keine Hunderter.
Die Entdeckung eines anderen Nennwerts käme einer Sensation gleich.
Bereits der erste Augenschein des zur Begutachtung überlassenen Scheins ergab jedoch, dass es sich um eine Manipulation handelt, die am Computer erstellt und mittels eines Computerdruckers gedruckt wurde. Die Sensation bleibt also aus!
Diese Abbildung diente dem "Fälscher" als Grundlage für seine "Kreation".
Bei genauerer Betrachtung wird klar, dass man sich schamlos der Abbildung des 10-Pfund-Scheins mit der KN "000002" bedient hat, die sowohl im angesprochenen Standardkatalog zu den deutschen Banknoten, als auch hier im Blog zu finden ist. Über die letzte Stelle der Kontrollnummer (2) hat man ganz einfach eine Null, von denen ja einige auf der Vorlage vorhanden sind, kopiert. Das Porträt des Mannes mit Eichenlaubkranz im Rahmen wurde ganz einfach durch ein Porträt von Bismarck ersetzt. Den Schriftzug "Zehn" links vom Porträt auf dem Ziergrund ersetzte man durch "Hundert". Der Ziergrund selbst wurde mehr schlecht als recht mit einem Kopierwerkzeug bearbeitet. Für die Wertzahl nutzte man eine andere Schriftart, die Währungs- und Wertangabe musste nach links verschoben werden.
Die Perforationen wurden wegretuschiert. Dennoch ist die Ausgangsvorlage deutlich zu erkennen, weil sich sowohl Fasereinlagen, als auch Verschmutzungen und Flecke an den selben Stellen befinden. Nicht nur ein krasser Fall von Verstoß gegen das Urheberrecht von Bildern, mit den so hergestellten Manipulationen wird auf ebay auch noch Geld verdient. Immerhin werden die Angebote auch als Fantasienoten bezeichnet, was viele Sammler beim Anblick der vermeintlichen "Rarität" wohl einfach überlesen.
Zwischenzeitlich gibt es auch noch weitere Werte der Golddiskontbank, die aus der gleichen Quelle stammen und das Stück für knapp 20 Euro im Netz angeboten werden.
Vorder- und Rückseiten sind übrigens identisch und das Format des Fantasiescheins zu 100 Pfund weicht deutlich vom benutzten Original zu 10 Pfund ab (bei 10 Pfund misst das Original 155 x 80 mm und das Format des Fantasie-Hunderters beträgt 203 x 104 mm).
Da sich der Anbieter nicht an Abbildungsrechte hält, wird er wohl auch nichts dagegen haben, dass wir hier noch einige weitere seiner Fantasieprodukte aus dem aktuellen Angebot auf ebay zeigen, obwohl er sie selbst mit einem Kopierschutzvermerk versieht. Immer wieder nutzt er Elemente echter Geldscheine und erstellt aus ihnen eigene Kombinationen. So stammt etwa der Minervakopf auf dem 50-Pfund-Schein vom Darlehnskassenschein zu 20 Mark vom 5. August 1914, die Germania auf dem Fantasieschein zu 500 Pfund vom Darlehnskassenschein zu 5 Mark vom 5. August 1914 und als Vorlage für den 100-Rentenmark-Schein diente der 50-Rentenmarkschein (Freiherr von und zum Stein) vom 6. Juli 1934. Dabei kommt es auch zu Scheinen, deren Angaben sich selbst widersprechen, wie im folgenden Fall.
Natürlich kann ein "Reichsbankschein" nicht ein Siegel der Reichsschuldenverwaltung haben!
Weitere Beispiele, bei denen versierte Geldscheinsammler problemlos Originalvorlagen und Details echter Scheine erkennen können:
Nicht zum ersten mal empfehlen wir Sammlern, bei Angeboten im Internet – insbesondere auf Auktionsplattformen wie ebay – lieber einmal mehr hinzuschauen und sich nicht von vermeintlichen Selten- und Besonderheiten blenden zu lassen, die sich am Ende als Manipulationen herausstellen, mit denen einfach nur Geld verdient werden soll.
Echte Fantasiescheine und "Geldkunst", die weder eine real existierende Bank, noch deren Zahlungsmittel nachahmen, können dagegen eine Bereicherung für eine Sammlung sein.
Hans-Ludwig Grabowski
Nachbemerkung
Der ebay-Anbieter hat sich kurz nach der Veröffentlichung unserer Leserpost bei der Redaktion gemeldet und sich dafür entschuldigt, dass der Eindruck erweckt worden sein könnte, dass seine Angebote der Täuschung von Sammlern dienten. Er hat, was die Redaktion bestätigen kann, alle seine Angebote sogar gleich zweifach als Fantasiescheine bezeichnet und zwischenzeitlich auch aus ebay entfernt. Es handelte sich lediglich um wenige Scheine, die ursprünglich für private Zwecke als Spieleinsatz am Computer gedruckt, dann aber nie genutzt wurden. Alle noch vorhandenen Scheine werden vernichtet!
Wir bedanken uns ganz herzlich für die umgehende Reaktion des Anbieters, der übrigens selbst Sammler von deutschen Banknoten und Länderscheinen ist.
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