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AutorenbildHans-Ludwig Grabowski

Leserpost: Propagadascheine

Hallo Herr Grabowski, heute sende ich Ihnen Abbildungen von zwei Scheinen mit Propaganda auf der Rückseite für potenzielle Interessenten. Der Schein zu 10 Millionen Mark mit Aufdruck aus der Schweiz scheint mir besonders interessant zu sein ...

Mit freundlichen Grüßen

T. Neldner


Reichsbanknote zu 5 Millionen Mark vom 20. August 1923, Vorderseite.
Antisemitischer Propagandaaufdruck des "Völkisch sozialen Blocks" auf der Rückseite der Reichsbanknote zu 5 Millionen Mark vom 20. August 1923.

Reichsbanknote zu 10 Millionen Mark vom 22. August 1923, Vorderseite.
Antisemitischer Aufdruck auf der Rückseite einer Reichsbanknote zu 10 Millionen Mark vom 22. August 1923 aus der Schweiz.

Antwort der Redaktion

Die Reichsbanknoten der Inflationszeit, in seltenen Fällen auch Notausgaben der Inflation, wurden in den Wahlkämpfen während der "Weimarer Republik" für Propagandaaufdrucke genutzt, weil sie sich als Belege zum Währungsverfall besonders gut für politische Botschaften eigneten. Die meisten dieser Aufdrucke sind antisemitisch und wurden von rechten Parteien und Gruppierungen genutzt. Ich habe das Thema ausführlich in meinem Buch "Der Jude nahm uns Silber, Gold und Speck … – Für politische Zwecke und antisemitische Propaganda genutzte Geldscheine in der Zeit der Weimarer Republik und des Dritten Reichs" behandelt, mit dem auch eine Dokumentation der entsprechenden Belege aus der zeitgeschichtlichen Sammlung von Wolfgang Haney erfolgte.


Die deutschen Inflationsscheine mit Schweizerischem Aufdruck sind ebenfalls bekannt.

Sie wurden von den Schweizer Nationalsozialisten (Volksbund, ab 1934 NSSAP: Nationalsozialistische Schweizerische Arbeiterpartei) für antisemitische Propaganda genutzt. Gauführer von Basel und Solothurn (der Propagandaaufdruck bezieht sich auf Basel) war der Major Ernst Leonhardt (1885 – 1945). 


Der Volksbund bestand seit Oktober 1933 als Teil der sog. "Frontenbewegung" und bereits im März 1934 kam es zur Spaltung. Im August 1934 traten die Mitglieder des Nationalsozialistischen Eidgenössischen Kampfbunds dem Volksbund bei. Im Februar 1935 kamen auch die Mitglieder der Nationalsozialistischen Eidgenössischen Arbeiterpartei (NSEAP) und des Bundes Nationalsozialistischer Eidgenossen (BNSE) zum Volksbund,

der sich danach in Nationalsozialistische Schweizerische Arbeiterpartei umbenannte.

Der antisemitische Aufdruck auf der deutschen Inflationsnote stammt also aus der Zeit zwischen Oktober 1933 und Anfang 1935. Bereits im November 1935 hatten die Kantone Basel, Zürich und St. Gallen den öffentlichen Verkauf der Parteizeitung der NSSAP untersagt.

Im Oktober 1938 hat dann der Schweizerische Bundesrat die Kundgebungen und am

10. November 1938 die Parteizeitung der Partei ganz verboten. 


1938 gründete Leonhardt die Schweizerische Gesellschaft der Freunde einer autoritären Demokratie (SGAD), die das Ziel hatte, die Eidgenossenschaft nach deutschem Vorbild in einen Führerstaat umzuwandeln. 1939 mussten sich führende Mitglieder der NSSAP vor Gericht verantworten. Leonhardt reiste nach Deutschland, wo er Unterstützung fand. 

1944 wurde er in Abwesenheit in der Schweiz zu einer hohen Gefängnisstrafe verurteilt.

Er starb 1945 bei einem alliierten Luftangriff in Deutschland.


Hans-Ludwig Grabowski


Literaturempfehlung:


Hans-Ludwig Grabowski /

Wolfgang Haney (Hrsg.):

»Der Jude nahm uns Silber, Gold

und Speck...«

Für politische Zwecke und antisemitische Propaganda genutzte Geldscheine in der Zeit der Weimarer Republik und des Dritten Reichs


Titel: Battenberg Verlag

ISBN: 978-3-86646-122-2

Auflage: 1. Auflage 2015

Format: 17 x 24 cm

Abbildungen: durchgehend farbige Abb.

Cover-Typ: Hardcover

Seitenanzahl: 280

Preis: 29,90 Euro


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