Zbigniew Kawka:
Menschen zwischen Hoffnung und Angst –
Feldpost 1939–1945
319 Seiten, farbig und schwarzweiß bebildert, Format 15,7 x 24 cm, Festeinband, Koło (Polen) 2020, Eigenverlag, Preis: 24,90 Euro,
ISBN: 978-83-959080-0-2.
Sammler und ihre Sammelobjekte sind nicht aus der Zeit gefallen! Wer z.B. historische Geldzeichen sammelt, der interessiert sich in aller Regel auch für die Geschichte, aus der sie hervorgingen. Wer sich für Geschichte interessiert, insbesondere die jüngere und den Zweiten Weltkrieg, dem stehen eine Vielzahl von Fachbüchern zur Verfügung, in denen diese – meist von Historikern – aus der Sicht der besserwisserischen Nachwelt in der einen oder anderen – zumeist aber immer gleichen – Art und Weise, zeitgemäß und politisch korrekt passgerecht gemacht, interpretiert wird. Wer wirklich mehr wissen will über die Realität des Krieges, der muss die Soldaten selbst zu Wort kommen lassen, der kann sich mit dem Lesen ihrer Briefe aus dem Feld auf eine Zeitreise begeben und viel mehr über eine schreckliche Zeit und den schrecklichsten aller Kriege erfahren, als es trockene und emotionslose Geschichtsbücher je vermitteln könnten.
Zbigniew Kawka war seit den 1990er Jahren als Geschäftsmann tätig und ist seit langem begeistert von Geschichte. Er ist Enthusiast des Zweiten Weltkriegs und langjähriger Sammler von Zeugnissen dieser Zeit, wie z.B. Urkunden, Briefe und Fotos. Seit 2015 widmet er sich ausschließlich seiner historischen Leidenschaft. Eines seiner wichtigsten Sammelgebiete sind Feldpostbriefe aus dem Zweiten Weltkrieg, von denen er inzwischen über 25.000 in seiner Sammlung für die Nachwelt bewahrt. Kawka stellt mit dem deutschsprachigen Buch seinen Lesern aus dieser gewaltigen Sammlung eine faszinierende Auswahl von Feldpost-Zitaten
deutscher Soldaten zur Verfügung, deren Transkription er zusammen mit Abbildungen verschiedener Briefe und Fotos – meist von Soldatengräbern, Feldbegräbnissen und Gefallenen – in verschiedenen Kapiteln präsentiert:
Ostfront – Der Friedhof deutscher Soldaten (Teil 1: Bis zur Schlacht von Stalingrad, Teil 2: Nach der Schlacht von Stalingrad)
West- und Südfront – Ein anderes Gesicht des Krieges
Luftangriffe: Feuer vom Himmel
Partisanen und Deserteure: Außerhalb des Schlachtfeldes
Todesbenachrichtigungen: Gute Miene zum bösen Spiel
Überlegungen zum Krieg: Mut, Sehnsucht und eine unsichere Zukunft
"Herzliche Grüße. Deine Mutter": Geschichten von zwei Familien
Rückbriefe und Todesanzeigen
Zitat aus dem Klappentext:
Wir hier an der Front sind allesamt darüber einig, dass der Krieg gewonnen werden muss. Denn sonst würden wir unsere Heimat, Eltern, Geschwister und Bräute niemals wiedersehen. Gerade ihr junge Mädchen würdet das Schlimmste zu ertragen und erdulden haben. […] Aber solange der deutsche Soldat noch atmet und eine Waffe tragen kann, wird es unseren Feinden niemals gelingen, in unsere alte Heimat einzubrechen.
Kawkas Auswahl von Abschnitten aus der Feldpost-Korrespondenz seiner Sammlung vermittelt nicht nur einen authentischen Einblick in das Leben und Sterben deutscher Soldaten an allen Fronten des Zweiten Weltkriegs, insbesondere an der Ostfront, sondern, wie der Titel schon deutlich macht, auch eine fesselnde Teilhabe an den Hoffnungen und Ängsten der Menschen.
Aus eigener Erfahrung – ich sammle neben historischen und modernen Geldscheinen auch anderen zeitgeschichtliche Belege wie Fotos, Dokumente und Feldpost aus beiden Weltkriegen – kann ich bestätigen, dass die Transkription historischer Feldpost nicht immer ganz einfach ist. Die Soldaten haben ihre Briefe sehr oft unter schwierigsten Bedingungen geschrieben, in Schützengräben, verdunkelten Unterständen, im eisigen russischen Winter mit kleinen Bleistiftstummeln und unter feindlichem Beschuss und körperlichem und seelischem Leid. Ist das Lesen von Sütterlin heute schon für die meisten Menschen kaum noch in Schönschrift möglich, so wird dies durch die kriegsbedingt weniger sorgfältige Schreibweise noch deutlich erschwert. Es ist dem polnischen Sammler und Herausgeber hoch anzurechnen, dass er nicht nur eine vorurteilsfreie Auswahl getroffen, sondern auch eine bestmögliche Transkription der Feldpost vorgenommen hat.
Wie Kawka selbst in seinem Vorwort anmerkt, sind einige der verwendeten Fotos von schlechter Qualität. Er hat sie dennoch veröffentlicht, weil sie mit den gezeigten Soldatengräbern oft nur noch die einzige Spur zu den Gefallenen sind. Man hätte sich allerdings gewünscht, dass die Fotos größer abgebildet worden wären.
Das Buch dient im besten Sinne des Wortes dazu, die grausame Realität des Zweiten Weltkriegs besser zu verstehen und die Gefühlswelt unserer Eltern und Großeltern für die Menschen von heute nachempfindbar zu machen.
Bestellt werden kann das Buch über die Internetseite www.zkawka.de.
Hans-Ludwig Grabowski
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