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AutorenbildChristian Merker

Militärische Motive auf Geldscheinen

Vor der Einführung des Euro waren wir es auf deutschen als auch ausländischen Geldscheinen gewohnt, auf der Vorderseite üblicherweise eine berühmte Persönlichkeit zu sehen, und erst auf der Rückseite wurde es mitunter figürlicher oder auch nur ornamentaler. Darstellungen aus der Arbeitswelt überließ man sog. sozialistischen Diktaturen und aus der Geschichte den Briefmarkendesignern. Insofern ist die Vorderseite des hier vorgestellten jordanischen 1-Dinar-Scheins ein besonderes Beispiel.


Abb. 1 : JOR-34c, 1 Dinar 2006 (AH 1427), Vorderseite, arabische Beschriftung, 133 x 74 mm, Porträt von Hussein ibn Ali mit haschemitischen Silbermünzen aus dem Jahr 1916.


Hussein ibn Ali, von 1908 bis 1916 Großscherif von Mekka und von 1916 bis 1924 Emir und König des Hedschas, direkter Nachfahre des Propheten Mohammed und Ururgroßvater des amtierenden jordanischen Königs Abdullah II.1) ziert die Vorderseite des Scheins der vierten Serie der jordanischen Zentralbank2).


Abb. 2: Rückseite, englisch beschriftet, drei Kamelreiter im Vordergrund, zwei verdeckt dahinter. Der mittlere führt die Revolutionsfahne, die nur in Graustufen ausgedruckt ist.


Die Rückseite zeigt uns dann allerdings eine kriegerische Szene aus dem großen arabischen Aufstand 1916–1918 während des Ersten Weltkriegs gegen die Osmanen. Drei Kamelreiter im Vordergrund, arabische Irreguläre, wie wir sie aus dem berühmten britischen Monumentalfilm „Lawrence von Arabien“ aus dem Jahr 1962 kennen3). Der Mittlere präsentiert eine der ersten Versionen einer arabischen Nationalflagge.


Abb. 3: Flagge in der Version 1916, von Hussein als König des Hedschas selbst eingeführt. Schwarz, Grün und Weiß sind die Farben des Propheten und stehen für die drei Dynastien der Abbasiden (schwarz), der Fatimiden (grün) und der Umayaden (weiß). Das rote Dreieck steht für die haschemitische Dynastie und den arabischen Widerstand.



Abb. 4: CSR-91, 50 Kronen der Tschechoslowakei von 1964, 150 x 74 mm, Vorderseite.4)

Der tschechoslowakische Geldschein von 1964 zeigt gleich auf der Vorderseite, worum es geht: Die Waffenbrüderschaft im Warschauer Pakt5), hervorgegangen aus dem Sieg der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg über Nazideutschland. Partisan und Rotarmist stehen Seite an Seite. Ihre Waffen sind mit kleinen Sträußen geschmückt, der Sowjetsoldat hat mehrere, der tschechische Partisan nur einen. Im Hintergrund ein Gebirge, vielleicht eine Erinnerung an die gemeinsamen Kämpfe am Duklapass 1944.


Abb. 5: CUB-97, 1961 – 1965, Rückseite 20 Pesos aus Kuba.6)


Geldscheine wurden im Kuba Fidel Castros ab 1959 nicht nur zu Bezahl- sondern auch zu Propagandazwecken gedruckt. Die Taten der Revolutionäre werden bildlich dargestellt und so auch dem analphabetischen Teil der Bevölkerung nähergebracht und gleichzeitig eine Botschaft an das Ausland gesandt.


Abb. 6: CUB-91c, 5 Pesos Kuba 1960, schmale Note, 142 x 62 mm, Vorderseite mit der Unterschrift „Che“.


Die ersten nachrevolutionären Banknoten Kubas werden noch recht aufwändig gestaltet und erinnern in ihrer Gestaltung an ähnliche Scheine in Lateinamerika. Die glorreiche Vergangenheit des 19. Jahrhunderts im Kampf gegen die spanische Kolonialmacht wird durch den Volkshelden Maximo Gomez7) und der Darstellung einer Kavallerieattacke beschworen8).


Abb. 7: RUS-214a, Vorderseite der 3 Rubel Note, UdSSR 193810), zwei bewaffnete Soldaten, der hintere mit aufgepflanztem Bajonett.


Wer über die neueste russische 100-Rubel-Note mit dem heldenhaften sowjetischen Soldaten bei Geldscheine-Online gelesen hat11), der sollte auch wissen, dass es schon 1938 einen Geldschein mit Soldatenmotiv gegeben hat. Die Ausgabe über die drei Rubelwerte 1, 3 und 5 Rubel mit Stachanow, Soldaten und Pilot von Dubassow war wie ein Vorgriff auf die stalinistische Heroisierung der Sowjetgesellschaft im Zweiten Weltkrieg, der in der Sowjetunion „Großer Vaterländischer Krieg“ genannt wurde, vom 22. Juni 1940 bis zum

2. September 1945 dauerte und nur in Europa am 8. Mai 1945 endete.


Christian Merker


Anmerkungen der Redaktion

Es lassen sich natürlich noch viel mehr Geldscheine mit militärischen Motiven aus verschiedenen Ländern und Kriegen der Geschichte finden. Es geht in dem Beitrag nicht um eine vollständige Übersicht, sondern um eine Sensibilisierung für das Thema, das für Motivsammler immer auch im historischen Kontext gesehen ein reizvolles Sammelgebiet sein kann.


Hans-Ludwig Grabowski


Anmerkungen

  1. Hussein ibn Ali (1853/56–1931; Sohn Abdullah I. (1882–1951), König von Trans-Jordanien 1921–1951; Enkel Talal ( 1909–1972), König von Jordanien 1951/52; Urenkel Hussein I. (1935–1999), König von Jordanien 1952–1999; Ururenkel Abdallah II. (* 1962), jordanischer König seit 1999, in der 41. Generation Nachfahre des Propheten Mohammed (570/73–632).

  2. www.cbj.gov.jo.

  3. Nach den 1926 veröffentlichten Memoiren von T. E. (Thomas Edward) Lawrence (1888–1935) über seine Zeit im Nahen Osten als Organisator des arabischen Aufstandes gegen das Osmanische Reich 1917/18.

  4. Vgl. Artikel von Manfred Dietl vom 1. April 2019, Prag: Ein Besuch in der Ausstellung "100 Jahre tschechische Krone" bei Geldscheine-Online, https://www.geldscheine-online.com/post/ein-besuch-in-der-ausstellung-100-jahre-tschechische-krone-in-prag.

  5. Militärbündnis im Ostblock 1955–1991. Unter der Führung der Siegermacht Sowjetunion war der Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand der kommunistische Gegenentwurf zur NATO und umfasste außer der UdSSR Albanien (bis 1968), Bulgarien, ČSSR, DDR (bis 1990), Polen, Rumänien, Ungarn und die Mongolei ab 1963 mit Beobachterstatus.

  6. Vgl. meinen Beitrag vom 6. Juli 2021 Wie Che einmal Fidel ärgerte bei Geldscheine-Online, https://www.geldscheine-online.com/post/wie-che-einmal-fidel-%C3%A4rgerte.

  7. Maximo Gomez (1836–1905) war ein kubanischer General der Unabhängigkeitskriege gegen die Kolonialmacht Spanien 1868–1898, besonders bekannt wegen seiner Verdienste in der dritten Phase des „Guerra de Independencia“ 1895–1898.

  8. Ohne die Abnutzungsniederlagen der spanischen Kolonialtruppen gegen die Rebellen soll es dem US-Militär nicht möglich gewesen sein, den Spanisch–Amerikanischen Krieg bereits 1898 siegreich zu beenden und Spanien ihre letzten Kolonien Kuba, Puerto Rico, Guam und die Philippinen abzunehmen. Das direkte Eingreifen US-amerikanischer Truppen war übrigens das erste bekannte Resultat einer Medienkampagne. Nach der Explosion der USS Maine im Hafen von Havanna am 15. Februar 1898 mit 268 Toten US-Matrosen erging sich die Sensationspresse des Zeitungstycoons W. R. Hearst in einer Kriegshetze, die schließlich zu Kampfhandlungen führten: "Remember the Maine, to hell with Spain (Zur Hölle mit den Spaniern, denkt an unsere Jungs auf der Maine)!" Den Stützpunkt Guantanamo auf Kuba haben die Amerikaner bekanntermaßen bis heute behalten.

  9. Vgl. meinen Artikel über Stachanow auf Geldscheine-Online vom 3. August 2022, https://www.geldscheine-online.com/post/stachanow-der-bergmann-auf-dem-rubelschein-von-1938.

  10. Vgl. Artikel von Hans Ludwig Grabowski, Russland: Neue 100 Rubel Note zum Heldengedenken in Geldscheine-online vom 6. Juli 2022, https://www.geldscheine-online.com/post/russland-neue-100-rubel-note-zum-heldengedenken-ist-in-umlauf.


Abbildungen

Abb. 1, 2, 4, 7: Archiv für Geld- und Zeitgeschichte, Sammlung Grabowski

Abb. 4, 5, 6: Hartmut Fraunhoffer, www.banknoten.de

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