Das Jahr des 17. Juni (1953) war auch in der Tschechoslowakischen Republik (ČSR) ereignisreich: Am 28. Februar 1953 erlitt Stalin nach einem Trinkgelage einen Schlaganfall. Im März starb auch der tschechoslowakische Diktator und Staatspräsident Klement Gottwald – wie Spötter meinten, an gebrochenem Herzen über Stalins Tod. Im April erfolgte eine Reform des tschechoslowakischen Schulsystems. Das für uns interessanteste Ereignis war jedoch die Währungsreform im Mai 1953: In diesem Monat wurde eine heimlich in der Sowjetunion entworfene und hergestellte Banknotenserie in Umlauf gegeben (die nebenbei bemerkt weitestgehend die gleiche Stückelung und Farbgebung hatten wie die sowjetischen Noten: ein brauner 100er, ein grüner 50er, ein 25er… Sogar der 3er fehlte nicht).
Zwischen 1958 und 1964 wurde schrittweise eine zweite Banknotenserie aufgelegt, die trotz ihres sozialistischen Charakters als optisch ansprechend bezeichnet werden kann (10 Kčs Typ II „Zwei Mädchen“, 25 Kčs Typ II „Jan Žižka“, 50 Kčs Typ II „Sowjetsoldat und Partisan“, 100 Kčs Typ II „Arbeiter und Bäuerin“). Mit Ausnahme des bereits 1958 ausgegebenen Fünfundzwanzigers sieht man auf allen Scheinen das neue, fünfeckige Wappen; dieses wurde 1960 gleichzeitig mit der Umbenennung des Landes in Tschechoslowakische Sozialistische Republik (ČSSR) eingeführt. Datiert auf 1970 und 1973 folgten die ergänzenden Werte zu 20 und 500 Kčs. Diese zeigen den Aufstand der Böhmen während der Hussitenkriege im 15. Jahrhundert (20 Kčs) und den slowakischen Nationalaufstand „SNP 1944“ während des Zweiten Weltkriegs (500 Kčs).
Schon in den 1970er Jahren gab es erste Überlegungen, neue Geldscheine einzuführen, die dieses Mal statt der allegorischen Figuren Personen der tschechischen und slowakischen Geschichte zeigen sollten. Den Auftrag zur Gestaltung erhielt der slowakische Maler, Grafiker, Exlibris- und Briefmarkenkünstler Albín Brunovský 1977. Sie sollten zugleich schön, aber auch technisch innovativ sein. Während die Vorderseiten bekannte Personen der tschechischen und slowakischen Geschichte zeigen sollten, waren die Rückseiten – mit Ausnahme des Zwanzigers – Motiven aus dem ganzen Land vorbehalten.
Diese Serie war wie ihre Vorgänger auch gleichberechtigt angelegt: Die Noten sind abwechselnd den beiden damaligen Landesteilen der ČSSR (Böhmen und Mähren sowie Slowakei) gewidmet, sie zeigen also abwechselnd eine Person der tschechischen und der slowakischen Geschichte, verwenden abwechselnd Motive des tschechischen und slowakischen Landesteils und „sprechen“ passend dazu abwechselnd eine der beiden Sprachen des Landes (Ähnliches ist ja auch von den jugoslawischen Banknoten der Jahre 1955 bis 1965 bekannt, die abwechselnd serbisch und kroatisch gestaltet wurden).
Dem tschechischen Landesteil waren, wie auch bislang, die drei Nominale: 20, 100 und 1000 Kronen zugewiesen. Für den slowakischen wurden entsprechend die Wertstufen 10, 50 und 500 gestaltet. Auch die Farbgebung entsprach im Wesentlichen der bisherigen; lediglich der Zehner wechselte von Grau auf Braun.
Die Státní tiskárna cenin in Prag − sie entspricht unserer Bundesdruckerei in Berlin − hat nun diese letzte Serie der tschechoslowakischen Banknoten neu aufgelegt.
Das Interessante daran: Für den Neudruck dieser Serie wurde ein spätes, aber nicht letztes Entwurfsstadium der Banknoten verwendet. Die Scheine ähneln also den zuvor ausgegebenen Noten, zeigen aber eine frühere Version der Bilder des Künstlers Albín Brunovský. Vielleicht wurde Banknotenpapier verwertet, das vom Druck der letzten Auflage der 100-Kčs-Scheine des Typs II („Arbeiter und Bäuerin“) übrig geblieben ist – denn das Wasserzeichen zeigt die bekannten Lindenblätter –, vielleicht wurde aber auch neues hergestellt. Es lohnt sich aber eine Betrachtung und ein Vergleich des neuen Drucks und der bekannten Serie aus dem Umlauf.
1000 Kronen, Typ I
Als Erstes ergänzte im Jahr 1985 das neue Nominal zu 1000 Kronen die Reihe der tschechoslowakischen Banknoten. Es handelte sich um einen sehr hohen Wert im Sozialismus. Legt man die staatlich festgesetzten Wechselkurse (Quelle: Pick-Katalog von 1986) zu Grunde, entsprachen 1000 Kronen etwa 350 Mark. Zum Vergleich: Die DDR hatte als höchsten Wert einen 100-Mark-Schein, der polnische Tausender war offiziell 75 Mark wert, der ungarische Tausender 50 Mark, dem 100-Lei-Schein sprach man einen Wert von 17 Mark zu, nur der 1:1 an das Pfund Sterling gekoppelte Rubel ging bis zum Hunderter, für den man bei staatlichen Wechselstuben 314 Mark hinlegen musste. Berechnet am Schwarzmarktkurs oder gar den Kurs bei Wechselstuben des Kapitalismus, so hätte er damals immer noch zwischen 50 und 70 Mark gekostet.
Der neue Tausender zeigte den Komponisten Bedřich Smetana. Smetana war bereits vor der Währungsreform auf einem 5000-Kčs-Schein des Jahres 1952 zu sehen. Sein bekanntestes Werk ist der sechsteilige Zyklus „Má vlast" Mein Vaterland), mit dem er im 19. Jahrhundert seiner Heimat ein Denkmal setzte. Im 20. Jahrhundert wurde ihm dafür auf mehreren Banknoten auch numismatisch ein Denkmal gesetzt. Auf der Rückseite der ausgegebenen Note ist die Moldau zu sehen sowie die Prager Hochburg. Das Bild spielt damit auf den ersten und zweiten Teil seines Werks an: Vyšehrad (Hochburg) und Vltava (Moldau). Im Gegensatz zur endgültigen Note zeigt die Rückseite des Vorentwurfs einen Baum und eine Frauengestalt. Vermutlich sollte hier der 3. Teil des Zyklus dargestellt werden, die von der Amazone Šárka handelt. Šárka hat aufgrund der Untreue ihres Geliebten der Männerwelt Rache geschworen und ließ sich daher zum Schein an einen Baum binden. Ritter Ctirad sah sie, verliebte sich in sie und befreite sie, was sich jedoch als Falle herausstellen sollte.
500 Kronen, Typ II
Der Fünfhunderter sollte als letzter Schein im Jahr 1991 ausgegeben werden. Dazu kam es jedoch aufgrund der Ereignisse von 1990 nicht mehr. Dennoch sind bereits fertige Entwürfe der Banknote mit dem Porträt der slowakischen Schriftstellerin Božena Slančíková Timrava bekannt. Der Fünfhunderter war der einzige Schein mit einer Frau; er sollte auch der einzige nie ausgegebene Schein der Serie sein. Vielleicht hatte man die Einführung der Note bis zum Schluss aufgeschoben, weil man hoffte, doch noch eine passende Person der slowakischen Geschichte zu finden. Die Rückseite des Vorentwurfs zeigt eine Ansicht der slowakischen Natur, vermutlich der hohen Tatra. Auf dem letzten bekannten Entwurf wählte man hingegen einen Fluss und eine Burgruine. Damit sollte er der „Zwilling“ des tschechischen Tausenders werden.
100 Kronen, Typ III
Als vorletzter Wert sollte der Hunderter mit dem Porträt des tschechoslowakischen Diktators Klement Gottwald ausgegeben werden. Man mag fast meinen, er schaue auf der ausgegebenen Note noch etwas strenger drein als auf dem Vorentwurf.
Dieser Schein aber schrieb Währungsgeschichte: Die Bürger der ČSSR verweigerten die Annahme der neuen Banknote mit dem unbeliebten Staatsoberhaupt oder schrieben auf die Banknote das Wort „Vrah“ („Mörder“). Dies bewirkte, dass dieser kurz nach Ausgabe wieder eingezogen wurde und der Hunderter von 1961 wieder umlief. Gottwald sollte übrigens schon vor der Währungsreform auf einer Note zu sehen sein, jedenfalls sind Entwürfe eines tschechischen Tausenders bekannt, die anstelle des von Josef Mánes gezeichneten Mädchens (1000 Kčs vom Mai 1945 bzw. 1951) den „tschechischen Stalin“ schon zu dessen Lebzeiten zeigen. Die Rückseite des „Hunderters Nummer Drei“ zeigt – wie auch seine beiden Vorgängernoten – eine Ansicht der tschechischen Hauptstadt Prag. Man sieht links den Pulverturm und rechts den Dom zu Prag („Veitsdom“).
50 Kronen , Typ III
Auf dem Fünfziger ist Ľudovít Štúr zu sehen. Štúr war nicht nur eine herausragende Persönlichkeit der slowakischen Nationalbewegung, er trug auch zur Entstehung einer eigenständigen Schriftsprache bei. Bemerkenswert im Vergleich: Frühere Noten zeigten als Vertreter der slowakischen Kultur und Sprache Ján Kollár (z.B. 500 Kronen von 1946). Kollár lehnte die Idee einer eigenen slowakischen Sprache ab und hielt diese nur für eine Varietät des Tschechischen. Anders formuliert: Der eine stand für ein Aufgehen
der slowakischen in der tschechischen Nation, der andere für eine eigenständige slowakische Identität. Štúr würde auch später auf dem letzten slowakischen Fünfhunderter zu sehen sein.
Die Rückseite der Note zu „Päťdesiat korún československých“ zeigt eine Ansicht der slowakischen Hauptstadt Bratislava vom Südufer der Donau aus gesehen.
Im Vordergrund sieht man die Brücke des slowakischen Nationalaufstands von 1944, auch kurz „nový most“ („neue Brücke“) genannt, sowie links die Burg, die man auch von den derzeitigen slowakischen 10-, 20- und 50-Cent-Münzen kennt. Rechts sieht man die Kathedrale des heiligen Martin, die wichtigste Kirche der Slowakei. Insgesamt ist die Banknote das Pendant des Hunderters, auf dem die tschechische Hauptstadt Prag
zu sehen ist.
20 Kronen, Typ II
Dieser zeigt den Pädagogen Johann Amos Komenský (Comenius), der auch auf dem aktuellen tschechischen 200er zu sehen ist. Auf der Rückseite der ausgegebenen Note sieht man Allegorien auf die tschechische Sprache und, vermutlich, den Baum der Erkenntnis, der aus Büchern hervor wächst. Links davon zu sehen sind glagolitische Buchstaben aus dem von Kyrill und Methodius generierten Alphabet, das Atommodell links oben ist nur noch als solches zu erahnen.
Dieser Schein wurde 1989 in Frankreich zur „Schönsten Banknote des Jahres 1988“ gewählt. Bei der nun aufgelegten Entwurfszeichnung sind verschiedenste Schulfächer wie Mathematik, Schreibunterricht, Biologie, Musik und Naturwissenschaften umso deutlicher erkennbar – eine Allegorie auf die Bildung.
10 Kronen, Typ III
Der zweite in Umlauf gegebene Schein der Serie von 1986 zeigt den Schriftsteller
Pavol Országh Hviezdoslav. Er war ein bedeutender slowakischer Dichter und Übersetzer. So sieht man auf der Rückseite des ausgegebenen Geldscheins die
Arwa (slowakisch Orava), das slowakische Grenzgebirge zu Polen. Dies ist wohl eine Anspielung auf das berühmteste Werk des Dichters, Hájnikova žena (Die Frau des Hegers), das in den Wäldern der Karpaten spielt. Man kann annehmen, dass das ursprünglich geplante dreigeteilte landwirtschaftliche Motiv (Frau auf der Weide, Gebirge, Hütten in den Bergen) ebenfalls durch diese Erzählung inspiriert war.
Nach der "Samtenen Revolution" Ende 1989 in der ČSSR wurde, wie bereits erwähnt, der Hunderter von 1989 rasch wieder eingezogen und der Fünfhunderter von 1990 in der Tschechoslowakischen Föderalen Republik (ČSFR) nicht mehr realisiert. Man begann mit der Planung einer neuen post-sozialistischen, aber noch gesamt-tschechoslowakischen Serie.
Die Porträts sollten sein:
10 Kčs (SK) - Fürst Pribina (jetzt auf dem 20 Ks - Schein)
20 Kčs (SK) – Cyrill (jetzt auf dem 50 Ks - Schein)
50 Kčs (CZ) - Ottokar I. Přemysl (jetzt auf dem 20 Kč - Schein)
100 Kčs (CZ) - Karl IV. (jetzt auf dem 100 Kč - Schein)
200 Kčs (CZ) - Jan Amos Komenský (jetzt auf dem 200 Kč - Schein)
500 Kčs (SK) - Ľudovít Štúr (jetzt auf dem 500 Ks - Schein)
1000 Kčs (CZ) - František Palacký (jetzt auf dem 1000 Kč - Schein)
2000 Kčs (SK) - Milan Rastislav Štefánik (jetzt auf dem 5000 Ks - Schein)
5000 Kčs (CZ) - Tomáš Garrigue Masaryk (jetzt auf dem 5000 Kč - Schein)
Den Gestaltungswettbewerb gewann der Tscheche Oldřich Kulhánek. Der von ihm gestaltete 200er „Komenský“ existiert als fertiger Druck zu 200 tschechoslowakischen (!) Kronen und trägt das Jahr 1992. So kam es auch, dass die erste Auflage der Note zu 200 tschechischen Kronen einen Silberfaden hatte, auf dem noch 200 Kčs statt 200 Kč, und auf den ersten Banknoten der tschechischen Republik im Durchsichtsregister CS statt CR zu lesen war. Auch die Produktion anderer Werte war bereits fortgeschritten, so dass der Tausender relativ schnell in Umlauf gegeben werden konnte. Kulháneks Serie sollte die tschechische und slowakische Nation gleichberechtigt behandeln, sie behandelt nun Männer und Frauen gleichberechtigt: Die slowakischen Porträts wurden in Tschechien durch Frauenporträts ersetzt Das Portrait des Štúr − es sind Entwurfsskizzen bekannt − wurde beispielsweise ersetzt durch das Bild der Božena Němcová (von ihr stammt das Märchen „Drei Nüsse für Aschenbrödel!“), auf dem 2000er ist nun Ema Destinová statt Štefánik zu sehen und Fürst Pribina musste der heiligen Agnes von Böhmen weichen.
Andererseits kam durch die Sezession 1993 der Entwurf des Slowaken Jozef Bubák in dessen Heimat zum Tragen und Štefánik, Štúr sowie Pribina erhielten doch noch eigene Banknoten.: Der 10 Kčs (Pribrina) wurde zum 20 Ks, der 20 Kčs (Kyrill und Method) zum 50er, 500 Kčs (Štúr) zum 500 Ks und der 2000 Kčs (Štefánik) zum 5000er. Geht man davon aus, dass die Farben mit den Porträts mit wanderten (siehe etwa den Kyrill-Schein), könnte man sogar annehmen, dass der Schein zu 2000 Kčs orange werden sollte (zum Vergleich: Der 2000 Kč wurde grün). Aber hier sind wir bereits im Bereich der Spekulation.
Entwurfs-Serie (Anmerkung der Redaktion):
Insgesamt wurden 2000 Serien der Entwürfe gedruckt, die am 31. Januar 2019 ausgegeben wurden und für je 4000 Kč (rund 160 Euro) verkauft werden. Jeder Schein zeigt auf der Rückseite rechts unten eine Serien-Nummer (bei den hier abgebildeten Scheinen die "0329"). Auf Nachfrage wurde angegeben, dass es nur fünf Serien mit der Nummer "0000" geben soll.
Manfred Dietl
Abb. Manfred Dietl, Entwurf mit Serie "0000": Hans-Ludwig Grabowski
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