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AutorenbildUwe Bronnert

Nordafrika im Fokus der Deutschen Wehrmacht

Aktualisiert: 15. Sept. 2022

Mit Anmerkungen zur 1000-Francs-Note der Banque de l‘Algerie


Der italienische Diktator Benito Mussolini begründete seine Entscheidung an der Seite Hitlers am 10. Juni 1940 in den Krieg gegen Großbritannien und Frankreich einzutreten mit den zynischen Worten: „Er brauche ein paar hundert Tote, um sich an den Tisch der Sieger setzen zu können.“[1] Frankreich stand zu diesem Zeitpunkt vor dem Fall und England würde schon bald folgen, so sein Kalkül. Mussolini setzte daher große Hoffnungen auf einen Sieg über die Briten in Ägypten. Er sollte ihm nicht nur die Herrschaft über die wichtige Schifffahrtsroute durch den Suezkanal sichern und Zugang zu den Ölfeldern des Nahen Ostens ermöglichen, sondern auch ein zusammenhängendes Kolonialreich vom italienischen Libyen bis zum italienischen Ostafrika unter Einschluss von Ägypten und dem Sudan.


Zum Zeitpunkt der Kriegserklärung hatte Italien zwei Armeen in der Kolonie Libyen stationiert. Während die 5. Armee die Grenze zum französischen Protektorat Tunesien sicherte, überschritt am 13. September 1940 die 10. Armee mit 170.000 Mann die libysch-ägyptische Grenze. Der Vormarsch erwies sich wie erwartet als äußerst schwierig. Die zahlenmäßig hoffnungslos unterlegenen Briten zogen sich langsam zurück und verminten das hinter ihnen liegende Gelände. Dem italienischen Befehlshaber Marschall Rodolfo Graziani war bewusst, dass aufgrund von Versorgungsengpässen und der unterlegenen Feuerkraft der italienischen Panzer, die alliierten Verbände nicht zu schlagen seien. Daher ließ er seine Truppen etwa

100 km hinter der Grenze in Sidi Barrani halten und Feldbefestigungen bauen.


Die Situation in Nordafrika blieb militärisch zunächst weitgehend unverändert, bis die Briten schließlich am 9. Dezember 1940 mit der Operation Compass einen Gegenangriff starteten, die italienischen Stellungen durchbrachen und dabei etwa 40.000 Gefangene machten. Geschockt traten die Italiener fluchtartig den Rückzug an. Bis Anfang Februar 1941 hatten die britischen Truppen die gesamte Cyrenaika besetzt und 130.000 Gefangene gemacht sowie 845 Geschütze und 380 Panzer erbeutet.


Hitler sah sich gezwungen, dem bedrängten Verbündeten zu Hilfe zu kommen. Zwar sah die Weisung Nr. 22 vom 11. Januar 1941 zunächst nur die Aufstellung eines „Sperrverbandes“ vor, jedoch wurde schnell klar, dass dies nicht ausreichen würde, um die Niederlage Italiens abzuwenden. Anfang Februar 1941 begann das „Unternehmen Sonnenblume“. Erste Konvois mit deutschen Truppen verließen den Hafen von Neapel in Richtung Tripolis, wo sie am

11. Februar eintrafen. Am 16. Februar wurde der Stab des „Befehlshabers der deutschen Truppen in Libyen“ eingerichtet, der wenige Tage später in „Deutsches Afrikakorps“ umbenannt wurde. Obwohl die deutschen Truppen formal dem „Comando Supremo“,

dem italienischen Oberkommando, unterstellt waren, lag die eigentliche Führung des „Afrikakorps“ bei Generalleutnant Erwin Rommel.


Auf Anweisung Churchills wurden ab März 1941 britische Truppen zur Verteidigung Griechenlands abgezogen. In der Cyrenaika blieben nur Sicherungstruppen. Diese Schwäche nutzte Rommel. Am 24. März, noch bevor das gesamte Afrikakorps eingetroffen war, wurden die britischen Stellungen bei El Agheila durchbrochen und die Mersa-el-Brega-Stellung genommen. Am 4. April stand die deutsche Panzerspitze vor Bengasi. Das Afrikakorps setzte den Vormarsch weiter fort und erreichte eine Woche später Tobruk, wo sich mehrere australische Divisionen einigelten und sich erst nach 242-tägiger Belagerung am 7. Dezember ergaben. Die Hauptstreitmacht des Afrikakorps folgte den zurückweichenden Briten nach Ägypten. Am 30. Juni 1942 stieß man 100 Kilometer vor Alexandria bei El Alamein an die letzte britische Verteidigungslinie. Den Truppen der Achsenmächte gelang es aber nicht, diese Verteidigungsstellungen zu durchbrechen.


Die alliierte Lufthoheit war so erdrückend, dass die Versorgung des Afrikakorps erhebliche Probleme bereitete. In den Monaten Juli, August und September 1941 wurden 43 Schiffe mit 150.000 Tonnen und 64 Kleinfahrzeuge des Afrikana-Nachschubs versenkt. Im Oktober erreichten 60 Prozent aller deutschen Transporte nicht ihr Ziel.[2] Nach vorübergehender Besserung kamen im Herbst 1942 nur noch vereinzelte kleine Schiffe nach Tripolis durch.

Die Versorgung der Frontbesatzung wurde noch dadurch erschwert, dass die Güter auf dem Landweg über weite Entfernungen transportiert werden mussten. Es fehlte an Treibstoff, Munition und Lebensmitteln.


Am 23. Oktober gingen 230.000 britische, südafrikanische, indische und neuseeländische Soldaten der 8. Armee mit über 1.200 Panzern zum Gegenangriff über. Ihnen standen knapp 100.000 deutsche und italienische Soldaten mit 550 Panzern gegenüber. Als die Briten am

2. November 1942 die deutschen Stellungen durchbrachen, verfügte Rommel gegen den Befehl Hitlers den Rückzug seiner fast völlig aufgeriebenen und erschöpften Truppen nach Libyen.


Damit nicht genug. In Marokko und Algerien landeten bei der „Operation Torch“ am

8. November 1942 insgesamt 100.000 US-amerikanische und britische Soldaten, denen anfänglich französische Vichy-Truppen[3] Widerstand leisteten. Als Reaktion auf die Landung der Alliierten in Nordafrika besetzen deutsche und italienische Truppen die Süd-Zone Frankreichs (Unternehmen Anton).


Bereits im November 1942 wurden mehrere deutsche und italienische Divisionen aus Frankreich und Italien nach Tunesien verlegt,[4] wo sie in der 5. Panzerarmee unter dem Befehl von General Hans-Jürgen von Arnim zusammengefasst wurden. Sie sollten den Nordwesten Tunesiens gegen die aus Westen anrückenden alliierten Truppen verteidigen.


Am 23. Januar 1943 besetzten britische Einheiten Tripolis. Die zurückweichende italienische

1. Armee zog sich gemeinsam mit dem Deutschen Afrikakorps in das südliche Tunesien zurück und bezog Stellung an der Mareth-Linie, eine Befestigungsanlage die Frankreich 1936 und 1940 stark ausgebaut hatte, um das Protektorat Tunesien gegenüber der italienischen Kolonie Libyen zu schützen.


Am 16. März griffen die Alliierten sowohl im Süden als auch im Westen an. Nach schweren Kämpfen mussten sich die deutsch-italienischen Verbände immer weiter zurückziehen.

Am 9. Mai 1943 konnten sie ihre Stellungen nur noch auf Cap Bon und bei Enfidaville halten. Am 12. Mai kapitulierten die Reste der 5. Panzerarmee und einen Tag später auch die

1. italienische Armee. 160.000 deutsche und 90.000 italienische Soldaten gingen in Gefangenschaft, unter ihnen der Oberbefehlshaber Feldmarschall Giovanni Messe, wie auch General von Arnim. Die deutsche Öffentlichkeit erfuhr erst nach der Kapitulation des Afrikakorps, dass Rommel Afrika bereits im März verlassen hatte. Die deutsche Bevölkerung sprach von einem „2. Stalingrad“ oder passend von „Tunisgrad“.


Am 15. Januar 1943 hatte der deutsche General von Arnim das Kommando in Tunesien übernommen, das ab November 1942 von der Versorgung aus Frankreich weitgehend abgeschnitten war. Schon bald machte sich ein Mangel an Zahlungsmitteln höherer Nominale bemerkbar, sodass die tunesische Verwaltung in Vichy um die Erlaubnis bat, 1000-Francs-Banknoten ausgeben zu dürfen. Es ist anzunehmen, dass sich in Tunis größere Reserven an alten, bisher nicht emittierten 100 Francs-Noten der Banque de France befanden. Sie wurden mit „MILLE FRANCS“ und „BANQUE DE L'ALGERIE“ überdruckt. Die Noten sind mit einem Datum zwischen dem 5. Mai und 22. August 1892 versehen und wurden nun aufgewertet in Tunesien zwischen dem 4. Februar und 15. April 1943 in Umlauf gesetzt.


Abb. 1.1: BANQUE DE L'ALGERIE, 17-5-(18)92, 1000 Francs, Vorderseite.


Abb. 1.2: BANQUE DE L'ALGERIE, 17-5-(18)92, 1000 Francs, Rückseite.


Der Druck der 180 x 112 mm großen Scheine ist blau und rosa. Auf der Vorderseite wurden die alten blauen Texte „BANQUE DE FRANCE“ und „CENT FRANCS“ durchbalkt und dafür zwei schwarze Aufdrucke „BANQUE DE L'ALGERIE“ und „MILLE FRANCS“ angebracht. Die links sitzende Frau symbolisiert Minerva, die rechts sitzende Abundantia, die Göttin des Überflusses. im Medaillon links ein Frauenkopf, die Industrie symbolisierend, und rechts ein Frauenkopf als Symbol für die Landwirtschaft. In der Mitte sitzt Merkur schreibend. Die oberen Ecken der Rückseite zeigen in Medaillons die Porträts von zwei jungen Frauen. In der Mitte der Rückseite eine aus drei Personen bestehende allegorische Gruppe: Göttin Fortuna zwischen einer Frau, die auf einer Garbe sitzt und die Landwirtschaft verkörpert und einem auf einem Amboss sitzenden Schmied, der für die Arbeit steht. Das Wasserzeichen zeigt links das Profil eines behelmten Kriegers und rechts das Profil einer Frau mit Haarband.

Die Nummerierung ist für die Banque de France typisch. Gedruckt wurden die Serien 1 bis 84 mit jeweils einem Buchstaben des Alphabets. Die Unterschriften stammen vom Generalsekretär J. B. Billotte, dem Generalrechnungsprüfer A. Delmotte und dem Hauptkassierer V. d'Anfreville. Der Entwurf der Note stammt von Daniel Dupuis und G. Duval, die Gravur der Druckplatte von A. Leveille und L. Rousseau.


Bereits im Mai 1943, nach der Rückeroberung des Protektorats Tunesien, wurden die Geldscheine wieder eingezogen. Anzumerken ist, dass es ähnliche Aufdrucke für Guadeloupe, die Banque de Madagascar (ausgegeben 1926) und die Banque de l’Afrique Occidentale gibt.


Nach der Dienstanweisung für das Deutsche Afrikakorps erhielten Wehrmachtsangehörige

für die Dauer ihrer Anwesenheit auf dem afrikanischen Kontinent eine tägliche Zulage zu ihrem Wehrsold. Mannschaftsdienstgrade2 RM, Unteroffiziere 3 RM und Offiziere 4 RM.

Die gleiche Regelung galt auch für Wehrmachtsbeamte. Die Afrika-Zulage wurde steuerfrei gewährt und nicht auf andere Zulagen angerechnet. Da sie eine Urlaubs- und Erholungsbeihilfe darstellte, wurde sie dem Empfangsberechtigten erst nach Beendigung des Afrika-Einsatzes ausgezahlt. Im Gegensatz dazu, dürften der Sold in italienischen Münzen und Banknoten ausgezahlt worden sein. Eigene Zahlungsmittel der Wehrmacht für Libyen und Tunesien sind nicht bekannt, verwendet wurden italienische Münzen und Banknoten in Libyen bzw. die auf Francs lautende Währung in Tunesien.


Bei den Kämpfen gerieten zahlreiche Soldaten der alliierten Truppen in Kriegsgefangenschaft. Sie führten häufig Geld ihres Heimatlandes mit sich. So gelangten „exotische“ Währungen zum Umtausch an die Wehrmachts-Kassendienststellen in Nordafrika. Die Hauptverwaltung der Reichskreditkassen sah sich genötigt auf die Wehrmachtskurse hinzuweisen, die im Heeresverordnungsblatt, Teil B 1942, aufgeführt waren.[5]

So wurden umgetauscht:


Afghanistan

18,81 RM

für

100 Afghani

Australien

7,92 RM

für

1 Australisches £

​Ägypten/Sudan

9,60 RM

für

1 Ägyptisches £

Brit. Indien

74,25 RM

für

100 Rupien

Irak

9,36 RM

für

1 Dinar

Iran

14,60 RM

für

100 Rial

Kanada

2,10 RM

für

1 Kanadischen $

Neuseeland

7,92 RM

für

1 Neuseeländ. £

Palästina

9,36 RM

für

1 Paläst. £

Saudi-Arabien

1,02 RM

für

1 Rial

Südafr. Union

9,36 RM

für

1 Südafrikan. £

Syrien/Libanon

1,00 RM

für

1 Syrisches £

Türkei

1,98 RM

für

1 Türkische Lira

USA

2,50 RM

für

1 US-$

und

0,70 RM

für

1 Maria-Theresia-Thaler


Abb. 2.1/2: Maria-Theresia-Taler, 1780 (spätere Prägung), Vorder und Rückseite.


Welche Bedeutung der Maria-Theresien-Taler noch in Afrika und auf der arabischen Halbinsel hatte, zeigt die Tatsache, dass im Oktober 1941 die Auslandsabwehr beim Reichsfinanzministerium den Antrag stellte, 6.000 Taler der bereits seit dem 1. November 1858 in Österreich demonetisierten Münze in Wien prägen zu lassen. Da noch ein Bestand von 6.900 Münzen vorhanden war, erübrigte sich die Prägung. In den folgenden Wochen wurde aber heftig darüber gefeilscht, wer entsprechende Silbermengen an die Münze zu erstatten habe; auch über die Höhe der Prägekosten wurde gestritten. „Am 31. Dezember 1941 übersandte das Hauptmünzamt dem Reichsfinanzministerium eine Rechnung über 6.033,63 Reichsmark, die sich aus 5.404,86 Reichsmark für Silber, 20,77 Reichsmark für Kupfer, nur 600,- für Prägekosten und 10,- Reichsmark für Verpackung zusammensetzten.

Am 22. Januar 1942 präsentierte das Ministerium dem OKW die Rechnung und ersuchte es, diese in Wien direkt zu begleichen.“[6]

Uwe Bronnert


Anmerkungen:

[1] Christian Zentner (Hrsg.), Der Zweite Weltkrieg; Daten, Fakten, Kommentare, Rastatt 1994, S. 153.

[2] Ebenda, S. 162.

[3] Mit dem Waffenstillstand von Compiègne, der am 22. Juni 1940 in Compiègne unterzeichnet wurde, wurde De-facto Frankreich in einen unter deutscher Militärverwaltung stehenden Nord- und Westteil sowie einen unbesetzten Südteil (etwa 40 % der Landesfläche) mit Vichy als Sitz der französischen Regierung geteilt. Diese Regierung erhob grundsätzlich den Anspruch, weiterhin für ganz Frankreich einschließlich der Überseegebiete zuständig zu sein. Die Vichy-Regierung unter Marschall Philippe Pétain war um eine Neutralität Frankreichs zwischen den kriegführenden Parteien bemüht. Im Gegensatz dazu rief General Charles de Gaulle von London aus zum Kampf gegen die deutschen Besatzer und die Vichy-Regierung auf. Ende Juli 1940 bildet er die Forces françaises libres.

[4] Zwischen dem 8. und 10. November 1942 zogen sich die vichy-französischen Streitkräfte in Tunesien unter Kommando von General Georges Barré an die algerische Grenze zurück und überließen den Deutschen kampflos das Land. Erst nach entsprechenden Befehlen des Generals Juín, nahm die Tunesienarmee, das sog. 19. Korps, mit ca. 60.000 Mann den Kampf gegen die deutschen und italienischen Truppen auf.

[5] Bundesarchiv Berlin, Aktenbestand R29/260. TAO 2/43.

[6] Konrad Schneider, Die Ausprägung von Mariatheresientalern im Auftrag des Oberkommando der Wehrmacht für Zwecke der Auslandsabwehr im Winter 1941/42 und ihre Vorgeschichte, in: Hamburger Beiträge zur Numismatik, Heft 30/32, 1976/78, hrsg. Von Walter Hävernick und Gert Hatz, S. 204.



Literatur:

  • Grabowski, Huschka und Schamberg, Ausländische Geldscheine unter deutscher Besatzung im Ersten und Zweiten Weltkrieg, Regenstauf 2006.

  • Maurice Muszynski und Maurice Kolsky, Les Billets du Maghreb et du Levant, Volume 11, Collection Histoire du Papier monnaie Français, Monaco 2002.


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