Italien erlangte erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts seine staatliche Einheit. Der durch die Industrialisierung erhöhte Rohstoffbedarf und die Massenauswanderung veranlasste die italienische Regierung, den Erwerb eigener Kolonien ins Auge zu fassen. 1881 – 1885 eroberte es äthiopische Gebiete am Roten Meer, die 1890 zur Kolonie Eritrea zusammengefasst wurden. 1889 folgte der südliche Teil Somalias, dass spätere Italienisch-Somaliland. Allerdings scheiterte 1894 – 1896 der Versuch, weitere äthiopische Gebiete zu erobern. Tripolitanien und die Cyrenaika, die beiden letzten Provinzen des Osmanischen Reichs auf afrikanischen Boden, weckten wegen der Lage am Mittelmeer und der Nähe, Italiens Interesse. Um von innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken stellte Premierminister Giovanni Giolitti im am 27. September 1911 dem Sultan Mehmed V. ein Ultimatum, beide Provinzen bedingungslos an Italien zu übergeben. Grund hierfür war die angeblich schlechte Behandlung italienischer Bürger in Libyen. Der Sultan antwortete mit einer Kriegserklärung. Der folgende Italienisch-Türkische Krieg endete mit dem Frieden von Lausanne 1912, in welchem die Osmanen die Provinzen abtraten. Die zuvor von Italien besetzten Dodekanes (Inselgruppe in der östlichen Ägäis) gaben die Italiener trotz anders lautender Friedensbedingungen nicht an die Türken zurück.
Der italienische Diktator Benito Mussolini träumte seit seiner Machtergreifung im Oktober 1922 davon, das „Imperium Romanum“ wieder aufleben zu lassen.
Ein Baustein hierzu sollte ein Reich am Horn von Afrika sein, das Eritrea, Somaliland und Abessinien (Äthiopien) umfasste. Ägypten und der Sudan sollten später die Brücke nach Libyen bilden. Jedoch war Äthiopien nur durch einen Krieg „einzuverleiben“.
Bereits 1912 hatte sich Italien erfolglos bemüht, das Prägerecht für die Maria-Theresia-Taler (MTT) vom Österreichisch-Ungarischen Kaiserreich zu erhalten. Die veränderte internationale politische Lage veranlasste die Regierung Österreichs im Abkommen vom 9. Juli 1935, Italien das Taler-Prägemonopol auf Dauer von 25 Jahren zu überlassen. Dieses Abkommen verschaffte Italien nun die Möglichkeit, sein Expeditionskorps in Ostafrika unbeschränkt mit eigenen MTT zu versorgen. Von August 1935 bis Mai 1937 wurden
18 Millionen MTT von Rom nach Ostafrika expediert. Die römische Münzanstalt „Reggia Zecca“ benötigte hierfür 505.101 Kilogramm Silber (835/1000 fein). Die Münzen sind von den Wiener Prägungen kaum zu unterscheiden, da Rom mit Original-Prägestempel arbeitete.
Am 2. Oktober 1935 erkläre das faschistische Italien Abessinien den Krieg, das neben Liberia der einzige weitere selbstständige Staat auf dem afrikanischen Kontinent war. Bei diesem völkerrechtswidrigen Angriffs- und Eroberungskrieg gelang es den 200.000 italienische Soldaten schnell die Städte Adua und Axum zu erobern. Am 5. Mai 1936 zog Feldmarschall Pietro Badoglio mit seinen Truppen in der abessinischen Hauptstadt Addis Abeba ein, sodass Mussolini am 9. Mai vom Balkon des Palazzo Venezia in Rom vor begeisterten 100.000 Anhängern das offizielle Ende des Krieges und die Annexion Abessiniens erklärte. Der italienische König Victor Emanuel III. wurde zum Kaiser von Abessinien proklamiert und die Kolonien Eritrea und Somalia sowie Abessinien unter dem Namen „Africa Orientale Italiana“ (A.O.I.) zusammengefasst.

Großbritannien und Frankreich unterstützen den abessinischen Kaiser Haile Selassie nur halbherzig, war man doch bestrebt, Mussolini nicht in die Arme Hitlers zu drängen. Bereits am 4. Juli 1936 hob der Völkerbund die gegen Italien verhängten Sanktionen auf, was aber Italien nicht hinderte, am 11. Dezember seinen Austritt aus dem Völkerbund zu erklären.
In den 1920er Jahren gelang es den italienischen Behörden das italienische Währungssystem in den Kolonien Eritrea und Italienisch-Somalia durchzusetzen.
Im Nachbarland Äthiopien war von Beginn des 19. Jahrhunderts an der MTT die offizielle Landeswährung. Die Bank von Äthiopien schätzte 1934 den Gesamtumlauf auf 35 bis 50 Millionen Taler. Sie selbst gab Banknoten zu 2, 5, 10, 50, 100 und 500 Thalers mit Ausgabedatum 1. Mai 1932 aus, von denen zuletzt Noten im Wert von 3,3 Millionen Taler im Umlauf waren. Dies hatte zur Folge, dass der Handel zwischen den italienischen Kolonien und Äthiopien vielfach nur auf der Grundlage des Talers getätigt werden konnte. Deshalb spielte er in beiden italienischen Kolonien auch weiterhin eine wichtige Rolle als Zahlungsmittel. Bereits am 15. Juli 1936 wurde durch Dekret die Lire grundsätzlich auch in Abessinien zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt. Daneben blieb auch der MTT mit einem amtlichen Kurs als Zahlungsmittel zugelassen.
Der Taler-Kurs stieg von 5 Lire im Juli auf 8,50 im November 1936, auf 10,50 im März und schließlich auf 13,50 Lire im Juli 1937. Da die italienische Absicht, den Taler-Umlauf allmählich aufzusaugen, nicht von Erfolg gekrönt war, verbot kurzerhand eine am 16. Juli 1937 erlassene Verfügung die Verwendung von Taler-Münzen zur Bezahlung von Importwaren. Der Taler sollte künftig nur bei Geschäften mit Landesprodukten und Dienstleistungen verwendet werden. Da der Weltmarktpreis für Silber niedriger war, als der amtliche italienische Kurs, strömten auf Schleichwegen weitere MTT ins Land. Daher demonetisierte Italien Anfang 1938 den MTT und die Lire wurde zur alleinigen Währung. Die öffentlichen Kassen nahmen zwar den Taler noch an, zahlten dafür aber nur noch den Silberpreis.

Mit zwei Dekreten vom 18. März und 8. August 1938 führte die italienische Regierung spezielle Banknoten der Banca d’Italia in Ostafrika ein. Diese Noten entsprechen in Größe und Gestaltung den bereits in Italien zirkulierenden floralen Banknoten.
Zur Unterscheidung waren sie nur farblich geringfügig verändert worden. Zusätzlich erhielten sie einen roten Aufdruck am oberen und unteren Rand. Am oberen Rand lautet er „SERIE SPECIALE AFRICA ORIENTALE ITALIANA“ und am unteren „È VIETATA LA CIRCOLAZIONE FOURI DAI TERRITORI DELL‘AFRICA ORIENTALE ITALIANA“, wodurch sie als Zahlungsmittel nur in der neuen Kolonie zugelassen waren. Die allgemeinen Noten der Banca d’Italia durften nicht mehr in die Kolonie eingeführt werden. Der Umtausch in kolonialen Sondernoten und umgekehrt erfolgte in den Häfen der Kolonie durch Zweigstellen der Notenbank.

Es wurden zwei Serien hergestellt. Die erste Ausgabe datiert vom 12. September 1938 und umfasste 13,5 Millionen Banknoten mit einem Gesamtwert von 1,8 Mrd. Lire.
Im Einzelnen wurden ausgegeben:
8.000.000 Banknoten zu 50 Lire
4.000.000 Banknoten zu 100 Lire
1.000.000 Banknoten zu 500 Lire
500.000 Banknoten zu 1.000 Lire.
Am 14. Januar 1939 folgte eine zweite Ausgabe mit verändertem Datum.
Die 4.770.000 Banknoten haben einen Gesamtwert von 498.500.000 Lire.
Im Einzelnen wurden ausgegeben:
2.970.000 Banknoten zu 50 Lire
1.500.000 Banknoten zu 100 Lire
200.000 Banknoten zu 500 Lire
100.000 Banknoten zu 1000 Lire.


Zum Vergleich:




Im Mai 1942 wurden die italienischen Kolonien Ostafrikas von den britischen Truppen besetzt. Die Banknoten der A.O.I. wurden nach Italien zurückgeschickt und beim Hauptsitz der Banca d'Italia eingelagert.
Aufgrund der Inflation kam es bei der Banca d’Italia im November 1942 zu Stockungen beim Banknotendruck, sodass der Finanzminister durch Dekret vom 25. November den Umlauf der A.O.I.-Banknoten auch in Italien genehmigte. Leider ist nichts über die Menge, der im Inland umgelaufen A.O.I.-Banknoten bekannt. Man geht aber davon aus, dass der Gesamtbetrag unter einer Milliarde Lire gelegen habe.
Uwe Bronnert
Abb. der Banknoten: Don Ludwig
Literatur:
Guido Crapanzano (hrsg. V.), Soldi d’Italia, Un secolo di cartamoneta, Fondazione Cassa di Risparmio di Parma e Monte di Credito su Pegno di Busseto 1995.
Guido Crapanzano u. Ermelindo Giulianini, La Cartamoneta Italiana, Corpus Notarum Pecuniariarum Italiae, Volume primo 2003, Milano 2003.
Dr. J. Hans, Maria-Theresien-Taler, Zwei Jahrhunderte 1751 – 1951, Epilog 1951 – 1960, 2. Auflage, Leiden, Niederlande 1961.
Comments