Abb. 1: Pfennig-Brot-Kupons der Stadt Odessa, o. D., 1 Pfennig
Rumänien war einer der Staaten, dessen Soldaten am 22. Juni 1941 gemeinsam mit der deutschen Wehrmacht die Sowjetunion einmarschierten. Dafür erhielt es nicht nur die ein Jahr zuvor an die UdSSR abgetretenen Gebiete (Bessarabien, Nordbukowina) zurück, sondern Hitler übertrug den Rumänen auch eine eigene Besatzungszone in der Ukraine: das Gebiet zwischen südlichem Bug und Dnjestr mit dem Verwaltungssitz in Odessa. Obwohl das heutige Transnistrien von einem rumänischen Gouverneur verwaltet wurde, blieb auch deutsches Militär in diesem Raum stationiert, das bei vielen Entscheidungen das letzte Wort hatte. In Odessa wurde eine Reichskreditkasse eingerichtet. Die auf Reichsmark lautenden Reichskreditkassenscheine sowie die deutschen Kleinmünzen bis 10 Pfennig galten nach Einzug der russischen Geldzeichen als alleinige gesetzliche Zahlungsmittel. Dieser Zustand endete erst im September 1944 mit dem Einmarsch sowjetischer Truppen.
Besonders für die städtische Bevölkerung stellte sich das Problem der Nahrungsmittelversorgung, da zunächst die Besatzungstruppen versorgt wurden, dann die deutsche Zivilbevölkerung und erst danach die lokale Bevölkerung, von der allerdings nur diejenigen etwas erwarten durften, die für die Besatzungsmächte arbeiteten. Der größte Teil der Bevölkerung musste das Ernährungsproblem allein lösen.
Abb. 2: Pfennig-Brot-Kupons der Stadt Odessa, o. D., 3 Pfennig
Daran änderte auch nichts, dass die Besatzungsbehörden die Warenpreise auf dem Niveau vom 20. Juni 1941 einfroren und den Schwarzmarkt-Handel verboten, da die wiedererrichteten Kolchosen ihre Produkte vollständig an die Besatzungsmächte abliefern mussten. Die für die Zivilbevölkerung bestimmten Güter wurden von den lokalen Selbstverwaltungsorganen verteilt. Allerdings reichte die Menge bei weitem nicht aus, sodass Tausende von Stadtbewohnern aufs Land zogen, um dem Hungertod zu entgehen.
Die Lebensmittelversorgung war besonders im Winter 1941/1942 sehr schwierig.
Das Warenangebot besserte sich erst ab Frühjahr 1942. Aufgrund der militärischen Situation begann das Jahr 1944 mit einer schweren wirtschaftlichen und politischen Krise. Die Nahrungsmittelknappheit führte zu steigenden Preisen. Während in Odessa auf dem Schwarzmarkt 1 kg Brot 3 RM kosteten, betrug der offizielle Brotpreis
12 Pfennig. Um zu diesem Preis einkaufen zu können, benötigte man eine Bezugskarte.
Abb. 3: Pfennig-Brot-Kupons der Stadt Odessa, o. D., 10 Pfennig
Anfang 1944 emittierte das Versorgungsamt der Stadt Odessa Brot-Kupons im Nennwert von 1, 3 und 10 Pfennig. Der zweisprachige Text auf der Rückseite der ca.
80 mm x 60 mm großen Kupons – oben Rumänisch, unten Russisch – nennt, wie die Scheine zu verwenden sind. Die Übersetzung lautet sinngemäß: „Stadt Odessa. Versorgungsamt. Gutschein für Brot auf einer Karte aus dem Brotladen der Gemeinde. Gültig für Brotladen Nr. …“. Gutschein und Brot-Bezugskarte mussten beim Kauf im benannten Laden vorgelegt werden. Die Vorderseite zeigt über der Wertangabe das Wappen Bessarabiens (Stierkopf mit Stern). Links und rechts davon Eichenblätter.
In der Mitte die große Wertangabe in Ziffern, links davon „PF.“ und rechts „пф.“, unter der Wertangabe die Serienbezeichnung und eine vermeintliche Kontrollnummer, z. B. „CEP. B, 1-4400“. Letztere ist immer gleich, bei den Scheinen zu 1 Pfennig „1-6050“, beim Nominal zu 3 Pfennig „1-4400“ und beim Wert zu 10 Pfennig „1-6350“.
Die Bedeutung dieser Nummer ist nicht bekannt. Nach Istomin Kharkov und P. Sobolev kommen die Scheine zu 1 Pfennig mit den Serienbezeichnungen „З, У, Ш, АЖ, АШ“, die zu 3 Pfennig mit „Б, Г, Л, Ч, АЖ, AB, B“ und die zu 10 Pfennig mit „Ч, Э, Ю, АД, АЖ“ vor. Alle Kupons haben auf der rechten oder linken Seite eine Perforation. Der Druck erfolgte auf minderwertigem, holzhaltigem Papier ohne Wasserzeichen. Die Scheine zu 1 Pfennig haben eine braune, die zu 3 Pfennig eine olivgrüne und der Wert zu 10 Pfennig eine blaugrüne Druckfarbe.
Über den Ausgabegrund der Gutscheine ist wenig bekannt, sie sollten wohl aber zur Bekämpfung des Schwarzmarkt-Handels dienen, indem Brot in den festgelegten Brotläden zum offiziellen Preis (daher die kleinen Pfennig-Beträge) abgegeben wurde.
Die Brot-Kupons sind sehr selten. Dies dürfte verschiedene Gründe haben:
1. Niemand konnte es sich damals leisten, die Gutscheine aufzubewahren, es sei denn, er wäre bereit gewesen, einige Tage zu hungern.
2. Nur ein begrenzter Personenkreis kam in den Genuss dieser Scheine.
3. Eingelöste Scheine und unbenutzte Restbestände wurden vor Einmarsch der Roten Armee – wohl aus Angst vor Repressalien – vernichtet.
Bleibt anzumerken, dass das Auktionshaus Christoph Gärtner, Bietigheim-Bissingen,
in der 37. Auktion vom 16. – 17. Juni 2017 unter der Nummer P 2817 und P 2818 die Nominale zu 3 und 10 Pfennig zum Ausrufpreis von je 500 Euro anbot.
Uwe Bronnert
Abb. 1 und 10 Pfennig: www.fox-notes.ru
Abb. 3 Pfennig: Uwe Bronnert
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