Erwin Nöbbe: Maler, Archäologe und Numismatiker in Flensburg. Geboren am 29. März 1882 in Flensburg, gestorben am 3. März 1948 ebendort.
Porträt von Erwin Nöbbe als Knabe im Schaukelstuhl 1887, gemalt von seinem Vater, dem Kunstmaler Jakob Nöbbe.
Erwin Nöbbe stammte aus einer alten Flensburger Malerfamilie. Schon sein Großvater
Jakob Nöbbe war Malermeister in Flensburg. Dessen Sohn, ebenfalls Jakob mit Namen,
war Porträtist und Landschaftsmaler. Getreu der Familientradition erlernte auch Erwin
Nöbbe das Malerhandwerk.
Mitglieder der Ekensunder Künstlerkolonie 1885, Foto von Wilhelm Dreesen.
Jacob Nöbbe: Am Ufer von Ekensund, Gemälde 1885.
Nach seiner Schulausbildung in Flensburg ging er im Jahre 1901 an die Berliner Akademie,
wechselte aber 1903 an die Kunstschule Weimar, wo er bei L. v. Hofmann studierte.
Seine erste Anstellung fand er in seiner Heimatstadt Flensburg, wo er von 1907 bis 1909
am Flensburger Museum als Assistent tätig war. Von 1909 bis 1913 arbeitete er noch als
Konservator am Museum für Vaterländische Altertümer in Kiel, beschloss aber anschließend
ausschließlich als freier Künstler tätig zu sein. Zusammen mit seinem Vater arbeitete er in der Ekensunder Künstlerkolonie an der Flensburger Förde und auf der dänischen Insel Fanö.
Zahlreiche Landschaftsgemälde, aber auch Porträts, z. B. von seiner eigenen Familie, sind bekannt und in den Museen in Flensburg und Schleswig zu sehen.
Erwin Nöbbe: Die Nöbbes, Gemälde vor 1919.
Erwin Nöbbe: Dünen auf Fanö, Pastell 1931.
Erwin Nöbbe: Küstenlandschaft, Pastell 1946.
In den Jahren 1919 bis 1921 fand er ein reiches Betätigungsfeld in der Erschaffung von Notgeldscheinen von Flensburg und dessen näherer Umgebung:
Aventoft, Gemeinde
Flensburg, Bäckerei Brodersen
Flensburg, Stadt
Glücksburg, Stadt
Lutzhöft, Gemeinde
Wyk auf Föhr, Stadt
Die Münzenfreunde kennen ihn als Numismatiker. Es gibt eine Reihe von Publikationen
aus seiner Feder:
Der Brakteatenfund von Eutin.
Goldbrakteaten in Schleswig-Holstein und Norddeutschland.
Münzfund von Westerland auf Sylt.
Münzfunde aus dem 8. - 10. Jahrhundert in Schleswig-Holstein
Flensburg als Münzstätte.
u. a. m.
Axel Ernst: Porträt von Erwin Nöbbe 1926.
Ein ausführlicher Nachruf findet sich im Nordisk Numismatisk Unions Medlemsblad 1948, S. 58-63, geschrieben von Axel Ernst.
Aventoft, Gemeinde
Aventhoft, Kirchspiel: 50 Pfennig vom 31.10.1921, Vorder- und Rückseite.
Aventhoft, Kirchspiel: 75 Pfennig vom 31.10.1921, Vorder- und Rückseite.
Aventhoft, Kirchspiel: 1 Mark vom 31.10.1921, Vorder- und Rückseite.
50, 75 Pfennig, 1 Mark 31. 10.1921 – 01. 05.1922
Entwurf: Erwin Nöbbe
Druck: Aug. Westphalen, Flensburg
Alle drei Scheine zeigen auf der Vorderseite bis auf die Wertziffer dasselbe Bild: Das Schleswig-Holsteinische Wappen, beiderseits eingerahmt von einem „Elker“, einem Gerät zum winterlichen Aalstechen. Auf der Rückseite befindet sich bei 50 Pfennig die Dorfschule, bei 75 Pfennig die Kirche und bei 1 Mark das Pastorat mit den Hofgebäuden und einem
Fahnenmast mit blau-weiß-roter Fahne.
Die Geschichte der Entstehung dieser Ausgabe ist von besonderer Art: Als das Kirchenkollegium beschloss, für die als Kriegsmetall hingegebene Glocke eine
Ersatzglocke anzuschaffen, kam Pastor Münchmeyer auf den glorreichen Gedanken,
einen Teil der Kosten durch Herausgabe einer Notgeldserie aufzubringen. Maler und
Drucker wurden schnell gefunden und, als schließlich auch die in Hamburg ansässige
Notgeldhandlung Pape & Lammers gewonnen werden konnte, den Vertrieb zu übernehmen,
wurde gedruckt. Je Nominal wurden 12.400 Exemplare hergestellt, wovon 400 Serien in der Gemeinde verblieben, und der Rest für 20.250 Mark in mehreren Lieferungen an Pape
& Lammers verkauft wurde (19.06., 07.07., 19.07., 29.09.1922, Rest am 22.01.1923).
Nach Abzug der Druckkosten und des Honorars von 2.500 Mark an Erwin Nöbbe für die Entwürfe verblieb dem Kirchspiel ein Reingewinn von 8.437,50 Mark, eine Summe, die im Vergleich zu den tatsächlichen Kosten der neuen Glocke von 105.000 Mark nur 8 % aus-
machte.
Flensburg, Bäckerei und Zwiebackfabrik A. T. Brodersen
Flensburg, A. T. Brodersen: 15 Pfennig von 1920, Vorder- und Rückseite.
Flensburg, A. T. Brodersen: 30 Pfennig von 1920, Vorder- und Rückseite.
15, 30 Pfennig 1920
Entwurf: Erwin Nöbbe
Ausführung: J. M. Feddersen, Flensburg
Die Vorderseiten zeigen (verschieden gestaltet) im wesentlichen die Wertziffern und den
Firmennamen. Auf der Rückseite befinden sich bei 15 Pfennig zwei eine Brezel haltende Löwen über dem Stadtwappen und bei 30 Pfennig die Stadtansicht von Flensburg, darunter das Stadtwappen.
Auflage: jeweils 10.000 Stück
Kosten der Entwürfe: 300 Mark je Schein
Kosten des Druckes einschließlich Papier und Nummerierung: zusammen 1.100 Mark.
Flensburg, Stadt (Magistrat, Stadtverordneten-Kollegium)
Flensburg, Stadt: Entwurf zu 50 Mark ohne Datum (1918), Vorder- und Rückseite.
Entwürfe 1918 und 1919 von Erwin Nöbbe (nicht in den Druck gegangen), entnommen aus Herbert Bakowsky, Das Notgeld der Stadt Flensburg 1914-1923, Band 49 der Schriftenreihe „DIE MÜNZE“ Berlin 1975, S. 11-12.
50 Mark o. D. (1918) Wasserfarbe
Vs. hellgrün, dunkelgrün
Rs. dunkelgrün
25 Pfennig 1. Dezember 1919 zwei Entwürfe Wasserfarbe
Fünfundzwanzig Pfennig Vs. Schwarze Schrift auf braunem Untergrund Rs. Wappen und Nordertor dunkelbraun
Fiefundtwintig Penn Vs. Schwarze Schrift auf braunem Untergrund Rs. Wappen und Nordertor hellgrau
25 Pfennig 1919 Wasserfarbe
Fünfundzwanzig Pfennig
Vs. Schwarze Schrift auf braunem Untergrund
Rs. Schwarzhellblau, rot, Untergrund braun
Flensburg, Stadt: 10 Milliarden Mark vom 24. Oktober 1923, Druck einseitig, unfertiges Stück ohne KN..
Flensburg, Stadt: 50 Milliarden Mark vom 24. Oktober 1923, Druck einseitig, unfertiges Stück ohne KN..
Flensburg, Stadt: 100 Milliarden Mark vom 24. Oktober 1923, Druck einseitig, unfertiges Stück ohne KN.
10, 50, 100 Milliarden Mark 24. 10. 1923
Entwurf: Erwin Nöbbe (das Flensburger Wappen signiert mit NÖBBE)
Druck: Aug. Westphalen, Flensburg
Auflage: 10 Milliarden 25.000 Stück
50 Milliarden 140.000 Stück
100 Milliarden 47.500 Stück
Im Stadtarchiv Flensburg (St. A. - II C 332) liegt das Originalschreiben Nöbbes zu seinem 10 Milliarden-Schein.
Glücksburg, Stadt
Glücksburg, Stadt: 25 Pfennig von 1920, Vorder- und Rückseite.
25 Pfennig 1920
Entwurf: Erwin Nöbbe
Druck: Gebh & Kunze, Flensburg
Vs. Wertziffer, Schrifttafel, darunter das Stadtwappen
Rs. Schloß Glücksburg
Auflage: 40.000 oder 60.000 Stück
Kosten des Entwurfs: 500 Mark
Kosten des Drucks einschließlich Papier und Nummerierung bei einer
Auflage von 40.000 Stück 2.250 Mark
Auflage von 60.000 Stück 2.750 Mark
Glücksburg, Stadt: 50 Pfennig vom 17. Juni 1920, Vorder- und Rückseite.
50 Pfennig 17. 6. 1920
Entwurf: Erwin Nöbbe
Druck: Gebh & Kunze, Flensburg
Vs. Wertziffer, Stadtwappen, Schrift
Rs. Blick auf die Flensburger Förde
Kosten des Entwurfs: 500 Mark
Kosten des Drucks einschließlich Papier und Nummerierung: 5.000 Mark
Glücksburg, Stadt: 1 Mark von 1920, Vorder- und Rückseite.
1 Mark 1920
Entwurf: Erwin Nöbbe
Druck: Aug. Westphalen, Flensburg
Vs. Stadtwappen
Rs. Schloß Glücksburg
Auflage: 60.000 Stück
Kosten des Entwurfs: 500 Mark
Kosten des Drucks einschließlich Papier und Nummerierung: 3.780 Mark
(Das verwendete Papier war zu dünn und durchsichtig. Bei Verwendung besseren
Papiers hätten sich die Druckkosten um etwa 50 Mark erhöht).
Lutzhöft, Gemeinde
Lutzhöft, Gemeinde: 1 Mark vom 1. Juli 1920, Vorder- und Rückseite.
1 Mark 1. Juli 1920
Entwurf: Gemeindevorsteher Diederichsen und Erwin Nöbbe
Druck: Gebh & Kunze, Flensburg
Vs. Bismarckgedenkstein unter der Eiche, die der Sage nach von König Waldemar III.,
1340–1375, gepflanzt worden sein soll. Darunter der Text: Bismarckgedenkstein und Eiche / gepflanzt von König Waldemar / verkünden dem Wanderer, daß alles auf Erden ist wandelbar.
Rs. Blick von der Höhe des Angelner Landes über die Flensburger Förde hinüber auf
die Halbinsel Broager. In die Förde hinein ist die deutsch-dänische Grenze gezeichnet.
Im Vordergrund stehen zwei Männer, zwischen ihnen eine Bauersfrau von ansehnlicher
Breite und zwei Kinder, die nach den abgetretenen Gebieten hinüberschauen.
Darunter der Text: Wir bleiben dennoch ungeschieden.
Die Bauersfrau hat verschiedene Deutungen gefunden: Es soll damit das Dorforiginal
Kathrin gemeint sein, das sich Nöbbe zum Vorbild genommen hat. Nach Fertigstellung
der Scheine soll der Gemeindevorsteher zu Kathrin gesagt haben: „Na Kathrin, nu schast
Du ja mit op unse Notgeld“, worauf diese geantwortet haben soll: „Ja de Tiden hebbt sich
ännert. Fröher wär de Kaiser jo op unse Geld - nun lat mi mal“
Herbert Bakowsky, der bekannte Notgeldforscher Nordschleswigs, fand heraus, daß der Name der Frau gar nicht Kathrin war, sondern Maria Gmelok, im Dorf stets „Mutter
Melok“ genannt. Es sei auch nicht Nöbbe gewesen, der sie zum Modell ausgesucht hätte,
sondern der Gemeindevorsteher Diederichsen, der auch die Entwürfe angefertigt habe.
Es sei gar nicht sicher, ob Nöbbe „Mutter Melok“ überhaupt gekannt habe.
Geklärt werden kann diese Frage heute sicher nicht mehr.
Auflage: 1. Auflage 25.000 Stück, geliefert am 04.08.1920
2. Auflage 30.000 Stück, geliefert am 28.05.1921
3. Auflage 27.500 Stück, geliefert am 09.11.1921
Der Entwurf eines zu dieser Ausgabe gehörigen Scheins über 50 Pfennig soll laut Bakowskys Mitteilung von Gemeindevorsteher Diederichsen stammen.
Wyk auf Föhr, Stadt
Wyk auf Föhr, Stadt: 1 Mark vom Juni 1920, Vorder- und Rückseite.
1 Mark Juni 1920
Entwurf: Erwin Nöbbe
Druck: Gebh & Kunze, Flensburg
Vorderseite: Stadtwappen und Girlande
Rückseite: Promenade und Strand
Auflage: 40.000 Stück
Kosten des Entwurfs: 500 Mark
Kosten des Drucks einschließlich Papier und Nummerierung: 5000 Mark
Wyk auf Föhr, Stadt: 5 Mark vom Juni 1920, Vorder- und Rückseite ohne Spruch.
Wyk auf Föhr, Stadt: 5 Mark vom Juni 1920, Rückseite mit Spruch.
5 Mark 1920
Entwurf: Erwin Nöbbe
Druck: Gebh & Kunze, Flensburg
Vorderseite: Stadtwappen
Rückseite: Strandleben
Bekannt sind vier Varianten dieses Scheins:
a. ohne Spruch auf der Rückseite
b. auf der Vorderseite links und rechts zusätzlich eine große
Wertziffer „5“
c. mit zweizeiligem Spruch auf der Rückseite: „Un quesen jem....“
d. mit Datum „14. März 1920“ sowie vierzeiligem Spruch:
„Un geit uns....“
Angaben zu Auflagenhöhe und Herstellungskosten waren nicht zu ermitteln.
Manfred Mehl
Literatur:
Bakowsky, Herbert: Das Notgeld der Stadt Flensburg 1914-1923. Band 49 der Schriftenreihe „DIE MÜNZE“. Berlin 1975.
Feddersen, Berend Harke: Schleswig-Holsteinisches Künstler-Lexikon. Bredstedt 1984.
Frahm, Hans: Das Notgeld Nordfrieslands. Einige Betrachtungen über die Ersatzwertzeichen des Kreises Nordfriesland aus den Jahren 1917 bis 1922. Teil I: Das Festland. Teil II b: Föhr, Amrum, Langeneß/Nordmarsch, Oland und Hamburger Hallig. In: Nordfriesisches Jahrbuch, N. F., Band 18/19, 1982/83, S. 109-154, sowie Band 22, 1986, S. 159-196.
Kürtz, Hans-Joachim und Jutta: Für Gold und Silber nimm den Schein . . . Aus einem Kapitel norddeutscher Geldgeschichte Lübeck 1981.
Aufzeichnungen in Nöbbes Archiv, das vor ca. 30 Jahren von dem dänischen Notgeldforscher Karl Lund (+) ausgewertet worden ist.
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