Trotz schwerer Bombenschäden lief in Berlin die Banknotenproduktion in der Reichsdruckerei, wenn auch eingeschränkt, bis in die letzten Kriegstage weiter. Druckaufträge mussten jedoch auch an private Druckereien erteilt werden.
Am 5. März 1945 beauftrage sie Giesecke & Devrient (Leipzig) 500 Millionen Reichsbanknoten zu 5 RM zu drucken und am 27. März folgte ein Auftrag über
5 Millionen Reichsbanknoten zu 1000 RM. Da die Druckplatten bei einem Luftangriff beschädigt wurden, dürften beide Bestellungen nicht mehr zur Ausführung gelangt sein. Auch weitere Druckereien beschäftigte die Reichsdruckerei. Nach einem Schreiben vom 5. März 1945 an das Reichsbankdirektorium waren dies: Albert Frisch (Berlin W 35), Ernst Steininger (Berlin SW 68), Erich Zander (Berlin SW 29), Werner (Reichenbach/Vogtland), Förster & Borries (Zwickau) und Pustet (Regensburg).[1]
Noch im April reisten im „arg zusammengeschrumpften unbesetzten Reichsgebiet .. zwei Beamte der Reichsdruckerei umher, um die Tätigkeit der erwähnten Hilfsdruckereien zu überprüfen bzw. um weitere Möglichkeiten zur Verlagerung von Banknoten-Druckaufträgen zu erkunden. Doch die meisten der von ihnen besuchten Privatdruckereien – sie lagen hauptsächlich in Süddeutschland – waren durch Luftangriffe bereits völlig zerstört worden oder es mangelte ihnen an geeignetem Personal. Vielfach war ihnen auch die Front schon so nahe gerückt, daß ihnen schon deswegen keine Aufträge mehr übertragen werden konnten.“ [2]
Karte: Das unbesetzte Reichsgebiet am 1. Mai 1945
Quelle: https://en.wikisource.org/wiki/File:1945-05-01GerWW2BattlefrontAtlas.jpg
Aber nicht nur deswegen machte sich in den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs in dem noch nicht besetzten Reichsgebiet ein erheblicher Mangel an Zahlungsmitteln bemerkbar. Geldtransporte der Reichsbankzentrale erreichten die Reichsbankfilialen nur noch unregelmäßig oder gar nicht mehr. Viele Verkehrsverbindungen waren wegen der ständigen Luftangriffe unterbrochen. Zudem flutete eine Flüchtlingswelle aus den vom Feind bedrohten Landstrichen in das noch nicht besetzte Gebiet, gefolgt von der auf dem Rückzug befindlichen Wehrmacht. Die zuströmenden Zivilisten und Soldaten verstärkten noch den Zahlungsmittelbedarf, der bereits durch die wegen des Bombenterrors der Alliierten aus den Großstädten evakuierten Frauen und Kindern gestiegen war.
In einem Rundschreiben des Reichsbankdirektoriums vom 14. September 1944 erhielten die Reichsbankstellen Instruktionen für den Fall der Feindbesetzung.
Unter II. Punkt 5 wurde auch die Ausgabe von Notgeld geregelt. Die Kommunal-verwaltungen sollten bei Bedarf mit Genehmigung bzw. auf Anordnung der Reichsverteidigungskommissare und in Zusammenarbeit mit den örtlichen Reichsbankstellen Notgeld herstellen lassen, das dann durch die Reichsbankfilialen
in Umlauf gesetzt werden sollte. Der Gegenwert des Notgelds sollte auf einem Speerkonto gutgeschrieben werden. In Berlin dachte man zu diesem Zeitpunkt vor allem an Wertzeichen zu 10 und 50 Reichspfennig sowie zu einer, fünf und 10 Reichsmark.
Das Aushilfsgeld sollte möglichst auf Wasserzeichenpapier gedruckt werden. Um eine ausreichende Reserve zu haben, sollte die zu druckende Geldmenge so bemessen sein, dass sie um 50 Prozent über dem Zwei-Wochen-Bedarf der betreffenden Reichsbankanstalt lag.[3]
Es ist anzunehmen, dass nach dieser Anweisung auch vielerorts in den nicht besetzten Gebieten verfahren wurde, wenn die Geldversorgung unterbrochen war und dadurch eine anhaltende Zahlungsmittelknappheit eintrat.
Die Reichsgauselbstverwaltung Kärnten emittierte auf Anordnung des Reichsstatthalters in Kärnten, Friedrich Rainer, eigenes Notgeld. Mit Ausgabedatum vom 15. April 1945 gelangten wahrscheinlich durch die Reichsbankstelle in Klagenfurt Notgeldscheine zu
50 Reichsmark in Umlauf. Der genaue Zeitpunkt der Inkurssetzung ist nicht bekannt.
In einer Zeitungsnotiz vom 31. Mai 1945 wurde jedoch die Verordnung Nr. 1 der britischen Militärregierung abgedruckt. Hiernach konnten in Kärnten wohnende österreichische Zivilpersonen und Körperschaften des öffentlichen und bürgerlichen Rechts mit Sitz in Kärnten zwischen dem 4. und 8. Juni 1945 die 50-RM-Notgeldscheine bei allen Bankanstalten in Kärnten gegen Reichsbanknoten tauschen. Schöne schätzt die Höhe der gesamten Auflage auf 320.000 Geldscheine. Ursprünglich waren wohl auch Geldzeichen zu 5, 10 und 100 RM geplant.[4]
Warum in Klagenfurt eine eigene Notausgabe emittiert wurde, ist nicht bekannt, unterstand doch die Reichsbanknebenstelle Klagenfurt der Reichsbankstelle Graz,
die zusammen mit den Reichsbankstellen Salzburg, Innsbruck und Linz am fotomechanischen Nachdruck der Reichsbanknoten zu 10, 50 und 100 RM beteiligt waren.
Abb. 1: Reichsgau Kärnten, 15. April 1945, 50 RM, Vorderseite.
Einseitiger Druck auf stärkerem Papier ohne Wasserzeichen, Größe: 155 mm x 84 mm.
Abb. 2.1/2: Fotomechanischer Nachdruck der Reichsbanknote durch die Reichsbankstellen Graz, Linz, Innsbruck und Salzburg, (24.6.1935), 100 RM, Vorderseite und Rückseite.
Trotz der Notgeldausgabe wurden die Zahlungsmittel in Klagenfurt knapp. Da kamen die zurückgezogenen Reichskassenscheine gerade recht, die auch im Tresor der Reichsbanknebenstelle Klagenfurt asserviert waren. So tätigte man hier vorübergehend Auszahlungen mit diesen Reichskreditkassenscheinen. Anders als in Schleswig-Holstein, wo sie mit einem Stempel der Reichsbankstelle/Reichsbanknebenstelle versehen wurden, verzichtete man in Österreich auf eine entsprechende Kennzeichnung.
Abb. 3.1: Reichskreditkassen, o. D., 20 RM, Vorderseite.
Abb. 3.2: Reichskreditkassen, o. D., 20 RM, Rückseite mit Stempel der Reichsbanknebenstelle Neumünster.
Abb. 3.3: Stempel der Reichsbanknebenstelle Neumünster.
Abb. 4.1/2: Reichskreditkassen, o. D., 50 RM, Vorderseite und Rückseite.
Reichskreditkassenscheine waren Geldscheine, die die Reichskreditkassen als Hilfsnotenbank in den von der deutschen Wehrmacht besetzten Ländern meist nur vorübergehend als gesetzliche Zahlungsmittel ausgegeben hat. Sie lauten zwar auf Reichsmark, waren jedoch auf dem Gebiet des Deutschen Reichs selbst nicht umlauffähig. Als am 1. Januar 1945 die „Zahlungsregelung für die Wehrmacht in außerdeutschen Ländern“ (Wehrmachtsdevisenbestimmungen – W.Dev.Best –) vom 13. Oktober 1944 in Kraft traten und gleichzeitig die „Verrechnungsscheine für die deutsche Wehrmacht“ in Umlauf gesetzt wurden, wurden die Reichskassenscheine fast vollständig aus dem Verkehr gezogen, da sie nur noch auf den Kanalinseln, den Dodekanes und in Kurland gesetzliche Zahlungsmittel blieben. An die Stelle der Reichskreditkassenscheine, die der Wehrmacht auch als Reisezahlungsmittel gedient hatten, traten die neugeschaffenen Verrechnungsscheine, gleichzeitig übernahmen sie die Funktion des bisherigen „Behelfsgeldes der deutschen Wehrmacht“. Da den Verrechnungsscheinen die Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel fehlte, konnten alle Beschränkungen, die bisher bei Erwerb, Mitnahme und Umtausch der Reichskreditkassenscheine erforderlich waren, entfallen. Lediglich für den Umtausch in ausländische Zahlungsmittel waren Höchstsätze vorgesehen.
Am 27. April 1945 erschien in der „Kärntner Zeitung“ die folgende Meldung:[5]
„Wegen kriegsbedingter Transportschwierigkeiten hat sich ein vorübergehender Mangel an Reichsbanknoten ergeben. Die Deutsche Reichsbank in Klagenfurt gibt deshalb die schon früher in Verkehr gewesenen Reichskreditkassenscheine aus, die von jedermann als gesetzliche Zahlungsmittel anzunehmen sind. In Kürze werden wieder Reichsbanknoten ausgegeben werden können, worauf die Reichskreditkassenscheine zur Rücklösung gelangen werden.“
Diese Verlautbarung wurde angeblich nachträglich durch den Präsidenten der Deutschen Reichsbank, Dr. Funk, genehmigt.
Die Reichsbanknebenstelle bediente sich der Reichskreditkassenscheine bei Zahlungen bis zum Eintreffen der britischen Besatzungstruppen und der Schließung der Bank am 8. Mai 1945. Bereits am folgenden Tag erkannte die britische Militärregierung in Art II des Erlasses No. 2, nur die Reichsmark-Zahlungsmittel als gesetzliche Zahlungsmittel an, welche in Österreich am Tage der Besetzung gesetzliche Zahlungsmittel und zu diesem Zeitpunkt im Umlauf waren, sowie die alliierten Schilling-Noten. Somit wurden Reichskreditkassenscheine nach dem 8. Mai 1945 in Klagenfurt nicht mehr eingelöst.
Während in Klagenfurt ein Umtausch der Reichskreditkassenscheine in Reichsmarknoten abgelehnt wurde, war man in Innsbruck, das zur französischen Besatzungszone gehörte, zunächst großzügiger. Auch hier war Ende April 1945 die Versorgung mit Reichsbanknoten unmöglich geworden. „Da eine starke Verknappung der RM-Noten eintrat, wurden um ein vollkommenes Stocken des Zahlungsverkehrs zu vermeiden, von der Reichsbankstelle Innsbruck … Reichskreditkassenscheine als Ersatz für Reichsbanknoten ausgegeben und zwar zuerst an verschiedene Dienststellen und später auch an Banken und Sparkassen. Eine Einlösung dieser RKK–Scheine erfolgte seitens der Reichsbankstelle Innsbruck bis zum 10. Dez. 1945.“
In den Jahren 1946 und 1947 forderten verschiedene Besitzer von Reichskreditkassenscheinen von der Oesterreichischen Nationalbank deren Einlösung. Dieses Ansinnen wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass „die Reichskreditkassenscheine … für das Gebiet der Republik Oesterreich niemals durch gesetzliche Vorschriften zu gesetzlichen Zahlungsmitteln erklärt worden [seien] und eine solche Eigenschaft .. ihnen auch nicht durch eine bloße Bekanntmachung der Reichsbank verliehen werden [konnte]. Sie wurden daher im Sinne des Erlasses der Militärregierung nicht als gesetzliche Zahlungsmittel anerkannt.“ Ferner seien „diese Scheine .. auch bei der im Dezember 1945 durchgeführten Währungsmaßnahme von einem Umtausch auf Grund des Schillinggesetzes vom 30. November 45 ausgeschlossen.“ Und an anderer Stelle vertröstete man die Antragsteller und verwies diese an die Deutsche Reichsbank in Liquidation: „Inwieweit die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rücklösung der in Rede stehenden Reichskreditkassenscheine noch … möglich sein wird, wird erst im Zuge der Gesamtbereinigung der österreichischen Forderungen an das Deutsche Reich klargestellt werden können.“
Ich danke an dieser Stelle Frau Köpf vom Bankhistorischen Archiv der Oesterreichischen Nationalbank für die freundliche Unterstützung.
Uwe Bronnert
Anmerkungen
[1] Nach Gerd Gnewuch, 100 Jahre Bundesdruckerei, Hrsg. Bundesdruckerei, Berlin 1979, S. 100 ff. [2] Ebenda, S. 101. [3] Richtlinie (Nr. 2378/44) des Reichsbankdirektoriums vom 14. September 1944 als Geheime Reichssache an die Ersten Vorstandsbeamten der Reichsbankanstalten und die Leiter der Reichsbanknebenstellen gerichtet. Abgedruckt bei Michael H. Schöne, Zwischen den Fronten, Papiernotgeld 1945 in Deutschland, Spezialkatalog 2015 (alle Scheine: besprochen, geplant, entworfen, gedruckt, ausgegeben, eingezogen oder vernichtet), Eigenverlag, Pirna 1914, S. 4 ff.
[4] Ebenda, S. 31.
[5] Die folgenden Ausführungen beruhen auf Akten des Bankhistorischen Archivs der Oesterreichischen Nationalbank (BHA). Akt. 163/1947 (Einlösung von R.K.K.-Scheinen).
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