Reiseschecks waren über viele Jahre weltweit ein beliebtes Reisezahlungsmittel, bevor Kreditkarten diese Funktion übernahmen. Sie konnten am Wohnsitz des Reisenden bei Banken oder anderen Einrichtungen gegen eine Gebühr käuflich erworben und am Reiseziel gegen Bargeld umgetauscht oder zur Bezahlung verwendet werden. Dafür musste der Inhaber sich mit einer zweiten Unterschrift auf dem Scheck legitimieren (Gegenzeichnung), nachdem die erste Unterschrift bereits bei Ausgabe des Schecks zu leisten war. Daneben boten die Schecks den Vorteil, dass sie bei Verlust ersetzt wurden. Reiseschecks sind ein eigenes Sammelgebiet. Sie können auch eine interessante Ergänzung zu einer Geldscheinsammlung sein, weil sie im Reiseverkehr eine Bargeldersatzfunktion hatten.
Es lohnt ein Blick auf gelaufene Reiseschecks, die Ausgabestelle, den Ausgabeort und das Ausgabedatum, sowie den Einlösungsort – jeder Scheck erzählt die Geschichte einer Reise.
Der Reisescheck mit Gegenzeichnung wurde von American Express Company entwickelt. Nach einer Europareise hatte sich ein Angestellter der Firma beklagt, dass er außerhalb der europäischen Hauptstädte kein Bargeld eintauschen konnte. William C. Fargo, der Neffe des American-Express-Mitinhabers William G. Fargo, löste den ersten Reisescheck in Höhe von 50 US-Dollars am 5. August 1891 im Hotel Hauffe in Leipzig ein[1].
Auch im Reiseverkehr zwischen sozialistischen Staaten waren seit den 1950er Jahren Reiseschecks gebräuchlich, die von den Staats- oder Außenhandelsbanken der RGW-Länder ausgegeben wurden[2]. Die ersten Auslands-Reiseschecks der DDR gab 1957 die Deutsche Notenbank aus. Sie lautenden auf Deutsche Mark (der Deutschen Notenbank), bekannt sind Schecks in den Wertstufen 5, 20, 100 und DM-DN. Es gibt zwei unterschiedliche Verwendungsweisen und entsprechend zwei unterschiedliche Ausführungen – zum einen Schecks, die von DDR-Bürgern für Reisen in sozialistische Länder verwendet wurden. Auf der Rückseite sind hier feste Beträge in Landeswährungen sozialistischer Staaten angegeben, zu denen der Scheck im Ausland eingewechselt werden konnte. Zum anderen gibt es Schecks, die im Ausland erworben und in der DDR eingelöst wurden, ein roter Aufdruck auf der Vorderseite des Schecks „Zahlbar in der Deutschen Demokratischen Republik“ sowie die auf der Rückseite aufgeführten Einwechselbestimmungen in der DDR machen das deutlich.
Von 1967 bis 1978 übernahm die Ausgabe von Reiseschecks in der DDR die Deutschen Aussenhandelsbank (DABA), die Schecks zu 20, 50, 100, 200 und 500 Mark der DDR ausgab[3], von denen es ebenfalls analog der Deutschen Notenbank zwei unterschiedliche Ausführungen gibt und die damit sowohl im Reiseverkehr von DDR-Bürgern in das Ausland (Nominale zu 50, 200 und 500 Mark, Serien D-F) als auch - mit Aufdruck - für Reisen in die DDR Verwendung fanden (Nominale zu 20, 100 und 500 Mark, Serien A-C). Identifizieren lassen sich die Ausgabejahre anhand der Druckvermerke auf den Rückseiten der Schecks, die in der DDR für jedes Druckerzeugnis obligatorisch waren[4]. Ab 1978 wurden Reiseschecks von der Staatsbank der DDR ausgegeben. Es gibt nur noch eine Serie mit Wertstufen zu 50, 200 und 500 Mark[5], die bis 1990 ausgegeben wurden und die grundsätzlich für Reisende aus sozialistischen Staaten in die DDR bestimmt war, wenngleich eine Verwendung durch DDR-Bürgern im Ausland für bestimmte Länder nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden kann. Gelaufene Exemplare dieser Serie sind in der Regel für wenige Euro erhältlich, während gelaufene Exemplare der Reiseschecks der Deutschen Notenbank und der DABA sehr selten sind.
Reiseschecks der sozialistischen Staaten erfüllten einen anderen Zweck als etwa die von Banken, Thomas Cook oder der American Express in westlichen Ländern ausgegeben Reiseschecks in konvertiblen Währungen: Während letztere vor allem dazu dienten, den Reisezahlungsverkehr zu erleichtern, unbegrenzt gültig waren, eine Versicherung bei Diebstahl und Verlust boten und grundsätzlich in unbegrenzter Höhe erworben werden konnten, hatten die Reiseschecks der RGW-Staaten vor allem die Funktion, die Zuteilung von Reisedevisen an Bürger des eigenen Landes im Rahmen der unter den Staats- und Außenhandelsbanken verhandelten Devisenkontingenten zu steuern, da die Währungen dieser Länder nicht konvertibel waren[6]. Das erkennt man auch an den recht hohen Nennwerten der Schecks (die Schecks der Deutschen Notenbank über 5 DM-DN bilden hier eine frühe Ausnahme) – es sollte ein einmaliger Umtausch des für die Reise notwendigen Betrages im Reiseland erfolgen. Vermieden werden sollte durch die Ausgabe von Reiseschecks, Reisende nur mit Bargeld des Reiseziellandes ausstatten zu müssen, dessen Ein- und Ausfuhr auch im Reiseverkehr zwischen sozialistischen Staaten der Höhe nach begrenzt war. Auch die Ausfuhr heimischer Währung zwecks Umtauschs im Reiseland war nicht erwünscht, da dieses die Devisenplanung gestört hätte. Daher war auch die Gültigkeit von Reiseschecks in sozialistischen Ländern regelmäßig auf 6 bzw. 12 Monate ab Ausstellungsdatum beschränkt, nämlich um eine zeitnahe Abrechnung und eine Anrechnung auf bestehende Devisenkontingente sicherzustellen. Im Reiseverkehr zwischen sozialistischen Ländern erfolgte in der Praxis eine Ausstattung von Reisenden bei kürzeren Reisen mit Bargeldbeträgen in ausländischer Währung, während bei längeren Reisen eine Ausstattung mit Reisezahlungsmitteln regelmäßig in Form eines kleineren Bargeldbetrages, sowie im Übrigen in Reiseschecks erfolgte.
Die Grundlage für die Ausgabe von Reiseschecks im Reiseverkehr zwischen den sozialistischen Staaten bildet das sogenannte Bukarester Abkommen vom 24. Juni 1963. Darin verpflichteten sich die Staaten des RGW, ihren Bürger bei Reisen in das sozialistische Ausland den Umtausch von Fremdwährungen im Gegenwert von 10 Rubel je Aufenthaltstag im Ausland zu ermöglichen. Was einfach klingt, sorgte in der Praxis oft für zähe Verhandlungen zwischen den Staatsbanken der Länder, insbesondere wenn es um die rechtzeitige Zurverfügungstellung vereinbarter Bargeldbeträge und Reisescheck-Kontingente sowie die Umrechnung der einzelnen Währungen zueinander ging. Diese standen zwar in einem festen Verhältnis zum sowjetischen (Transfer-)Rubel, jedoch kamen im touristischen Reiseverkehr oftmals abweichende Kurse zur Anwendung, über die intensiv verhandelt wurde.
Für den Reisescheckverkehr in der DDR regelte ab März 1979 die Anordnung über die Durchführung des Reisescheckverkehrs vom 5. Januar 1979[7] die Details des An- und Verkaufs von Reiseschecks, einmal bezogen auf die Ausgabe und Einlösung von auf Mark lautenden Reiseschecks der Staatsbank der DDR, zum anderen bezogen auf die Ausgabe von Schecks auf Währungen der RGW-Länder und anderer Staaten. Nach § 3 der Verordnung wurden auf Mark lautende Reiseschecks durch die Staatsbank der DDR ausländischen Banken auf Grundlage der mit diesen getroffenen Vereinbarungen zur Verfügung gestellt, während gemäß § 9 die Kreditinstitute der DDR den Verkauf von Reiseschecks ausländischer Währungen gegen eine Gebühr[8] und zu festgelegten Umrechnungskursen vornahmen, welche die Staatsbank der DDR von den jeweiligen Staatsbanken ebenfalls auf Grundlage getroffener Vereinbarungen erhalten hatte. Nach § 12 der Verordnung war mit Zustimmung der Staatsbank ein Verkauf von Reiseschecks in ausländischer Währung auch durch andere Betriebe möglich, etwa durch Reisebüros. Man muss also im Reiseverkehr unterscheiden zwischen in die DDR eingehenden Reiseschecks, die auf Mark lauteten und von der Staatsbank der DDR ausgegeben, und die im Ausland verkauft wurden, sowie den in der DDR verkauften Schecks der Staatsbank sozialistischer Länder in deren Währungen. Daneben war gemäß § 15 der Verordnung auch der Ankauf von Reiseschecks ausländischer Banken geregelt. Diese Regelung betraf neben den Reiseschecks aus westlichen Staaten auch solche Länder, mit denen die DDR kein Abkommen über die Zuteilung von Reisedevisen geschlossen hatte. Die Gültigkeit von Reiseschecks der Staatsbank der DDR betrug 12 Monate ab Ausstellungsdatum. Ein Rücktausch nicht verbrauchter Reiseschecks in ausländischen Währungen war innerhalb der Gültigkeitsdauer bei den Verkaufsstellen spesenfrei möglich.
Das System der gegenseitigen Vereinbarungen über die Zurverfügungstellung von Reisevaluta in bar und in Form von Reiseschecks hatte sich bis Ende der 1970er Jahre zwischen den RGW-Staaten etabliert[9]. Zuvor – seit Mitte der 1960er Jahre – fand für den Verkauf von Reiseschecks in der DDR das sogenannte MARS-System Anwendung. MARS steht für Mark-Auslandsreiseschecks: Bestanden keine gesonderten Abkommen mit ausländischen Staats- oder Handelsbanken über den Verkauf von Reiseschecks lautend auf die Währungen dieser Länder, erhielten Reisende aus der DDR auf DM (DNB), MDN bzw. Mark lautende Schecks der Deutschen Notenbank, der Deutschen Außenhandelsbank bzw. der Staatsbank der DDR, die dann im Ausland zu zwischen den Staatsbanken vereinbarten Wechselkursen in Landeswährung umgetauscht werden konnten. 1981 waren bei der Staatsbank der DDR Reiseschecks in tschechoslowakischen Kronen, Złotych, Rubel, Forint, Lewa, Lei und nordkoreanischen Won verfügbar, daneben auch solche in jugoslawischen Dinar. 1982 kamen Schecks aus Kuba hinzu und 1986 solche aus der Mongolei.
Hinter der Ausstattung von DDR-Touristen mit Reiseschecks stand ein komplexes System jährlicher Verhandlungen der Staatsbank der DDR mit den Staatsbanken anderer sozialistischer Länder, teilweise unter Einschaltung der Finanzministerien, über die Zuteilung von Reisedevisen in Form von Bargeld und Reiseschecks. Dem voraus ging eine Einschätzung des Bedarfs an einzelnen Währungen pro Jahr durch die Staatsbank der DDR, die sogenannte Valutadienstleistungsplanung. Aus den Beschränkungen der geplanten Beträge an fremden Währungen resultierten für die meisten Währungen[10] ein maximal zulässiger Umtauschbetrag pro Reisenden und Reisetag.
Für den Staatshaushalt der DDR blieb der Saldo des Austauschs von Devisenkontingenten
zu Reisezwecken mit anderen sozialistischen Ländern negativ, d.h. es wurden mehr Reisedevisen an DDR-Touristen ausgegeben als von Besuchern aus sozialistischen Ländern eingenommen. 1981 etwa stellte die Staatsbank der DDR für den nichtorganisierten Tourismus Reisezahlungsmittel im Gegenwert von 578 Millionen Mark zur Verfügung[11], während die Gesamteinnahmen aus dem Tourismus von Reisenden aus sozialistischen Ländern einschließlich des organisierten Tourismus in die DDR nur mit 516 Millionen Mark geplant worden waren. Die negative Differenz musste durch die DDR mittels Exporten in die jeweiligen Länder ausgeglichen werden.
Schwierigkeiten bestanden seit Ende der 1970er Jahre wegen der stetig steigenden Anzahl von Touristen aus der DDR insbesondere im Verhältnis zu Ungarn, da die dortige Staatsbank die Lieferung zugesagter Kontingente an Forint in bar und in Reiseschecks wegen der anhaltend negativen Devisenbilanz und des Ausbleibens zugesagter Warenlieferungen aus der DDR mehrfach zurückhielt. Da der Forint bei der Staatsbank der DDR knapp blieb, konnten auch die Umtauschbeträge für Reisende aus der DDR nach Ungarn nicht erhöht werden. Angesichts des für DDR-Touristen hohen Preisniveaus in Ungarn führte das im Ergebnis zu einer verstärkten illegalen Ausfuhr von Mark und einem Umtausch vor Ort auch durch ungarische staatliche Banken, was wiederum die Staatsbank der DDR alarmierte[12]. Umgekehrt lehnte aber auch diese etwa Anfang der 1980er Jahre Forderungen der polnischen Nationalbank nach einer Erhöhung der Kontingente an Reiseschecks in Mark für Reisende aus Polen ab, was sicherlich den politischen Verhältnissen dort und einer gewünschten Reduzierung auch des Einkaufstourismus aus Polen in die DDR geschuldet war.
Je Land gab es Unterschiede hinsichtlich der Höhe der durch Reisende maximal zu erwerbenden Beträge in Landeswährung und damit in Reiseschecks. Touristen, die in die UdSSR und Polen reisten, konnten 1981 unbegrenzt Landeswährung erwerben, was angesichts praktisch fehlender Individual-Reisemöglichkeiten in die UdSSR und wegen der eingeschränkten Reisemöglichkeiten nach Polen aufgrund des dort herrschenden Kriegsrechts ohne große Bedeutung blieb. Touristen nach Ungarn konnten bis zu 30,- Mark pro Reisetag, nach Bulgarien bis zu 40,- Mark pro Tag, nach Rumänien bis zu 20,- Mark pro Tag umtauschen. Die Bargeldbeträge für den Erwerb von Währungen dieser Länder waren gedeckelt, für den übersteigenden Betrag wurden Reiseschecks ausgegeben.
Für touristische Tagesreisen in die ČSSR galt ein Ausstattungslimit von 60,- Kronen je Person, für 2-Tagesreisen 100,- Kronen pro Tag, für Reisen ab drei Tagen 120,- Kronen pro Tag, wobei für kürzere Reisen nur Banknoten ausgegeben werden sollten. Große Sprünge waren mit diesen Geldbeträgen im Reiseland jedenfalls nicht möglich.
Komplex und bürokratisch gestaltete sich die Disposition über die Scheckbestände in ausländischen Währungen bezogen auf den geschätzten Bedarf insbesondere während der Hauptreisezeit im Sommer, die rechtzeitige Bestellung von Schecks bei den Staatsbanken der sozialistischen Länder, die bedarfsgerechte Verteilung der Scheckbestände auf die Filialen der Staatsbank der DDR in den einzelnen Bezirken sowie auf andere mit dem Verkauf befasste Institutionen wie etwa Reisebüros, sowie im Rahmen des Verkaufs die Überwachung der Einhaltung von Umtauschhöchstbeträgen. Der mit der Ausgabe und Einlösung von Reiseschecks verbundene Verwaltungsaufwand bei der Staatsbank der DDR und den am Verkauf von Reiseschecks beteiligten Kreditinstituten war erheblich und band gerade in den Sommermonaten in größerem Umfang Personalkapazitäten.
Reisen blieb auch zwischen sozialistischen Staaten ein (finanzielles) Abenteuer, von dem jeder Reisescheck eine kleine Geschichte erzählen kann.
Dr. Sven Gerhard
Hinweis
Den Ausführungen liegen Unterlagen der Staatsbank der DDR zum Reisezahlungsverkehr zugrunde, die sich heute im Bundesarchiv in Berlin befinden.
Ich danke Dr. Frank Metasch, Dresden, für seine Anmerkungen und Kommentare.
Anmerkungen
[1] Wikipedia Stichwort „Reisescheck“, https://de.wikipedia.org/wiki/Reisescheck, abgerufen am 29.12.2024.
[2] S. etwa für die ČSSR Sustek, Korunové cestovné šeky Národnej a Štátnej banky československej z obdobia 1947 – 1992 (Kronen-Reiseschecks der National- und Staatsbank der Tschechoslowakei im Zeitraum 1947-1992), Numismatik 2016, S. 139 (in tschechischer Sprache), oder für Rumänien das Buch von Vasiliţă und Ivan, BANII TURIŞTILOR, Bukarest 2020.
[3] S. Huschka, Ersatzgeld und geldähnliche Belege in der DDR, Neuausgabe 202, RS16 –
RS 25.
[4] Dazu Grabowski, Reiseschecks der Deutschen Aussenhandelsbank AG der DDR, geldscheine-online.com vom 8. November 2021.
[5] Huschka RS27 – RS29.
[6] Dazu etwa Gwiazda, Das Währungssystem der RGW-Länder, APuZ 4/1986.
[7] Gesetzblatt der DDR 1979 Teil I, S. 48. Ob es bereits vor diesem Zeitpunkt Verordnungen über den Reisescheckverkehr in der DDR gegeben hat, bedarf weiterer Recherche.
[8] Diese betrug zwei Prozent des Umtauschbetrages.
[9] Ein solches Abkommen bestand beispielsweise seit 1973 mit der CSSR und seit 1974 mit Ungarn.
[10] Außer Rubel und Zlotych
[11] Interessant ist die Aufspaltung dieses Betrages nach Ländern – für die CSSR waren es 325 Millionen Mark, für Ungarn 142 Millionen Mark, für die UdSSR 64 Millionen Mark, für Polen 23 Millionen Mark, für Bulgarien 18 Millionen Mark und für Rumänien 6 Millionen Mark. Daneben gab es Kontingente für beruflich veranlasste sowie „gesellschaftlich organisierte“ Reisen, und für den Kultur- und Sportaustausch.
[12] Aus einem Vermerk des Stellvertreters des Präsidenten der Staatsbank der DDR über ein Gespräch vom 1.7.1981 mit dem stellvertretenden Finanzminister der DDR.
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