Im 12. Jahrhundert waren die wendischen Gebiete zwischen Saale und Elbe unter Albrecht dem Bär mit holländischen und flämischen Kolonisten besiedelt worden. Nach dessen Tod 1170 wurde das Land auf seine Söhne aufgeteilt und es entstanden verschiedene anhaltische Linien.
1396 wurde das Fürstentum Anhalt-Zerbst durch Erbteilung in Anhalt-Cöthen und Anhalt-Dessau aufgeteilt. Nachdem die anhaltischen Staaten 1570 wiedervereint wurden, kam es 1603 erneut zur Erbteilung in Anhalt-Bernburg, Anhalt-Cöthen,
Anhalt-Plötzkau und Anhalt-Zerbst.
1655 fiel Anhalt-Cöthen durch Erbe an Anhalt-Plötzkau und es entstand die Linie
Anhalt-Cöthen-Plötzkau. 1765 erhielt der jüngere Bruder des Fürsten durch Schenkung seines kinderlosen Onkels die Standesherrschaft Pleß in Oberschlesien und gründete die Nebenlinie Anhalt-Cöthen-Pleß. 1807 wurde Anhalt-Cöthen Herzogtum und trat dem Rheinbund bei.
Als 1818 der noch minderjährige Herzog starb, übernahm der Fürst von Anhalt-Cöthen-Pleß das Herzogtum. 1846 verkaufte er Pleß und 1847 erlosch seine Familie. Anhalt-Cöthen fiel an Anhalt-Bernburg, wurde aber durch Anhalt-Dessau mitverwaltet. Am 1. Januar 1853 folgte dann die Vereinigung zu Anhalt-Dessau-Cöthen. Es entstand das vereinigte Herzogtum Anhalt, das 1866 Mitglied des Norddeutschen Bunds und 1871 Teil des Deutschen Reichs wurde. Nach dem Abdanken des letzten Herzogs im Jahr 1918 wurde Anhalt Freistaat und ist heute Teil des Bundeslandes Sachsen-Anhalt.
Schloss Pleß in Oberschlesien, Abb. wikipedia.
Historische Karte des Fürstentums Pleß, Abb. Wikipedia.
Fürstlich Anhalt-Coethen-Plessner Renth-Kammer, Pleß 1807 – 1821
Bei den Scheinen der Plessner Renth-Kammer handelt es sich um kein Staatspapiergeld. Nach dem Einfall Napoleons und der preußischen Niederlage von 1806 sanken die Einkünfte des Fürsten derart, dass allen Bediensteten das Gehalt gekürzt werden musste. Durch die Ausgabe von Papiergeld glaubte Fürst Ferdinand seinen Angestellten etwas von diesem Abzug ersparen zu können. Auf seinen Befehl hin wurden unterschiedlich datierte Renth-Kammer-Scheine hergestellt, die auf verschiedene Werte in „Nominalmünze” lauteten.
Dabei handelte es sich um die auf vier Siebtel im Wert reduzierte preußische Scheidemünze, die 1821 außer Kurs gesetzt wurde.
GK-7: Anhalt-Coethen-Plessner Renth-Kammer-Schein über 10 Silbergroschen vom 25. Juni 1811, Vorderseite, Geldmuseum der Deutschen Bundesbank.
Ab 1. Januar 1812 wurden die Gehälter nur noch in Papiergeld gezahlt, dabei aber die Gehalts-
kürzung von 20% auf 15% zurückgenommen.
Die Pleßner Renth-Kammer hat ihre Scheine auf preußische Münze blanco drucken lassen, und das Nominal sowie die Nummer bei der Ausgabe handschriftlich eingetragen.
Es gab Werte zu 5, 10 und 15 Silbergroschen sowie 1, 5 und 10 Reichsthaler mit Daten zwischen 1807 und 1821. Von 1821 bis 1832 sollen im Fürstentum Pleß auch Renth-Kammer-Scheine über „Preussischen Courant” hergestellt, aber nicht ausgegeben worden sein. Keller führte 5 Silbergroschen von 1825 und 1 Thaler von 1829 an.
Die aus Mangel an preußischen Münzen ausgegebenen Renth-Kammer-Scheine waren eigentlich Notgeld, aber dennoch jahrelang auch im privaten Zahlungsverkehr anerkannt.
Ihre Bedeutung blieb aber auf das Fürstentum Pleß beschränkt, sieht man einmal davon ab, dass sich Fürst Ferdinand als späterer Herzog von Anhalt-Cöthen aufgrund seiner Erfahrungen mit den Pleßner Renth-Kammer-Scheinen schon 1829 als erster anhaltischer Herzog bedenkenlos für die Ausgabe von Papiergeld entschied, die ebenfalls durch eine Rentkammer erfolgte.
Anhalt-Cöthensche Rentkammer, Cöthen 1829
Anhalt-Cöthen zählt neben Preußen und Sachsen zu den ersten deutschen Staaten mit Staatspapiergeld.
GK-12: Anhalt-Cöthenscher Cassen-Schein über 1 Thaler vom 1. Januar 1829,
Vorder- und Rückseite, Sammlung Manfred Kranz.
Mit landesherrlichem Mandat vom 27.12.1828 wurde festgelegt, dass alle Steuern etc. nicht mehr in Konventionsgeld, sondern nach Preussischem Courant zu entrichten waren.
Zugleich wurde „zur Erleichterung des Cassenwesens und des Handels und Verkehrs”
die Ausgabe von unverzinslichen Kassenscheinen angekündigt, die an allen Kassen bei Entrichtung von Abgaben und Leistungen oder bei sonstigen Einzahlungen jederzeit zu ihrem Nennwert anzunehmen waren. Damit das neue Papiergeld auch rasch vom Volk angenommen würde, mussten ab 1. Februar 1829 alle Steuern zur Hälfte in Kassenscheinen abgetragen werden. Ein Annahmezwang im privaten Zahlungsverkehr bestand jedoch nicht.
Die Gesamtauflage aller ausgegebenen Nominale über 1, 5 und 10 Thaler von 1829 betrug 20.000 Thaler. Die Kassenscheine zirkulierten dennoch bis zum 1.7.1849 unter der Bevölkerung, weil sie jederzeit in Metallgeld eingelöst werden konnten und nur in geringer Menge ausgegeben worden waren, danach verloren sie ihre Gültigkeit.
Hans-Ludwig Grabowski
Literaturempfehlung:
Hans-Ludwig Grabowski / Manfred Kranz:
Das Papiergeld der altdeutschen Staaten –
Geldscheine der Staaten auf dem Gebiet des 1871 gegründeten Deutschen Reichs von den Anfängen bis zum Ende des
19. Jahrhunderts
Verlag: Battenberg Verlag
ISBN: 978-3-86646-188-8
Auflage: 1. Auflage 2020
Bebilderung: durchgehend farbig
Hardcover: 344 Seiten
Format: 17 x 24 cm
Preis: 69,00 Euro
Comments