In vielen Sammlungen, die spanisches Papiergeld enthalten, finden sich oft auch geldscheinähnliche Papiere, die mit „Papel de Fianzas“ überschrieben sind. Was hat es mit diesen Scheinen auf sich? Die Übersetzung ins Deutsche ist hier wenig hilfreich, lautet sie doch nur „Papier der Kautionsanleihe“. Diese Scheine wurden mit verschiedenen Ausgabedaten auf festem Papier ohne Wasserzeichen gedruckt.
Alle Ausgaben sind identisch und unterscheiden sich nur in der Wertangabe, dem Ausgabedatum, der Angabe der Rechtsgrundlage und in geringfügigen Farbabweichungen.
Die Vorderseite zeigt in einem Schmuckrahmen, in dessen Ecken die Wertzahl gedruckt ist, die Überschrift „PAPEL DE FIANZAS“, es folgen fünf Textzeilen:
El Instituto Nacional de la Vivienda
pagara al portador la cantidad de CINCO
pesetas den concepto de devolución de fianza con arreglo al Decreto de 26 de Octubre de 1939
Madrid 1.o de Enero de 1940
Das Nationale Wohnungsinstitut
zahlt dem Inhaber den Betrag von FÜNF
Peseten als Rückerstattung der Kaution
gemäß dem Dekret vom 26. Oktober 1939
Madrid, 1. Januar 1940
Bei den späteren Ausgaben wir auf das Dekret vom 11. März 1949 Bezug genommen und die entsprechenden Ausgabedaten angegeben. Unter dem Textblock hat auf der linken Seite der Institutsdirektor unterschrieben, in der Mitte das Symbol des INV, rechts die Unterschriften des Depositario (Verwahrer) und des Interventor (Rechnungsprüfers). Der Unterdruck zeigt das Wappen des Nationalen Spaniens sowie ein Flächenmuster.
Die Rückseite wird von der Seitenansicht eines nach rechts blickenden behelmten Frauenkopfes bestimmt, das sich in einem Oval befindet. Links und rechts davon die Wertzahl in einer Guilloche. Das Oval wird wiederum von einem Schmuckrahmen eingeschlossen. Im oberen Teil „INSTITUTO NACIONAL DE VIVIENDA“ und im unteren Teil „PAPEL DE FIANZAS“. Über und unter der Wertzahl befindet sich jeweils eine siebenstellige Kennnummer mit teilweise vorgesetztem Buchstaben. Zumindest bei der ersten Ausgabe wurden zwei verschiedene Nummeratoren verwendet.
Der spanische Bürgerkrieg (1936–1939) hatte schwere Schäden an vielen Wohngebäuden hinterlassen. Ihre Wiederherstellung erforderte die notwendigen finanziellen Mittel. Um die Arbeiten zu koordinieren, wurde am 19. April 1939 das Instituto Nacional de la Vivienda (INV) gegründet. Es unterstand zunächst der Gewerkschaftsorganisation. Ab 2. Januar 1942 war das Arbeitsministerium zuständig. Die Leitung des INV wurde dem Bergbauingenieur Federico Mayo Gayarre (1894–1954) übertragen, der während des Bürgerkriegs zum Kapitän der Ingenieure ernannt wurde. Er hatte die Position des Generaldirektors von der Gründung des Instituts bis zu seinem Tod im Jahr 1954 inne. Diese Behörde war für die Genehmigung von Bauvorhaben und für die Überwachung der Nutzung und Vergabe von Sozialwohnungen zuständig, ferner verhängte es bei Verstößen Bußgelder und emittierte die Papel de Fianzas.
Es ist erstaunlich, dass heute die Bedeutung der Scheine bei spanischen Sammlern und Händlern weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Im Dekret vom 11. März 1949 über Mietpapiere ist nachzulesen, dass jeder Mieter von Wohnungen oder Geschäftsräumen sowie bei ergänzenden Lieferungen und Leistungen, die die Mietsache betrafen (z. B. Strom, Gas, Wasser), eine Kaution in Höhe einer Monatsmiete an den Vermieter zahlen musste. Bei Geschäftslokalen betrug die Kaution sogar zwei Monatsmieten.
Der Vermieter hatte dieses Geld an die INV abzuführen und zur Kontrolle gleichzeitig den Mietvertrag einzureichen. Im Gegenzug erhielt er von der INV unverzinsliche Scheine der Kautionsanleihe, eben die „Papel de Fianzas“, die er dann an die Mieter weiterreichte. Erst nach Beendigung des Mietverhältnisses wurde gegen Rückgabe der Scheine die Kaution erstattet. Mit den eingesammelten Kautionen konnten nun Wohnungsbauprojekte gefördert werden.
Die Papel de Fianzas wurden in den Werten tausend, fünfhundert, einhundert, fünfzig, zehn und fünf Pesetas ausgegeben und entsprechend mit Clase Especial, A, B, C, D und E bezeichnet und fortlaufend nummeriert. Emittiert wurden Anleihen mit unterschiedlichem Datum. Mir sind folgende Ausgabedaten bekannt: 1. Januar 1940,
1. Juni 1954, 18. Juni 1958, 24. Juli 1959, 9. Juni 1960, 1. Februar 1962, 1. Dezember 1963, 2. Januar 1965, 1. Februar 1966, 1. Februar 1967 und 2. Januar 1969.
Obwohl die INV 1977 aufgelöst wurde, gab man weiterhin Kautionsanleihen aus, so mit dem Datum vom 1. Juni 1979 und 1. Dezember 1980. Eine spätere Ausgabe vom
1. Oktober 1982 nennen als das „Instituto para la Promocion Publica de la Vivienda“ (Institut für die öffentliche Wohnraumförderung) als Emittenten.
Hin und wieder liest man, dass vor allem in der Nachkriegszeit die niedrigen Stücklungen der Papel der Fianzas aufgrund fehlender Banknoten auch als Papiergeld verwendet wurden. Amtlich Belege hierzu sind mir allerdings nicht bekannt.
Auch scheint eine Verwendung als Geld wenig plausibel, denn obwohl die Kautionsanleihestücke Inhaberpapiere sind, erhielt man sein Geld doch nur, wenn man die Wohnung aufgab.
Während die Papel de Fianzas mit dem Datum vom 1. Januar 1940 noch häufiger anzutreffen sind, sind die anderen Ausgaben nur schwer zu bekommen. Darüber hinaus weisen die meisten Scheine Löcher durch Heftklammern auf, da sie an Dokumenten des INV geheftet waren.
Text und Abb. Uwe Bronnert
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