Der erste große Krieg des 20. Jahrhunderts, weit weg von Europa, jedoch größtenteils von Europäern geführt, endete am 31. Mai 1902 mit dem Friedensvertrag von Vereeniging bei Johannesburg. Beide Parteien – auf der einen Seite die Buren aus den Republiken Transvaal und Oranje Freistaat mit Jan Christiaan Smuts und Louis Botha; auf der Seite die Briten mit Lord Kitchener als Verhandlungsführer – hatten eingesehen, dass ein Fortführen des Krieges das unsägliche Leid nur noch vergrößern und das Land endgültig in den Abgrund ziehen würde.
Die Auslöser des Konflikts waren, wie zu vermuten, die ersten Funde von fantastischen Diamanten ca. 1870 auf britischem Territorium (unter dem Gouverneur der Kapkolonie, Alfred Milner) und vor allem die nur etwa 15 Jahre spätere Entdeckung von Goldvorkommen in Witwatersrand bei Johannesburg (Transvaal mit Paul Kruger).
Die darauf einsetzende Zuwanderung und das Entstehen größerer Städte durch die vom Goldfieber angezogenen Menschen, oft englische Goldsucher und Abenteurer, führten verständlicherweise zu Konflikten zwischen der angestammten Burenbevölkerung, bekanntlich Nachfahren ehemaliger holländischer Kolonisten, und den Zuzüglern.
Nun, die Buren ließen diesen Ausländern (Uitlanders) keine Chance zu einer politischen Mitbestimmung, was die Briten als wichtigen Grund für den aufkommenden Krieg anführten.
Erste Gefechte verliefen allerdings meist zu Ungunsten der Engländer; anderseits gelang es den siegenden Buren kaum, Nutzen aus den gewonnenen Schlachten zu ziehen, denn sie verfolgten die fliehenden britischen Truppen nicht, so dass diese sich anschließend wieder reorganisieren und für Nachschub sorgen konnten. Durch die fehlende Strategie der Buren wendete sich in der Folge das Kriegsglück zusehends zugunsten der Engländer. Ab Mai 1900 gerieten bei solchen Kämpfen die Städte Johannesburg und Pretoria in die Hände der Briten, welche auch bei der letzten großen Schlacht von Belfast im Osttransvaal siegreich waren.
Die Buren verlegten sich anschließend erfolgreich auf neue Guerillataktiken mit kleinen, flexiblen Truppenteilen. Dieses Katz- und Maus-Spiel setzte den gegnerischen Streitmächten erheblich zu, so dass die Briten eine furchtbare Gegentaktik einführten, indem sie die Familien des Gegners nun ebenfalls als Feinde in den Konflikt integrierten. Farmen der Buren wurden niedergebrannt, das Vieh geraubt und Frauen und Kinder in primitive Konzentrationslager gesteckt. Durch dieses rüde Verhalten der englischen Truppen verlor Großbritannien viel Prestige in Europa. Aus mehreren Ländern zogen engagierte Männer nach Südafrika und unterstützten die Buren in ihrem Kampf gegen die unbeliebten Briten. Man spricht von rund 3000 europäischen Waffenbrüdern der Buren, welche schlußendlich wegen der fehlenden Strategie doch unterlagen.
Die Opferbilanz des Konflikts liest sich erschreckend: Die Briten hatten etwa 900.000 Soldaten in ihre Kolonie geschickt, ca. 20.000 Männer kamen nicht mehr in ihre Heimat zurück. Die Buren hatten zwischen 50.000 und 90.000 bewaffnete Mitstreiter und beklagten schlußendlich etwa 7.500 Tote in den Gefechten, aber auch bis zu 30.000 zivile Opfer. Die Schwarzen, welche auf beiden Seiten mitmachen mussten, mit etwa 10.000 bis 15.000 Gefallenen, ergänzen diese traurige Liste.
Die Papiergeld-Geschichte von Südafrika widerspiegelt die verworrene Situation in diesem großen Land an der Südspitze Afrikas einzigartig, und viele spezielle Ausgaben haben Bezug zur Zeitperiode um die Wende zum 20. Jahrhundert.
Wir stellen deshalb Stelle einige Beispiele vor[1].
Anlässlich dieses Konflikts wurde der britische Oberst Baden-Powell im Juni 1899 zur Unterstützung nach Südafrika geschickt, wo er sich mit seinen Truppen in Mafekin verschanzen musste. Mit weniger als 2.000 Soldaten verteidigte er sich 217 Tage lang gegen 9.000 Buren unter General Cronje. Dieses Notgeld ist Ausdruck der schwierigen Verhältnisse, welchen die damaligen Menschen ausgesetzt waren. Mafeking war die extraterritoriale Hauptstadt des Protektorates Betschuanaland, bis dieses 1965 als Botswana unabhängig wurde.
Robert Baden-Powell (1857 – 1941) wurde später weltweit bekannt als Gründer der Pfadfinder-Bewegung im Jahr 1907.
Ein zweites Beispiel aus derselben Gegend. Als Konsequenz von Krieg und der Belagerung von Mafekin durch Burentruppen resultierte ein Mangel an Kleingeld.
Der damalige Staatssekretär von Matabele-Land und Beauftragte von Bulawayo, Marshal Hole, ließ deshalb in der Druckerei Chronicle Printing Works in Bulawayo Karten herstellen und versah diese mit Briefmarken der British South Africa Company (übrigens die einzige Briefmarken-Ausgabe dieser Company). Der Umlauf der Karten beschränkte sich allerding nur auf gut zwei Monate vom 1. August bis 1. Oktober 1900.
Noch im Mai 1900, kurz vor der Eroberung durch britische Truppen, gab die Regierung der Zuid-Afrikaansche Republiek in Pretoria mehrere Nominale heraus. Erfreuen konnten sich die Besitzer der Scheine wohl kaum lange, denn die erobernden britischen Besatzer tolerierten dieses Geld offenbar nicht. Sie beschlagnahmten und demonetisierten die Scheine mittels eines Stempels C.J.C. / 44 (Central Judicial Commission).
Die von den burischen Border Scouts unter Major J. Birkbeck 1902 (gegen Ende des Zweiten Burenkriegs) ausgegebene Währung wurde zuerst auf dem wenig verfügbaren Papier, später jedoch auf Uniformresten und anderen Stoffen gedruckt und beschriftet.
Nach dem Abzug der meisten Weißen waren als lokale Verteidiger hauptsächlich Nachkommen von Burenbauern und einheimischen Frauen zurückgeblieben. Sie waren hervorragende Scharfschützen, gute Reiter und als Späher von großem Wert. Allerdings konnte während Monaten kein Sold ausbezahlt werden, so dass Major Birbeck zu dieser geldpolitischen Massnahme griff. Da die wenigsten der Soldaten lesen konnten, wurden für die verschiedenen Nominale auch unterschiedlich farbige Tinten verwendet.
Der Umlauf der "Noten", bis zur Bezahlung der Beträge, soll vom Februar bis April 1902 stattgefunden haben.
Traurige historische Dokumente zu den Internierungslagern der Engländer, die verschiedenen Nominale des Green Point Kriegsgefangenenlagers. Nahe Kapstadt wurde dieses Lager durch die britischen Truppen für ca. 5.000 gefangene Buren eingerichtet. Man beabsichtigte, diese Soldaten später in gut eingerichtete Konzentrationslager auf Ceylon oder in andere britische Kolonien zu transportieren. Heutzutage befindet an dieser Stelle (Green Point) das Fußballstadion von Kapstadt, erbaut für die Weltmeisterschaft von 2010.
[1] Der Autor hat bereits einmal über eine solche spezielle Banknote berichtet, als er in Münzen & Sammeln 9 /2015 über die 1 Pond-Note 1868 aus Griqualand-Ost schrieb. Mehrere dieser hier erwähnten Beispiele versteigert SINCONA AG in Zürich anlässlich ihrer Banknotenauktion vom 24. Oktober 2019.
Ruedi Kunzmann
Abb. Sincona AG, www.sincona.com
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