Beim Betrachten früher Geldscheine aus dem 18. und 19. Jahrhundert fällt auf, dass an manchen Stücken einiges fehlt; da wurden Teile abgeschnitten bzw. abgestanzt. Man sich wundern und stellt sich die Frage, was es damit auf sich hat. Die Ursachen solcher „Beschneidungen“ bei Scheinen lassen sich erklären.
Abb. 1: 2,4 Milreis (= 2$400 Rs), Reichs-Schatzschein, Lissabon 20. Februar 1799.
Interessanterweise sind Fehlstellen an allen Seiten der Geldscheine nachweisbar: meistens an den linken Seiten der Vorderseiten, aber auch rechts, oben und auch unten. Sogar rechts und links sind Kontrollabschnitte bei Banknoten bekannt (z. B. 10 Milreis Banco do Brasil). Auffallend ist außerdem, dass die Schnitte stets durch Ornamente, Wappen oder auch Schriftzüge gehen. Die gedruckten Namen der Geldhäuser in Groß- seltener in Kleinbuchstaben sind den Typen der sog. englischen Schreibschrift ähnlich und wurden normal- oder kopfstehend gedruckt. Die fehlenden Teile der Ornamente oder bspw. der Banknamen befanden sich immer auf den abgetrennten Teilen der Scheine und verblieben stets zur Kontrolle bei den Ausgabestellen.
Außerdem waren die Schnittstellen ein Sicherheitsmerkmal. Bei Verdacht auf Fälschung konnte man beide Teile (Kontrollabschnitt und ausgegebene Note) wieder zu einem Schein zusammenfügen. Auf den in den Büros gehaltenen Abschnitten waren meist die selben Kontrollnummern, Serienbezeichnungen oder auch Unterschriften vorhanden, wie auf den ausgegebene Scheinen.
Abb. 2: 20 Francs, Caisse d’Echange des Monnaies, Wechselschein, Rouen 21. November 1803 (1er frimaire an 10); Blanko-Formular – die Trennung erfolgte senkrecht durch den Text „caisse d’exchange“.
Abb. 3: 20 Francs, Caisse d’Echange des Monnaies, Rouen, gelaufener und eingelöster Wechselschein, wellenförmige Trennung durch „caisse d’exchange“, mit Unterschrift und Stempel .
Abb. 4: 10 Zloty, Hoher Nationalrat, Steuerschein, Warschau 8. Juni 1794, „BILET SKARBOWY“ am oberen Rand beschnitten.
Abb. 5: 50 Lire, Finanzamt, Königreich Sardinien, Kreditschein, Turin 1. Oktober 1792, bildliche Darstellung am unteren Rand beschnitten.
Der Beschnitt von Geldscheinen endete Ende des 19. Jahrhunderts. Es sind Belege aus Europa sowie aus Übersee bekannt. Mit der Zeit wurde die Praktik des Trennens der anfangs handschriftlichen und später gedruckten Scheine in auszugebende Scheine und Kontrollabschnitte nicht mehr tragbar. Vom hohen Aufwand der Kennzeichnung ging man zum aufwendigeren Druck von Banknoten über; jedoch registriert man auch in neuerer Zeit die Ausgaben nach Kontrollnummern und Serien.
Abb. 6/7: Titelblatt und Blatt 1 der Registratur der Bundesdruckerei zur 5-DM-Note 1948, Ausgabe 1956.
Abb. 8: 5 Milreis (= Rs 5$000), Wechselschein, Kaiserreich Brasilien, ohne Datum (1833).
Abb. 9: 100 Drachmai, Nationalbank von Griechenland, Banknote, Athen 26. Juni 1872.
Abb. 10: 50 Rixdaler (ett half hundred Rixdaler/Croner), Bankschuldschein, Kopenhagen 10. Juli 1695, mit Unterschrift von Jørgen Thor Møhlen.
Schon Ende des 17. Jahrhunderts hatte der norwegische Kaufmann Jørgen Thormøhlen in Bergen die Verfahrensweise der Trennung von Geldscheinen in zwei Teile als Echtheitsmerkmal im Jahre 1695 für sich entdeckt. Die Scheine wurden damals noch nicht durchgeschnitten, sondern einfach zerrissen.
Dieses Prinzip nahmen wie beschrieben viele Emissionsstellen weltweit auf und führten es mehr oder weniger perfekt fort. Das Trennen in zwei Teile ist tatsächlich ein markantes Sicherheitsmerkmal – Wasserzeichenpapier, oftmals handgeschöpft, gab es damals jedoch seit längerem. Und: Thormøhlen war wohl der erste, der Serienbuchstaben bei der Nummerierung verwendete. In der Abbildung ist auf der linken Banknote und auf dem rechten Kontrollabschnitt jeweils „No. 248 / a“ erkennbar. Bekannt ist: „a“ steht für 50 Rixdaler, „b“ für 25 Rixdaler, „c“ für 20 Rixdaler und „d“ für 10 Rixdaler. Auf den ersten Geldscheinen in Europa lassen sich weder auf den schwedischen von 1666 noch auf den englischen Geldscheinen von 1690 Serienbuchstaben finden.
Fortsetzung „Die Geldscheine des Jørgen Thormøhlen“ folgt.
Michael H. Schöne
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