Verwendung französischer OCRPI-Bezugsscheine im Saarland
- Thomas van Eck
- vor 4 Stunden
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In einem Leserbrief an die Redaktion des Gietl-Verlags wurde vor einigen Jahren die Frage aufgeworfen, ob die französischen Bezugsscheine der Organisation O.C.R.P.I. – Office central de répartition de products industriels (Zentrale Vertriebsstelle für Industrieprodukte) nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs im Saarland verwendet wurden und deshalb in den "Rosenberg-Katalog" gehören. Seinerzeit schrieb Herr Grabowski:
Die Verwendung der Bezugscheine im Saarland, wo eher Stahl unter französischer Verwaltung in der Nachkriegszeit produziert wurde, ist mir nicht bekannt. In den Katalog zu den deutschen Banknoten ab 1871 gehören diese Bezugscheine nicht!
Zum Leserbrief: https://www.geldscheine-online.com/post/leserpost-unbekannte-franz%C3%B6sische-geldscheine
Heute kann festgestellt werden, dass diese Bezugsscheine sehr wohl ihre Verwendung im Saarland fanden. Allgemein werden diese Scheine gerne mit gesammelt und sind in diversen Verkaufsportalen preiswert zu erwerben.
Zuerst ein kurzer Überblick über diese Organisation
Im August 1940 wurde die Organisation OCRPI durch Gesetz gegründet und unterstand dem Ministerium für Handel und Industrie. Sie untergliederte sich in zwölf Abteilungen (Gummi, Öl, Papier und Holz sowie Eisen, Gusseisen und Stahl/Sektion des Fontes, Fers et Aciers.
Das entsprach weitestgehend der sektoralen Organisation der deutschen Wirtschaft.
Die OCRPI stand in Bezug zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit des Vichy-Regimes mit der deutschen Besatzungsmacht im Zweiten Weltkrieg.
Im Juni 1944 erteilte die provisorische Regierung der Französischen Republik den Auftrag zur Aufrechterhaltung der OCRPI für die anstehenden Aufgaben nach der Befreiung und für den wirtschaftlichen Wiederaufbau.
Bezogen auf die Bezugsscheine für Eisen- und Stahl/Acier Ordinaire sind eine Fülle an unterschiedlichen Scheinen bekannt. Zwischen 1941 und 1949 wurden zwölf Serien zu je
1, 5, 10, 50, 100 und 500 kg sowie 1, 5 und 10 t ausgegeben. Sie galten nur bis zu den aufgedruckten Einlösedaten. Alle Scheine verfügten über eine siebenstellige Kontrollnummer und zwischen den Jahren 1946 und 1949 sind sie zusätzlich mit zwei Serienbuchstaben versehen. Der erste Serienbuchstabe bezog sich auf das Jahr und der zweite auf das Gültigkeitsdatum.
G = 1946; H = 1947; I = 1948; J = 1949
M = 31. März; J = 30. Juni; S = 30. September; D = 31. Dezember
Diese Klassifizierung scheint aber nicht immer durchgängig zu sein.
Verwendung im Saarland
Ein dem Autor vorliegender Bezugsschein ist mit einem vorderseitigen französischsprachigen Prägestempel versehen. In dieser Form ist der Bezugsschein nach meiner Kenntnis nirgends katalogisiert.


Die Umschrift des Prägestempels lautet: Republikque Francaise / Production Industrielle / Haut Commissariat en Sarre (Republik Frankreich / Industrielle Produktion / Hohes Kommissariat im Saarland).

Auf der Rückseite befindet sich ein nicht lesbarer Stempel einer Firma, welche diesen Schein verwendet hat. Im Weiteren findet sich auf der gedruckten Rückseite eine Warnung vor Fälschungen. Das Wort „ENDOS“ bedeutet „Übertragungsvermerk“ und „CCETR“ steht für „Caisse Centrale d’Emission des Titres Répartieurs“ (Zentralkasse für die Ausgabe von Bezugsscheinen).

Das Wasserzeichen dieser Ausgabe weist ein florales Blütenmuster auf.
Als weitere Ausgabe im Saarland wurden Bezugsscheine mit Stempel einer CORI GmbH in Dudweiler, Sudstrasse 4 bekannt.[1] [2]
Der Straßenname bezieht sich darauf, dass hier Anfang des 18 Jahrhunderts Salz gesiedet wurde. Unter der Hausnummer 4 ist von 1939 bis 1953 eine Spedition mit Lagerung „Karl Naumann“ sowie ab ca. Anfang der 1950er Jahre eine Polizeidienststelle bekannt.
Im Hof befand sich eine kleine Halle. Ein Hinweis auf eine CORI GmbH ergab sich zu keinem Zeitpunkt. Denkbar ist, dass diese GmbH dort um 1948 nur ein Büro betrieb und eine Produktionsstätte an einem anderen Ort angesiedelt war. Insgesamt scheint die CORI GmbH im Dunkel der Geschichte verschwunden zu sein.
An dieser Stelle meinen herzlichen Dank an die Dudweiler-Geschichtswerkstatt.[3]
Dudweiler ist heute ein Stadtteil der Landeshauptstadt Saarbrücken.[4] Auf dem ehemaligen Gebiet von Dudweiler befanden sich insgesamt 9 Bergwerke und Schächte.[5] Denkbar ist, dass die CORI GmbH ein Zulieferbetrieb für bergmännische Metallwaren war.
Sonstige Informationsquellen zu den Bezugsscheinen der OCRPI
Es gab nach bisheriger Recherche einen Katalog in dem diese Scheine in einem gewissen Rahmen katalogisiert sind. Der Katalog „Catalogue de Monnaie et Papier-Monnaie de Nécessite – Billets „Monnaie-Matiere – OCRPI“ aus dem Jahr 2006, erschienen bei Maison Platt.[6] Dem Autor liegt der genannte Katalog aber leider nicht vor.
Im Weiteren darf auf die sehr umfangreiche Katalogisierung dieser Bezugsscheine innerhalb der Webseite von „KAJACQUES“ hinweisen.[7] Diese ist zwar französischsprachig aber jeder moderne Browser übersetzt die komplette Seite in Nullkommanix ins Deutsche.
Das spezielle Gebiet der Billets Matiere/Materialscheine ist hier sehr umfangreich mit Informationen und sehr vielen Abbildungen aufbereitet worden. An dieser Stelle sei auch noch auf die deutschsprachige Webseite von „Saar Nostalgie“ hingewiesen, welche ebenfalle einige Informationen zum Thema „Geld im Saarland“ enthält.[8]
Thomas van Eck
Anmerkung der Redaktion
Vielen Dank an den Autor, dass er anhand des vorgestellten Scheins die Verwendung der OCRPI-Bezugscheine nach dem Zweiten Weltkrieg im Saarland nachweisen konnte.
Auch wenn es sich bei derartigen Bezugscheinen um sehr interessante Zeitdokumente handelt – ich selbst habe eine große Sammlung von Rationierungsbelegen aller Art,
so bleibe ich doch dabei, dass diese Scheine nicht in den Katalog zu den deutschen Banknoten gehören. Es handelt sich schlicht und ergreifend um kein Geld. Wir müssten sonst auch alle deutschen Bezugscheine für z. B. Eisen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit ebenfalls mit aufführen. Für jeden Papiergeldsammler runden aber solche Objekte "Rund ums Geld" die eigene Sammlung und damit auch die Dokumentation eines historischen Zeitabschnitts hervorragend ab.
Hans-Ludwig Besler (Grabowski)
Anmerkungen:
Katalog Schöne – Das Papiergeld im besetzten Deutschland 1945 bis 1949: Nr. 6891 und 6892
44. Gärtner-Auktion am 06.06.2019; Los 3389
https://www.saarbruecken.de/leben_in_saarbruecken/planen_bauen_wohnen/stadtteile/dudw
https://www.dudweiler-geschichtswerkstatt.de/dudweiler-bilder/bergwerke-und-sch%C3%A4chte/
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