Für viele Slowaken ging mit der Staatsgründung 1939 ein Traum in Erfüllung: Zum ersten Mal in der Geschichte hatten sie einen eigenen Staat. Dass dieser Staat ein Vasallenstaat von Hitlers Gnaden war, wurde zunächst verdrängt. Doch im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wuchs bei vielen Slowaken die Unzufriedenheit mit dem eigenen klerikal-faschistischen Regime unter dem katholischen Priester Jozef Tiso (* 13. Oktober 1887 in Nagybiccse, heute Bytča; † 18. April 1947 in Bratislava) und der deutschen wirtschaftlichen Ausplünderung des Landes. Die 1942 einsetzende Deportation der slowakischen Juden erregte den Unmut der Bevölkerungsmehrheit. Nach der Niederlage der Wehrmacht in Stalingrad formierte sich auch unter den Soldaten der slowakischen Armee Widerstand. Hunderte, die auf Seiten der Wehrmacht an der Ostfront gekämpft hatten, desertierten und schlossen sich der Roten Armee an.
Im Land bereiteten sich die bürgerliche und die sozialistische Opposition auf einen Aufstand vor. Unter der Führung des so genannten Nationalrats wurden Versorgungslager angelegt und Pläne für eine militärische Aktion ausgearbeitet. Entscheidend war, dass sich ein ganzes Armeekorps - 24.000 Mann mit kriegsmäßiger Ausrüstung - der Opposition anschloss. Der Gouverneur und auch andere Mitarbeiter der Nationalbank dürften in die Pläne eingeweiht gewesen sein, denn auf Anweisung des Gouverneurs Imrich Karvaš wurde noch vor Ausbruch des Aufstandes ein großer Teil der Zahlungsmittel nach Banská Bystrica (Neusohl) gebracht. Gründe dafür waren die günstige geographische Lage, die Sicherheit vor Luftangriffen - Bratislava war am 16. Juni 1944 zum ersten Mal bombardiert worden - und die modernen Tresorräume der dortigen Zweigstelle der Nationalbank.
Zahlen nach Veronika Macháčková, Slowakische Nationalbank, Diplomarbeit Magister der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (Mag. rer. soc. oec.), Universität Wien, September 2010, S. 89.
Am 27. August 1944 kam es in Turčiansk ý Svatý Martin zu einem folgenschweren Zwischenfall. 22 deutsche Offiziere aus Rumänien, wo wenige Tage zuvor ein Staatsstreich von König Michael I. das mit Hitler verbündete Regime von Marschall Ion Antonescu gestürzt hatte, wurden von slowakischen Soldaten entwaffnet, gefangen genommen und am nächsten Morgen erschossen. Das Massaker wurde zum Auslöser eines Aufstandes, der innerhalb weniger Tage weite Teile der Slowakischen Republik erfasste.
Zunächst schien der Aufstand zu gelingen. Der Slowakische Nationalrat übte die gesetzgebende und die vollziehende Gewalt auf einem Gebiet von etwa 20.000 qkm mit 1,5 Millionen Einwohnern aus. Politische Parteien und Gewerkschaften nahmen ihre Arbeit auf, sogar Zeitungen erschienen und ein Radiosender strahlte sein Programm aus. Am 17. Oktober begann jedoch die Gegenoffensive der Wehrmacht und von SS-Einheiten, die zehn Tage später das Zentrum des Aufstandes, Banská Bystrica, besetzten. Die Aufständischen zogen sich in die Berge zurück, von wo aus sie bis Kriegsende einen Partisanenkampf gegen die deutsche Wehrmacht führten.
Der Aufstand hatte direkte Auswirkungen auf die SNB. Der amtierende Gouverneur Karvaš wurde verhaftet. Die auf slowakischem Gebiet verbliebene deutsche Armee kostete die slowakische Staatskasse enorme Summen. Mit der Novelle des Zentralbankgesetzes Nr. 44/1939 musste die Bank dem Staat einen Kredit gewähren. Die Bank war gezwungen, neue Banknoten im Gesamtwert von 1500 Millionen Kronen in Umlauf zu bringen.
Am 18. Oktober 1944 überschritten die ersten Einheiten der Roten Armee die Grenze zur Ostslowakei. Die deutsche Gegenoffensive verhinderte zwar den sowjetischen Durchbruch ins Donautal, nicht aber den allmählichen Rückzug der Front bis in die Mittelslowakei. In den von sowjetischen Truppen und slowakischen Partisanenverbänden befreiten Gebieten übernahm der Slowakische Nationalrat die Staatsgewalt. In Košice richtete er eine Hauptkasse ein. Ende 1944 übertrug ihr das sowjetische Oberkommando das Recht, Papiergeld auszugeben, das die einmarschierende Rote Armee in ihrem Gepäck mitbrachte. Es handelte sich um Anweisungen im Wert von 1, 5, 20, 100, 500 und 1000 Kronen.
Die Scheine sind im typischen Design der Druckerei GOSZNAK hergestellt und tragen die Jahreszahl 1944. Ab Februar 1945 waren sie gesetzliches Zahlungsmittel in den eroberten Gebieten der Slowakei. Während die Anweisungen vom 19. Mai 1945 bis zum 31. Oktober 1945 auch auf dem gesamten Gebiet der Tschechoslowakei gesetzliches Zahlungsmittel waren, blieb das Umlaufgebiet des slowakischen Papiergeldes auf die Slowakei beschränkt. Die 1-Kronen-Anweisung blieb sogar bis zum 25. April 1946 gültig.
Anweisung, 1944, 1 Krone, Vorder- und Rückseite.
Anweisung, 1944, 5 Kronen, Vorder- und Rückseite.
Anweisung, 1944, 20 Kronen, Vorder- und Rückseite.
Anweisung, 1944, 100 Kronen, Vorder- und Rückseite.
Anweisung, 1944, 500 Kronen, Vorder- und Rückseite.
Anweisung, 1944, 1000 Kronen, Vorder- und Rückseite.
Der Geldumlauf in der wiedererstandenen Tschechoslowakei war kompliziert. Neben der Protektoratskrone, der Reichsmark und der slowakischen Krone waren auch ungarische Pengö, sowjetische Rubel und polnische Złoty im Umlauf. Die Nationalbank der Tschechoslowakei (NBČS) musste dieses Problem so schnell wie möglich lösen. Eine ihrer ersten Aufgaben war daher der Einzug der Fremdwährungen, so dass zwei Währungsräume entstanden: der tschechische und der slowakische. In diesen war die Währung des jeweils anderen nicht gültig.
Am 1. April 1945 schuf das tschechoslowakische Finanzministerium „das Tschechoslowakische Währungsbüro“, das die Währungsangelegenheiten regeln sollte.
Die Interimsverwaltung der SNB verbot ihren Filialen, diesen Namen zu verwenden, da die SNB noch nicht rechtlich aufgelöst war. Eine der wichtigsten Maßnahmen der Interimsverwaltung der SNB war die Kennzeichnung der umlaufenden 100, 500 und 1000 Kronen mit Wertmarken, um die Einführung der Einheitswährung, der Tschechoslowakischen Krone, vorzubereiten. Vom 3. Juli an sollten eigentlich nur noch diese Scheine in Umlauf gesetzt werden. Dies sollte auch für die Anweisungen von 1944 gelten. Hiergegen sprach sich jedoch das Hauptquartier der Roten Armee aus, man befürchtete, dass dies die Truppenbewegungen zwischen der Sowjetunion, der Slowakei und der Tschechei (Böhmen und Mähren) erschweren würden.
Tschechoslowakisches Währungsbüro, Marke mit dem Buchstaben E und dem Aufdruck 100.
Tschechoslowakisches Währungsbüro, Marke mit dem Buchstaben E und dem Aufdruck 500.
Tschechoslowakisches Währungsbüro, Marke mit dem Buchstaben E und dem Aufdruck 1000.
Das Tschechoslowakische Währungsbüro, Marke mit dem Buchstaben K.
Das Tschechoslowakische Währungsbüro, Marke mit dem Buchstaben B.
Das Tschechoslowakische Währungsbüro, Mark mit dem Buchstaben Y.
Die in Stahldruck hergestellten Marken wurden von der Londoner Wertzeichendruckerei Thomas De La Rue geliefert. Sie zeigen das Bildnis des ehemaligen tschechoslowakischen Staatspräsidenten Tomáš Garrigue Masaryk (* 7. März 1850 in Hodonín, Kaisertum Österreich; † 14. September 1937 in Lány) und tragen die Aufschrift „ČESKOSLOVENSKO“. Für die (sowjetischen) Befehle mit der Jahreszahl 1944 wurden blaue Marken mit dem Buchstaben „E“ verwendet. Zusätzlich erhielten sie folgende Aufdrucke für die entsprechenden Nennwerte: 100 in schwarz, 500 und 1000 in rot. Die slowakischen Banknoten zu 100 Ks wurden mit einer gelben Marke mit dem Buchstaben „K“, die zu 500 Ks mit einer orangefarbenen Marke mit dem Buchstaben „B“ und die zu 1000 Ks mit einer roten Marke mit dem Buchstaben „Y“ versehen. Die nicht verwendeten Marken wurden 1952 in der Papierfabrik „Cisařský mlýn“ in Prag-Holešovicích vernichtet.
Neben den gekennzeichneten Banknoten gab die Slowakische Nationalbank vor ihrer Auflösung am 31. Oktober 1945 eine Anweisung über 2000 Kronen mit der Aufschrift „Republika Československá“ aus. Sie war ebenfalls nur im Gebiet der Slowakei vom
24. August bis 31. Oktober 1945 gesetzliches Zahlungsmittel.
Republika Československá, 1945, 2000 Kronen, Vorder- und Rückseite.
Am 19. Oktober 1945 erließ der tschechoslowakische Präsident das Dekret Nr. 139 über die Einrichtung der Rechtsverhältnisse der NBĊS: „Die Nationalbank der Tschechoslowakei übt ihre Tätigkeit auf dem tschechischen und mährischen gebiet nach dem Gesetz Nr. 346/1920 der tschechoslowakischen Gesetzessammlung über die Aktienzettelbank und auf dem Slowakischen Gebiet nach der slowakischen Regierungsverordnung Nr. 44/1939 über die Slowakische Nationalbank aus.“ Am 31. Oktober 1945 erfolgte dann die Währungsreform und die Einführung einer gemeinsamen Währung in der neuerstandenen Tschechoslowakischen Republik.
Uwe Bronnert
Literatur:
Jan Bajer, Papírová platidla Československa 1919 – 1993, České republiky Slovenské republiky 1993 – 2003, Praha 2003.
Günter Graichen, Die Geldzeichen der Tschechoslowakei, Berlin (Ost) 1983.
Veronika Macháčková, Slowakische Nationalbank, Diplomarbeit Magister der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (Mag. rer. soc. oec.), Universität Wien, September 2010.
Comentarios