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AutorenbildMichael H. Schöne

Wahre Verbrechen: Die „Cooper-Dollars“


Am 9. Februar 1980 machte Brian Ingram im Nordwesten der USA einen aufsehenerregenden Fund: Am Ufer des Columbia River entdeckte der damals Achtjährige 290 20-Dollars-Noten der Federal-Reserve-Banken im Sand. Beim Anlegen einer Feuerstelle für das Wochenend-Picknick der Familie zog er drei Pakete mit größtenteils beschädigten Geldscheinen zwischen den Steinen hervor. Seine Mutter rief später den örtlichen Sheriff Tom McDowell an, las die Kontrollnummern der Scheine ab, und von da an begannen umfangreiche Ermittlungen des FBI unter dem Codenamen „Norjak“ (= North Hijacking).

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in Oregon und im Staat Washington, und schon am 13. Februar 1980 berichtete u.a. die „Muncie Evening Press“ unter der Überschrift „Kiddies find bills of D.B. Cooper loot in sand“ (= Kinder finden Geldscheine von D.B. Coopers Beute im Sand). Aber welche Scheine waren das? Es waren die 20-Dollars-Scheine, die ein gewisser Dan Cooper 1971 vom Staat erpresst hatte.


Am Vorabend des US-amerikanischen Erntedankfestes (Thanksgiving), dem 24. November 1971, bestieg ein Mann mittleren Alters in Portland, Oregon, ein Flugzeug der Northwest Orient Airlines. Er buchte für 20 US-Dollars ein One-Way-Ticket nach Seattle und gab als Namen Dan Cooper an. Das war natürlich falsch. Auf dem Flug 305 gab er einer Stewardess einen Zettel. Darauf stand: „Miss, ich habe eine Bombe und möchte, dass Sie sich neben mich setzen“. Er öffnete seine billige Aktentasche. Darin befanden sich mehrere rot gefärbte Drähte und Stäbe. Flugbegleiterin Tina Mucklow musste aufschreiben, was er forderte: vier Fallschirme und 200.000 US-Dollars Lösegeld in 20-Dollars-Scheinen – zu übergeben bei der Landung. Und die Boing 727 sollte aufgetankt werden für den Weiterflug nach Mexico City.


Abb.1: auch das „Oregon Journal“ berichtete am 25. November 1971 von der Lösegeld-Erpressung.


Nach der Landung in Seattle ließ der Entführer die 36 Passagiere frei und nahm das geforderte Geld, die Fallschirme und die Vorräte in Empfang – drei Piloten und eine Flugbegleiterin mussten als Geiseln im Flugzeug zurückbleiben.


Die Maschine startete am Abend in Richtung Süden. Nach einer Dreiviertelstunde Flugzeit – gegen 20 Uhr und irgendwo zwischen Seattle und Reno – schickte Cooper die Stewardess ins Cockpit mit der Anweisung, eine der Luken zu öffnen. Er band die Segeltuchtasche mit den 10.000 Banknoten an einen der Fallschirme ... und sprang mit dem zweiten aus rund 3.000 Metern Höhe in die Nacht. Seitdem hat man den Erpresser nie wieder gesehen,

noch hat man je wieder von ihm gehört.


Unmittelbar nach der Landung des Flugzeugs und ersten Untersuchungen wurden eine Lockheed C-130 und ein Hubschrauber eingesetzt. Zusätzlich durchsuchten etwa 1.000 Soldaten zu Fuß das vermutete Absprunggebiet. Ein streng geheimes Spionageflugzeug

SR-71 kam ebenfalls zum Einsatz, um die gesamte Flugroute zu fotografieren, doch von

D.B. Cooper wurde nie eine Spur entdeckt. In den folgenden fünf Jahren wurden mehr als 800 Verdächtige in Betracht gezogen und bis auf zwei Dutzend wieder verworfen. Keiner konnte jedoch anhand von DNA-Spuren identifiziert werden. Erst nach dem Fund der Geldscheine am Columbia River wurde die Suche wieder intensiviert. FBI-Agenten gruben später auf der Fazio Ranch, fünf Meilen westlich von Vancouver, WA, weitere nasse

20-Dollars-Scheine am Flussufer aus.


Das FBI hatte schon bald nach dem aufgedeckten Verbrechen Listen mit allen Kontrollnummern veröffentlicht; es handelte sich immer um die Ausgaben 20 Dollars Federal Reserve Noten der Drucktypen 1963 A und 1969. Vergleichsscheine:


Abb. 2: 20 Dollars 1963A, Vs., Unterschriftenkombination Kathryn (Elizabeth) O‘Hay Granahan (U.S.Treasurer) und Joseph Walker Barr (Secretary of the Treasury),

gemeinsame Amtszeit vom 23. Dezember 1968 bis 20. Januar 1969.


Abb. 3: 20 Dollars 1969, Vs., Unterschriftenkombination Dorothy Andrews Elston (U.S.Treasurer) und David Matthew Kennedy (Secretary of the Treasury),

gemeinsame Amtszeit vom 8. Mai 1969 bis 16. September 1970.


Abb. 4: 20 Dollars 1963A und 1969, Rs., White House Washington/DC.


Abb. 5: eine der Listen mit den Kontrollnummern aller Lösegeld-Scheine; unter https://vault.fbi.gov/D-B-Cooper /D.B. Cooper Part 01-10/view findet man weitere Listen.



Abb. 6: Veröffentlichung von Lösegeld-Scheinen der Ausgabe 1969 in der „Los Angeles Times“ vom 21. Oktober 1972, Seite 40.


Das gefundene Geld war bis 1986 in Gewahrsam staatlicher Stellen, danach entschied ein Gericht, es unter Ingram, dem FBI sowie der Northwest Airlines und deren Versicherungsgesellschaft aufzuteilen.

Von den 5.800 US-Dollars, die Brian Ingram fand, durfte er 3.000 US-Dollars behalten.

Er verkauft alle Banknoten mit lesbaren Kontrollnummern, darunter nur 15 „ganze Scheine“ für 37.000 US-Dollars, die an den Rändern beschädigt waren, sowie zehn „halbe Scheine“, die noch weiter beschädigt waren. Den Rest der 125 Scheine – eigentlich konfettiähnliche Papierfetzen – behielt der heute 52-Jährige.





Abb. 7: Fragment einer der Lösegeld-Scheine mit der Kontrollnummer 45632911 B,

Ausgabe FRB Chicago mit SBst. G, Typ 1963A.


Abb. 8: Fragment einer der Lösegeld-Scheine mit der Kontrollnummer 47621840 A,

Ausgabe FRB San Francisco mit SBst. L, Typ 1969.


Abb. 9: Brian Ingram mit Fragmenten seiner gefundenen 20-Dollars-Noten.


2023 traf sich Brian Ingram mit den Investigativ-Journalisten Josh Gates am Strand des Columbia Rivers und zeigte ihm den Fundort von 1980. Allgemein herrscht die Annahme, dass die „Cooper-Dollars“ in der Nähe von Tena Bar am gegenüber liegenden Ufer aufs Land trafen, aber die Lage durch Bagger-Arbeiten am Columbia River oder durch die Überschwemmungen von 1979 verändert wurde. Ingram gab nochmals Auskunft:

„Ich fand drei Bündel mit 20-Dollars-Scheinen im Wert von insgesamt 5.800 Dollars. Sie wurden entdeckt, als ich für ein Familienpicknick eine flache Stelle im Sand freikratzte, um ein Feuer zum Braten von Hot Dogs zu machen. Die Bündel lagen leicht schief übereinander und waren außerdem mit einem intakten Gummiband umwickelt. Die Scheine waren an den Rändern abgenutzt und sahen verwittert aus, als wären sie eine Zeit lang im Sand vergraben gewesen. Mit meinen Eltern Dwayne und Patricia und meiner Cousine Denise haben wir den Strand nach weiteren Scheinen abgesucht. Wir wollten mehr Geld finden, haben aber nichts mehr gefunden. Wir haben die Scheine mitgenommen, aber bei jedem Versuch, sie auseinanderzuziehen zerbrachen sie in Stücke. Meine Mutter versuchte, das Geld in der Küchenspüle einzuweichen, aber es ließ sich nicht trennen. Sie fügte bei ihrem Versuch Spülmittel und sogar Clorox hinzu, weil wir hofften, das Geld zu einer Bank bringen und einlösen zu können. ... Später gab es ein Gespräch mit FBI-Agent Ralph Himmelsbach in Portland.“

Abb. 10: Brian Ingram (rechts) zeigt dem Chef des Investigativ-Teams Josh Gates (links)

und Joe Koenig die Fundstelle von 1980.


Abb. 11: Karte vom Columbus River, links Oregon/rechts Washington State,

mit der Fundstelle (roter Punkt) und der Flugroute (rote Linie); irgendwo hier sprang der Erpresser im stürmischen Regen in die Tiefe.


Dutzende von FBI-Agenten, Zeitungsreporter und Kamerateams waren dann bei Tena Bar eingetroffen und fanden weitere Teilstücke der Scheine im Umkreis von 20 Meter und in einer Tiefe bis zu einem Meter.


Im Pfandhaus Pawn Stars Las Vegas/NV wechselte 2018 ein Fragment-Schein für 1.600 US-Dollars den Besitzer. Ein erstaunlicher Preis für einen Schein in wahrlich nicht sammelwürdiger Erhaltung, aber mit einer faszinierenden Geschichte.


Abb. 12: vom FBI gezeigte Teilscheine der Ausgaben 1963A und 1969.


Das FBI recherchierte von November 1971 bis zum Mai 1992; dann wurde die Suche beendet. In all den Jahren ließen sich viele Menschen in den USA bei Banken größere Geldbeträge nur in 20-Dollars-Scheinen auszahlen – in der Hoffnung, einen „Cooper-Schein“ zu finden und dafür die ausgelobte Belohnung von 1.000 US-Dollars zu erhalten.


Michael H. Schöne


Quellen:

Chris Bradford „Lucky Find“, in „The Sun U.S.“ vom 18. Februar 2024

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