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Wahre Verbrechen: „Tommy the Banker“ – Ein alter Fälscher


Jeden Dienstag bieten Mitarbeiter des Norfolk Island Museums eine Führung über den Friedhof an. Für 20 australische Dollars erfährt man eine unglaubliche Geschichte: Hier liegt ein gewisser Thomas Saulsby Wright begraben. Er starb im Alter von 105 Jahren, stammte aus dem englischen Frodingham und war in die Strafkolonie auf Norfolk Island im Pazifik deportiert worden.


Abb. 1: Grabstein auf dem Norfolk Island Cemetery für Thomas Saulsby Wright, 1738 in Frodingham geboren (Steinmetz-Fehler: Saulsbury statt Saulsby und Frodringham statt Frodingham).


Der Londoner Bankier Thomas Saulsby Wright wurde 1799 im Alter von 60 Jahren wegen Urkundenfälschung zum Tode verurteilt. Er entging jedoch dem Galgen, wurde begnadigt und als Sträfling nach New South Wales in Australien in das erste Straflager der Engländer gebracht. Im „Gesetz zur Bestrafung von Schurken, Landstreichern und gewalttätigen Bettlern“ von 1597 hieß es: „Hartnäckige Faulenzer sollen aus diesem Königreich verbannt und in vom Geheimen Rat bestimmte Gebiete jenseits der Meere gebracht werden.“


Die in Sydney herausgegebene Zeitung „The Australian“ berichtete am 9. November 1839, dass der mittlerweile 1816 begnadigte und in Parramatta ansässige T. S. Wright erneut verhaftet wurde. Die Staatsanwaltschaft von New South Wales klagte ihn der Banknoten-Fälschung nach dem Bank Restriction Act von 1797 an. Bei der Hausdurchsuchung des inzwischen 101 Jahre alten Wright fand die Polizei 195 Noten zu 20 £, 191 Noten zu 10 £,

250 Noten zu 5 £, 376 Noten zu 2 £ und 87 Noten zu 1 £ ... insgesamt also Fälschungen im Wert von 7.899 Pfund Sterling. Die Polizei entdeckte außerdem Druckplatten für künftig zu gründende, jedoch fiktive Banken: Austilian Bank, Bank of Parramatta, Parramatta Banking Co., Parramatta Trading Bank und eine Defiance Banking Company.


Aufgedeckt war die Fälschungs-Aktion durch den Mitangeklagten Mr. Salt, der hatte die Austilin-Banknoten in Umlauf gebracht. Auch der Hersteller der Druckplatten konnte ausfindig gemacht werden. William H. Wilson in Sydney hatte die Platten graviert und davon die Geldscheine gedruckt. Er war in der Vergangenheit schon in Verruf gekommen, da es bei der Bank of Newcastle zu Ungereimtheiten kam; er hatte Druckplatten hergestellt und Banknoten gedruckt. Der Generalstaatsanwalt gab zu, dass die Platten so gut gemacht waren, dass jeder durch ihre große Ähnlichkeit mit den damaligen australischen Banknoten getäuscht werden könnte. Edye Manning, ein Direktor der Bank of Australia, entgegnete ziemlich hochmütig, dass die fraglichen Banknoten „nur die ganz Unwissenden täuschen könnten“.


Abb. 2: 1 Pound, 2. Dezember 1837, Vs., bei geschätzten 40.000 bis 50.000 australischen Dollars wurde die Fälschung für 30.000 A$ am 31. Mai 2020 verkauft


Abb. 3: 1 Pound, Rs., unbedruckt, mit Signum von Constabler Alexander Brown, der die Durchsuchung im Haus von T. S. Wright leitete


Der Richter fragte den Angeklagten, welche Erklärung er dazu habe. Der inzwischen 101 Jahr alte Wright plädierte bei seinem Prozess auf „not guilty“ (nicht schuldig) und gab eine Zweckbehauptung zu Protokoll: er habe sich vorgenommen, eine Bank für eine Firma in Parramatta zu gründen, aber dass er mit einer Gruppe von Schwindlern in Kontakt kamdie ihn betrogen hätten. Er konnte alle Banknoten zurücknehmen, die er selbst unterschrieben hatte – und er habe das gleiche Recht, eine Bank zu gründen wie jeder andere Gentleman, und würde die Leitung für jede Bank von Gentlemen übernehmen, die ihn einstellen möchten, und zwar nach den besten und aktuellen Bedingungen. Darüber schrieb der „Australian“ von „Gelächter im Gerichtssaal“. Ein Zeuge sagte zudem aus, dass der Angeklagte die Banknoten zum Verkauf anbot.“


Alfred Stephen, Oberster Richter von New South Wales, verurteilte Wright, weil er ohne Genehmigung gefälschte Banknoten in seinem Besitz hatte, die angeblich von der Austilin Bank stammten, obwohl er wusste, dass sie gefälscht waren.

Der Urteilsspruch lautete „14 Jahre Verbannung in eine Strafkolonie“. Der Richter fügte hinzu „Laut offiziellen Aufzeichnungen erfolgte seine erste Verurteilung am 26. Dezember 1799, als festgestellt wurde, dass er in Boroughbridge in der Grafschaft York den Wechsel Nr. 604 über 12 Pfund 10 Schilling verbrecherisch gefälscht und verfälscht hat. Urteil damals: Tod durch den Strang“.

Seine Strafe sollte er auf der Norfolk-Insel verbüßen. In der Liste des Superintendent of Convicts mit den Namen von 44 Gefangenen vom 14. Dezember 1839 ist auch ein Thomas Salsby Wright aufgeführt. In den Akten des Norfolk Island Hospital gibt es den Eintrag „Tod von Thomas Wright am 7. Februar 1843 im Alter von 104 Jahren“.


Abb. 4: Strafkolonie in Kingstown auf der Norfolk-Insel, nach der ersten Schließung 1814 wurde die Einrichtung 1825 wieder für Rückfalltäter geöffnet und galt als schlimmste Strafanstalt im britischen Empire (Fotografie aus den 1840-er Jahren).


Die widersprüchlichen Angaben in den Quellen sind unerheblich. Sei es das Alter von 104 bzw. 105 Jahren, der fehlerhafte Geburtsort Frodringham oder die falsche Schreibweise seines Namens Thomas Saulsbury Wright statt richtig Thomas Saulsby Wright. Auf den Geldscheinen unterschrieb er jedoch mit Thos Saulsbey (absichtlich ohne „Wright“?). Er hatte im Prozess behauptet, dass er eigentlich Thomas Salsby Wright hieß und nicht der Angeklagte Thomas Saulsbury Wright sei. Seine verbrecherische Energie war unvergleichlich und sein Richter beurteilte ihn in seinem Urteilsspruch: „Es war bedauerlich, einen alten, gebrechlichen Mann am Rande des Grabes zu sehen, der an derselben kriminellen Karriere festhielt, die er in seiner Jugend begonnen hatte, anstatt sein Leben zu ändern und sich auf die Welt vorzubereiten, in die er bald berufen werden würde.“ Darin erwähnte Richter Stephen auch die erste Verurteilung Wrights am 26. Dezember 1799 zum Tod wegen Fälschung eines Wechsels über 12½ Pfund in Boroughbridge.


Michael H. Schöne


Quellen:

Butlin, S. J.: „Foundations of the Australian Monetary System 1788-1851“, Sydney 1968

Clune, F.: „The Norfolk Island Story“, Sydney 1967

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