Mehr als eineinhalb Jahre hatten die politisch Verantwortlichen in Danzig Zeit, sich um wichtige Dinge in ihrer Stadt zu kümmern und die Weichen für die künftige Verwaltung der Stadt und ihres Umlandes zu stellen. Am 15. November 1920 wurde das Gebiet um die preußische Hafenstadt Danzig mit den Städten Zoppot, Praust, Tiegenhof und Neuteich sowie zahlreichen Dörfern zur „Freien Stadt Danzig“ erklärt. Aufgrund des Versailler Vertrages vom 28. Juni 1919 (Art. 100-108, Abschnitt XI, Teil III) musste das Deutsche Reich diese Landesteile abtreten. Unter der Aufsicht und dem Schutz der Siegermächte des Ersten Weltkrieges wurde das Gebiet an der Ostsee ein teilsouveräner, autonomer Freistaat.
Der Danziger Volkstag und der von ihm gewählte Senat beschlossen, dass das Papiergeld und die Briefmarken des Deutschen Reiches zunächst weiter verwendet werden sollten.
Nach der Einführung der Danziger Staatsangehörigkeit durch das Gesetz vom 30. Mai 1922 mussten auch Pässe ausgestellt werden. Dafür musste unter den über 40 kleineren und größeren Druckereien der Stadt eine fähige Druckerei gefunden werden. Sie wurde gefunden.
Abb. 1: Werbeblatt der Druckerei J. Sauer; Johann Julius Alexander Sauer hatte die Druckerei 1847 in der Wollwebergasse 4 gegründet, 1901 übernahm sein Sohn den Betrieb und Max Krogoll kam als Mitinhaber hinzu – 1933 war er dann Alleininhaber.
Für die Briefmarken, die an den Schaltern in Danzig erhältlich sein sollten, wählte man die leistungsfähige Druckerei J. Sauer. Ab dem 14. Juni 1920 wurden die reichsdeutschen Briefmarken mit dem Aufdruck „Danzig“ versehen, ab dem 31. Januar 1921 produzierte die Firma die ersten Freimarken im Buchdruck.
Ab 1923 wurden Druckaufträge auch an die Druckerei des Postscheckamtes Danzig, ab 1924 an die Reichsdruckerei Berlin und ab 1935 an die Postdruckerei Danzig vergeben; die Firma Sauer lieferte Mitte 1924 letztmals Briefmarken.
Abb. 2: Überdruckmarken 1920 und Flugpostmarke 1923, jeweils bei der Druckerei J. Sauer gedruckt.
Zufrieden mit der guten Zusammenarbeit, beauftragte der Danziger Senat 1923 folgerichtig die Druckerei Julius Sauer mit dem Druck der Zentralkassenscheine - „Zwischengulden“ -, die ab dem 24. Oktober 1923 als Übergangswährung von der deutschen Mark zum Danziger Gulden ausgegeben werden sollten.
Da die Druckerei in der Fleischergasse 69 mit der Gesamtproduktion überfordert war, wurden andere Druckereien der Stadt mit dem Druck einzelner Werte beauftragt. Dies waren folgende Druckereien Albert Wilhelm Kafeman, Bodenstein & Miehlke, Carl Bäcker, W. F. Burau und Paul Rosenberg (Danziger Verlagsgesellschaft m.b.H.). Die Abkürzungen der jeweiligen Firmen finden sich auf den Kassenscheinen der Danziger Zentralkasse wieder - ebenso die zugeordneten Wasserzeichen:
Abb. 3: Zuordnung der 6 Namenskürzel und der Wasserzeichen, die auf den Kassenscheinen von 1923 vorkommen.
Abb. 4: Wasserzeichenpapier, das für die Kassenscheine verwendet wurde: „verschlungene Quadrate“, „Achteckfliesen“ und „Danziger Kogge/Wappen“ mit Schriftzug DANZIG.
In der Fachliteratur wurden das Firmenkürzel „DV“ auch als „Danziger Verlags-Druckerei (Theodor Richter)“ gedeutet; die Adressbücher von Danzig aus den Jahren 1922–1924 listen Th. Richter lediglich als Schriftsetzer bzw. Kaufmann auf. Die „Danziger Verlagsgesellschaft“ weist auch die Druckerei W. F. Burau als Mitinhaber aus. Auch wurde vermutet, dass es sich bei „WB“ um die Druckerei Waldemar Brodt in der Langfuhrer Hauptstraße handeln könnte. Eine Druckerei mit nur acht Beschäftigte war kaum in der Lage, solche Geldscheine herzustellen, zumal es dort keine Offsetmaschinen gab. So bleiben nur die aufgeführten Druckereien, die für den Druck der Kassenscheine infrage kommen, wie z. B. die Fa. Kafemann in der Kettenhager Gasse 3/5.
Abb. 5–7: Logos der Druckerei und abgestempelter Notgeld-Gutschein über 1 Goldpfennig von 1923: „A. W. Kafemann, G. m. b. H. / ppa. H. Eberlein.“
Die Druckerei Wilhelm Ferdinand Burau war ebenfalls ein leistungsstarker Betrieb mit etwa 100 Mitarbeitern; die Druckerei verfügte über Buch- und Offsetdruck-Maschinen sowie eine Chemigrafie-Abteilung. Dort konnten auch Autotypien als Druckvorlagen hergestellt werden, wie bspw. für die Herstellung der Notgeldscheine der Stadtgemeinde Danzig vom 8. August 1923 zu 1 Mio. Mark (Deutscher Reichswährung), die ebenfalls das Achteckfliesen-Wasserzeichen zeigen.
Abb. 8–10: Adressbuch-Eintrag und Firmenkürzel „WB“ im Ausschnitt des 1-Mio.-Mark-Scheins, in der Ornamentgestaltung ist das Kürzel erkennbar – siehe Hinweislinien rechts.
Auch die Druckerei von Otto Bodenstein und Richard Miehlke wurde in den Druck der Kassenscheine einbezogen. Die Firma druckte – wie auch J. Sauer – ebenfalls Aktien für in Danzig ansässige Gesellschaften. In ihrer Werbeanzeige liest man auch von Notgeld. Leider sind die Notgeldscheine von Danzig und Zoppot bis heute keiner der bekannten Druckereien zuzuordnen (außer 1-Mio.-Mark-Schein) – vermutlich war B&M auch daran beteiligt.
Abb. 11: Anzeige der Druckerei Bodenstein & Miehlke – dort wurden die Zentralkassenscheine zu 1 Pfennig und 2 Gulden gedruckt; Abb. 12 rechts: Druckhinweis auf einer Aktie der OIKOS-Gesellschaft über 10.000 Mark vom Juli 1923.
Abb. 13: Wasserzeichen des 10-Mrd.-Mark-Scheins, der letzte und werthöchste Gutschein der Stadtgemeinde Danzig vom Oktober 1923.
Abb. 14/15: Wasserzeichen „verschlungene Quadrate“ in Durchsicht; links: 50 Danziger Pfennige mit Kürzel „WB“ – rechts: 5 Danziger Gulden mit Kürzel „JS“.
Abb. 16: Wasserzeichen „verschlungene Quadrate“ in Durchsicht; 10 Danziger Pfennige/Oktober, mit Kürzel „JS“ – die November-Ausgabe hat das Wasserzeichen „Danziger Kogge“.
Abb. 17–19: Wasserzeichen „Danziger Kogge“ in Durchsicht; links: 1 Danziger Gulden, links; mittig: Ausschnitt 10 Danziger Pfennige/November mit Kürzel „JS“; rechts: 2 Danziger Gulden mit Kürzel „AK“.
Abb. 20: Wasserzeichen „Achteckfliesen“
in Durchsicht; 2 Danziger Pfennige mit Kürzel „JS“.
Bei den Wz.-Abbildungen erkennt man, dass beim 10-Pf.-Schein das Wasserzeichenpapier seitenverkehrt in die Druckmaschine eingelegt wurde; das geschah ebenfalls beim
2-Gulden-Schein – dort sogar noch um 90 Grad nach links verdreht.
Interessant ist, dass auch für die Pässe der Freien Stadt Danzig oder die Sparkassenbücher der Stadtsparkasse Wasserzeichenpapier verwendet wurde, wie der Vergleich mit den Notgeld- und Kassenscheinen zeigt.
Abb. 21: Reisepass der FSD, Typ 2, mit Wasserzeichen „verschlungene Quadrate“.
Wasserzeichenpapier wurde für die Reisepässe der 1. Ausgabe (1920–1921) nicht verwendet; die 16 Innenseiten hatten nur einen Unterdruck. Für die 2. Ausgabe (1922–1935) nutzte man Papier mit dem Wz. „verschlungenen Quadrate“ und für die 3. Ausgabe (1936–1939) mit dem Wz. „Danziger Kogge/Wappen“ – wie für Danziger Geldscheine auch. Vergleiche der Abmessungen der Wasserzeichen von Geldscheinen und Pässen ergaben eine Übereinstimmung.
Abb. 22: Reisepass der FSD, Typ 3, mit Wasserzeichen „Danziger Kogge/Wappen“.
Die Innenseiten der Pässe Typ 2 wurden durch einen grünen Unterdruck abgedeckt – beim Pass Typ 3 fehlt dieser Unterdruck; dort wurden jedoch einzelne Innenseiten kopfstehend eingeheftet. Finanzpolitisch und -geschichtlich interessant ist, dass in vielen Danziger Reisepässen Auszahlungen von Gulden in RM u. a. lt. der amtlichen, monatlichen Freigrenze/Reisefreigrenze aus sog. Register(mark)guthaben eingetragen wurden.
Abb. 23: Sparkassenbuch der Sparkasse der Stadt Danzig (hier von 1933) mit Wasserzeichen „Kelchmuster“ in Durchsicht.
Das Druckpapier für Sparkassenbücher der Sparkasse der Stadt Danzig zeigt das bei Kurt Lehrke mit Nr. 143 aufgeführte Wasserzeichen „Kelchmuster“. Solche Papiere setzte man beim Geldscheindruck in Danzig nicht ein; bei deutschen Notgeldscheinen der Inflationszeit fanden sie jedoch Verwendung – bspw. für die Notgeldscheine der Deutschen Reichsbahn (2 Mio. Mark, Berlin, 20. August 1923) oder über 10 Mrd. Mark der Berliner Brauerei Julius Bötzow vom 26. Oktober 1923.
Das Wasserzeichen „Achteckfliesen“ kommt auch bei den Goldpfennig-Scheinen der Danziger Einkaufs-Genossenschaft vor. Bei deren 5-Gpf.-Gutscheinen hat nur die Serie A dieses Wasserzeichen – die Serie B druckte man auf Normalpapier.
Die meisten sog. Industrieschecks der Danziger Banken und der Zoppoter Sparkasse wurden auf Wasserzeichenpapier Typ „Achteckfliesen“ gedruckt.
Abb. 24: Wasserzeichen „Achteckfliesen“ in Durchsicht auf dem undatierten Gutschein zu 5 Goldpfennige, Serie A, Einkaufs-Gen. der Kolonialwarenhändler eGmbH, Danzig.
Beim Druck der Guthabenschecks der Stadtgemeinde Zoppot entschied man sich für das „Tropfen“-Wasserzeichenpapier bei den August-/September-Ausgaben von 1923.
Abb. 25: Wasserzeichen „Tropfen“ in Durchsicht auf Zoppoter Notgeld 100 Mio. Mark vom 28. September 1923.
Diese Papiersorte wurde auch für viele andere Notgelder bei Teilauflagen im Freistaat verwendet: Notgeldscheine der Stadtgemeinde Danzig, Gutscheine der Stadt Neuteich 1920/21, Industrieschecks der Danziger Bank für Handel und Gewerbe A.-G. (20, 210 und 420 Gpfg.), Industrieschecks der Sparkasse der Stadt Zoppot (20, 105 und 210 Gpfg./2. Serie) und auch beim Kriegsnotgeld zu 5 und 20 Mark von 1918.
Eine Ausnahme ist der Schein mit Überdruck 20 Mrd. Mark auf 500 Mio. Mark. Für den Druck der letzten Ausgabe verwendete man „Quadrat“-Wasserzeichenpapier – im Gegensatz zum 500-Mio.-Schein. Die Hauptdruckfarbe wurde von Rotbraun auf Grün gewechselt. Auch die Druckfarbe der jeweiligen Kontrollnummern veränderte man von Grün in Rot. Aus Zeit- und Kostengründen setzte man die alten Druckplatten nochmals ein.
Abb. 26: Wasserzeichen „verschlungene Quadrate“ in Durchsicht auf Zoppoter Notgeld
20 Mrd. Mark 1923.
Das Wasserzeichenpapier „verschlungene Quadrate“ wurde von der Papierfabrik Hohenofen in der preußischen Provinz Brandenburg auch in den Freistaat Danzig ausgeliefert – ebenso das „Tropfen“-Wasserzeichenpapier von der Papierfabrik Hoesch in Düren in der preußischen Rheinprovinz.
Abb. 27: Wasserzeichenpapier für 25-Gulden-Banknoten.
Die seit 1924 in der englischen Druckerei Bradbury, Wilkinson & Co., Ltd., hergestellten Banknoten der Bank von Danzig hatten völlig andere Wasserzeichen; das Wasserzeichenpapier wurde für die zwölf Wertstufen extra hergestellt. Es zeigt stets die Wertzahl und einen stilisierten Kopf bzw. eine Maske in Durchsicht.
Michael H. Schöne
Quellen:
Lehrke, Kurt: „Deutsche Wertpapierwasserzeichen/Abbildungen“, Berlin 1954.
Literaturempfehlung:
Hans-Ludwig Grabowski:
Die deutschen Banknoten ab 1871
Das Papiergeld der deutschen Notenbanken, Staatspapiergeld, Kolonial- und Besatzungsausgaben, deutsche Nebengebiete und geldscheinähnliche Wertpapiere und Gutscheine
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