Lange Zeit war es üblich, dass Wertzeichen-Druckereien traditionell die Banknoten bestimmter Staaten oder Notenbanken herstellten. Wie es scheint, ist das heute nicht mehr so, denn immer häufiger stellt man als Sammler fest, dass z.B. Neuauflagen von einer anderen Druckerei gedruckt wurden. Um potentielle Kunden (Banknotenherausgeber) vom Design und der Qualität ihrer Druckerzeugnisse – insbesondere neuer Sicherheitsmerkmale – zu überzeugen, stellen Banknoten-Druckereien spezielle Werbescheine her. Im englisch- sprachigen Raum werden diese Promotional- oder Advertising-Noten genannt. Obwohl diese Scheine nur für einen kleinen, speziellen Kreis produziert werden, gelangen sie manchmal auch in Sammlerhände.
Auch die die international tätige russische Staatsdruckerei „Goznak“ beteiligte sich an der Ausgabe von Advertising-Noten. 1818 wurde das Unternehmen durch Dekret des Zaren Alexander I. als zentrale Produktionsstätte zur Herstellung von Banknoten und Wertpapieren gegründet, in der alle Stufen der Banknotenproduktion, angefangen bei der Papierherstellung bis hin zur Gestaltung und zum Druck, vereint wurden. Seit 1919 trägt das Unternehmen den Namen Goznak und ist heute eine Aktiengesellschaft, die sich aus acht Niederlassungen zusammensetzt: der Moskauer Banknoten-Druckerei, der Permer Banknoten-Druckerei, der Moskauer Druckerei, der Sankt-Petersburger Papierfabrik, der Krasnokamsker Papierfabrik, der Moskauer Münze, der Sankt-Petersburger Münze und dem Forschungsinstitut in Moskau. Goznak verfügt über eine jährliche Produktionskapazität von bis zu 11.000 Tonnen Sicherheits-Banknotenpapier, 7 Milliarden Banknoten, 3,5 Milliarden Münzen, 40 Millionen Reisepässen, 30 bis 45 Millionen Postwertzeichen (je nach Größe und Drucktechnik) sowie von Sonder- und Verbrauchs-Steuerzeichen und anderen Produkten. Das jährliche Produktionsvolumen des Unternehmens beläuft sich auf 46 Milliarden Rubel.[1]
2020 widmete Goznak dem deutschbaltischen Offizier der Kaiserlich Russischen Marine, Fabian Gottlieb Benjamin von Bellingshausen (Russisch Фаддей Фаддеевич Беллинсгаузен, Faddei Faddejewitsch Bellinsgausen), eine 115 mm x 52 mm große Werbenote.
Die Vorderseite zeigt rechts das Kopfbild des Seefahrers und in der Scheinmitte zwei Segelschiffe. Am linken Rand in lateinischer Schrift „F. Bellingshausen".
Die Rückseite zeigt auf der linken Seite eine Karte der Antarktis mit der Reiseroute von Bellingshausen, auf der rechten Seite ein Segelschiff und einen Kompass. Auf der linken Seite am Rand der rote Aufdruck „RUSSIA GOZNAK“. Das angegebene Datum „16.01.1820“ bezieht sich auf die Sichtung des 6. Kontinents und wird nach dem gregorianischen Kalender angegeben. Im weißen Feld des Scheins wird ein Wasserzeichen sichtbar: zwei Pinguine und eine Möwe. Unter der UV-Lampe werden fluoreszierende Teile deutlich, so die obere Kontrollnummer und einzelne „eingestreute Fasern“.
Bild 1: Werbenote der Druckerei Goznak, Vorderseite.
Bild 12 Werbenote der Druckerei Goznak, Rückseite.
Bild 3. Wasserzeichen der Werbenote.
Fabian von Bellingshausen wurde am 9. September 1778 jul. (20. September 1778 greg.)
in Estland auf Gut Lahhentagge auf der Insel Ösel als Sohn von Fabian Ernst von Bellingshausen und Anna Katharina von Folckern geboren. Mit 11 Jahren trat er 1789 in die Marine-Kadettenschule in Kronstadt (Sankt Petersburg) ein. Von 1803 bis 1806 nahm er auf dem Schiff Nadeschda an der ersten russischen Weltumseglung unter Admiral Adam Johann von Krusenstern teil. Nach seiner Rückkehr wurde er zum Kapitänleutnant befördert und war Kommandant verschiedener Schiffe der russisch Baltischen Flotte und der Schwarzmeerflotte.
Im Zeitalter der Aufklärung rüsteten vor allem Frankreich und Großbritannien Forschungsexpeditionen aus, die zugleich Landnahmen waren. Noch immer geisterte durch Europas Köpfe die Sage vom Südkontinent, der „terra australis incognita“ – riesig und unermesslich reich. Aristoteles war überzeugt, dass die Symmetrie einer Sphäre dafür spräche, dass die Region im Norden der Erde durch ein ihr gleichendes Pendant im Süden ausgeglichen werden müsste.[2] 1772 erhielt James Cook vom englischen König Georg III. den Auftrag, dass sagenhafte Südland zu finden. Obwohl er als Erster den südlichen Polarkreis überquerte und sich bis auf 128 Kilometer der antarktischen Küste näherte, blieb auch er den Beweis für die Existenz der Antarktis schuldig.
Zar Alexander I. war von der Idee des Südlandes fasziniert und initiierte 1819 die erste Expedition in die Südpolar-Region. Mit der Leitung des Unternehmens wurde von Bellingshausen beauftrag. Am 16. Juli verließ er mit der Korvette Wostok (935 t) und dem Versorgungsschiff Mirnij (530 t) unter dem Befehl des Kapitäns Michail Lasarew Kronstadt. Zunächst nahmen die Schiffe Kurs auf die brasilianische Küste und Anfang November erreichte man Rio de Janeiro, wo man reichlich Proviant bunkerte, dann ging es Richtung der kälteren Gefilde. Die ersten Eisberge wurden bei den Inseln Südgeorgiens passiert. Nachdem die Flotte seit Wochen durch die rauen Gewässer des südlichen Eismeers kreuzte, gelang es ihr am 27. Januar 1820 zum zweiten Mal in der Geschichte der Menschheit, den südlichen Polarkreis zu überqueren. Aber am 28. Januar war plötzlich Schluss. Vor ihnen wuchs eine gigantische Eiswand aus den Fluten. Dahinter erstreckte sich eine von Schnee bedeckte, baumlose Wüste. Durch das Fernrohr sichtete man einige Berghänge und vereinzelte große, kahle Felsen waren auszumachen. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um Schelfeis, das mit der arktischen Landmasse verbunden war, die heute als König-Maud-Land bekannt ist. Was von Bellingshausen nicht wusste, er hatte Gesellschaft. Nur drei Tage später erspäht der britische Marineoffizier Edward Bransfield die Spitze der Antarktischen Halbinsel.
Im August 1821 erreichte die russische Expedition nach einer Reise von 751 Tagen wieder Kronstadt. Von Bellingshausen wurde nach seiner Rückkehr Verbandschef der Baltischen Flotte sowie 1828 zum Vizeadmiral und 1843 zum Admiral befördert. Er starb am 13. Januar 1852 jul. (25. Januar 1852 greg.) in Kronstadt als „Entdecker der Antarktis“.
Abb. 4: Estland, 2020, 2 Euro, Rückseite
Estland nahm die Entdeckung der Antarktis vor 200 Jahren zum Anlass am 27. Januar 2020 eine 2-Euro-Münze in einer Auflage von 750.000 Exemplaren auszugeben. Entworfen wurde die Münze von Tiiu Pirsko und Mati Veermets.
Uwe Bronnert
Anmerkungen [1] Siehe https://goznak.ru/en/about/today/ (15.08.2021).
[2] Dieses theoretische Land erhielt den vagen Namen Antarktos, also Ant-Arkos, Gegenstück des Arkos. Die Griechen nannten die Arktis „Arktos“ nach dem Sternbild des großen Bären.
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