Wie das Reichsbankdirektorium gab auch die Deutsche Reichsbahn ab dem 9. November 1923 wertbeständige Anteilscheine an den auf Grund des Gesetzes vom 14. August 1923 aufzustellenden Schatzanweisungen des Deutschen Reiches (Reichsgoldanleihe) aus. Kurz zuvor hatte die Reichsbahn ihre Personen- und Gütertarife zum 1. November 1923 auf Goldmarkbasis umgestellt. Die mit 23. Oktober 1923 datierten Reichsbahn-Anteilsscheine hatten Stückelungen von 0,42, 1,05 und 2,10 Mark Gold mit Dollar-Valutaklausel (= 1/10, ¼ und ½ Dollar in den Serien C bis A) und wurden im Verkehr wie die Reichsbank-Anteilsscheine als wertbeständiges Notgeld behandelt.
Die erstmaligen Ausgabedaten des wertbeständigen Reichsbahn-Notgeldes und seine Auflagenhöhe sind nicht mit absoluter Genauigkeit zu bestimmen, da sich die wichtigsten Quellen hier widersprechen. Pressemeldungen zufolge sind die mit Datum 23. Oktober 1923 versehenen „Anteilscheine“ erstmalig am 9. November 1923 ausgegeben worden. Dies stimmt überein mit der Denkschrift der Reichsregierung, nach der am 7. November 1923 noch kein wertbeständiges Reichsbahnnotgeld, am 15. November aber solches in Höhe von 10,2 Mio. Goldmark umlief. Dem widerspricht hingegen eine Mitteilung der Deutschen Bundesbahn vom 8. September 1958, nach der wertbeständiges Reichsbahnnotgeld erst nach dem 15. November 1923 ausgegeben worden sein soll. Hier handelt es sich wahrscheinlich nur um Auffassungsunterschiede, indem die zuerst genannten Quellen die Anteilscheine schon als wertbeständiges Notgeld angesehen haben, die Bundesbahn als für die Reichsbahn Auskunft gebende Stelle aber nicht.
Deutsche Reichsbahn, Wertbeständiger Anteilschein Serie A zu den auf Grund des Gesetzes vom 14. August 1923 auszufertigenden Schatzanweisungen des Deutschen Reichs über 2,10 Mark Gold = ½ Dollar, ausgegeben vom Reichsverkehrsminister in Berlin am 23. Oktober 1923.
Das endgültige wertbeständige Notgeld der Reichsbahn wurde erst einige Wochen nach den Anteilscheinen herausgebracht, da die als Deckung zu hinterlegenden Goldschatzanweisungen des Deutschen Reichs in Höhe von rund 150 Mio. Goldmark nicht früher zur Verfügung standen. Diese mit Datum vom 7. November, 10. Dezember bzw. 17. Dezember 1923 versehenen Notgeldscheine lauteten über 0,42, 1,05, 2,10, 4,20, 8,40 und 21 Mark Gold mit Valutaklausel (=1/10, ¼, ½, 1, 2 und 5 Dollar). Obwohl sie mit Genehmigung des Reichsministers der Finanzen emittiert wurden, entsprachen sie im Text nicht den Formvorschriften der Verordnung der Reichsregierung vom 26. Oktober 1923, denn es fehlten das Wort „Notgeldschein“ und der Vermerk „Ausgegeben mit Genehmigung des Reichsfinanzministers“. Das von der Reichsbahn ausgegebene wertbeständige Notgeld war zum Umlauf in allen Reichsbahndirektionen bestimmt, galt also überall im Deutschen Reich; sogar im besetzten Gebiet wurde es inoffiziell angenommen.
Deutsche Reichsbahn, Wertbeständiger Geldschein über 0,42 Mark Gold = 1/10 Dollar, gedeckt durch mit 6% verzinsliche, 1932 rückzahlbare auf Gold lautende Schatzanweisungen des Deutschen Reichs, ausgegeben vom Reichsverkehrsminister in Berlin am 7. November 1923.
Aus den Angaben der Denkschrift der Reichsregierung ist zu ersehen, dass die Ausgabe des endgültigen wertbeständigen Notgeldes der Reichsbahn erst zwischen dem 23. und 30. November 1923 einsetzte und sich bis etwa zum 22. Dezember 1923 hinzog. Am 31. Dezember 1923 betrug die umlaufende Menge des Notgeldes danach unverändert wie am 22. Dezember 141,9 Mio. Goldmark. Sie erhöhte sich bis 31. Januar 1924 noch auf 144 Mio. Goldmark.
Deutsche Reichsbahn, Wertbeständiger Geldschein über 2,10 Mark Gold = ½ Dollar, gedeckt durch mit 6% verzinsliche, 1932 rückzahlbare auf Gold lautende Schatzanweisungen des Deutschen Reichs, ausgegeben vom Reichsverkehrsminister in Berlin am 7. November 1923.
Eine einmalige Hilfestellung gewährte die Reichsbahn dem Deutschen Reich bei der Abschlagszahlung auf die Beamten- und Angestelltenbezüge der Reichsbediensteten am 17. Dezember 1923. Zu diesem Zahltag verfügte das Reich nicht über ausreichende Mengen wertbeständiger Zahlungsmittel, so dass einigen Ländern die Besoldungszuschüsse zum Teil in wertbeständigem Notgeld der Reichsbahn überwiesen werden mussten. Die Reichsbahn war ihrerseits Pressemeldungen zufolge angewiesen worden, neben den kleinen Stücken der Reichsgoldanleihe alles vom Reichsfinanzminister genehmigte wertbeständige Notgeld anzunehmen. Dies wurde jedoch von einzelnen Reichsbahndienststellen abgelehnt.
Einlösung des Notgeldes
Bei den Anteilscheinen der Deutschen Reichsbahn erfolgte die Einlösung durch Hingabe von Schatzanweisungen des Deutschen Reichs. Beim übrigen wertbeständigen Notgeld war nach Wahl des Inhabers der Umtausch in Schatzanweisungen des Deutschen Reichs oder in Rentenmark möglich. Der Reichsfinanzminister erließ einen besonderen Aufruftermin für die Einlösung des wertbeständigen Notgelds der Reichsbahn, es konnte bis zum 30. September 1924 eingelöst werden. Allerdings ging die Einlösung des wertbeständigen Reichsbahn-Notgeldes 1924 verhältnismäßig langsam vonstatten, wie sich aus den Übersichten in „Wirtschaft und Statistik“ (Jahrgang 1924) ergibt:
Am 30. September 1924 waren nur noch 160.000 Goldmark im Verkehr. Einem Schreiben der Preußischen Staatsbank (Seehandlung) an das Reichsverkehrsministerium, Eisenbahnabteilung, vom 22. Januar 1924 kann entnommen werden, dass durch die ab 23. November 1923 im großen Stil erfolgte Emission von wertbeständigem Reichsbahn-Notgeld eine erhebliche Beunruhigung im Zahlungsverkehr aufgetreten ist.
In diesem Schreiben bestätigte die Staatsbank nämlich eine Vereinbarung mit der Reichsbahn wonach ihr – ebenso wie den Banken der Stempelvereinigung – bei der Verkehrskreditbank ein tägliches Konversionskontingent für wertbeständiges Eisenbahn-Notgeld eingeräumt worden war, und ersuchte um besondere Umtauschanweisungen für solche Tage, an denen große, über das Kontingent hinausgehende Eingänge zu verzeichnen sein würden. Erst dann war die Preußische Staatsbank bereit „bis auf weiteres Eisenbahnnotgeld an ... (ihren) Kassen unbeschränkt anzunehmen“ und hoffte, „auf diese Weise auch zur Umlauffähigkeit des Geldes beizutragen".
Die Ende 1923 von der Reichsbahn in Goldmark ausgegebenen „Reise-Spar-Gutscheine“ (Sparkarten, gültig bis 31. Dezember 1924) liefen nicht als Notgeld um, sie dienten lediglich zum Ansparen auf Ferienreisen.
Hans-Georg Glasemann
Bildquelle: Privat/ Literaturhinweis: Wilhelmy, Rudolf; Geschichte des deutschen wertbeständigen Notgeldes von 1923/1924, Dissertation, Berlin, 1962.
Literaturempfehlung:
Manfred Müller:
Deutsches Notgeld, Band 12: Das wertbeständige Notgeld der deutschen Inflation 1923/1924
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ISBN: 978-3-86646-519-0
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