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AutorenbildHans-Georg Glasemann

Wetzlar: Goldmark 1923

Ab 23. Oktober 1923 gestattete die Reichsregierung Unternehmen und Kommunen die Ausgabe von wertbeständigem Notgeld, wenn es auf Teile der Reichsgoldanleihe vom

14. August 1923 lautete und durch diese Anleihe gedeckt war. Das Notgeld musste nominal auf 4,20 Mark Gold oder kleiner lauten. Die Scheine mussten neben der Bezeichnung „Notgeldschein“ den Vermerk „Ausgegeben mit Genehmigung des Reichsministers der Finanzen“ tragen. Die höheren Nennwerte der Reichsgoldanleihe wurden daraufhin in beträchtlichem Umfang auch von Handelskammern und Städten bei der Reichsbank hinterlegt und so zur Deckung ihrer eigenen wertbeständigen Notgeldausgaben verwendet, so auch in der Stadt Wetzlar.


In der zum Rheinland gehörenden, aber im hessischen Sprach- und Wirtschaftsgebiet liegenden Stadt Wetzlar sind Ende 1923 vier verschiedene Emissionen wertbeständigen Notgelds erfolgt.


Handelskammer für den Kreis Wetzlar, Notgeldschein für wertbeständige Anleihe des Deutschen Reiches über 0.21 Mark Gold = 1/20 Dollar, ausgegeben in Wetzlar am

6. November 1923. Aufruf zum Umtausch des Scheines spätestens am 15. Dezember 1923.


Davon hat jedoch nur die Ausgabe der Handelskammer für den Kreis Wetzlar eine größere Bedeutung erlangt. In der Vollversammlung vom 3.11.1923 beschloss die Handelskammer die Herausgabe wertbeständigen Goldmark-Notgelds unter den bekannten Bedingungen des Reichsministers der Finanzen. Die Stellung der erforderlichen Kontrollpersonen während des Drucks der Scheine wurde den Firmen Stahlwerk Buderus-Röchling A.-G., Ernst Leitz und Friedrich Hollmann A.-G. übertragen. Weiterhin wurde beschlossen, das Notgeld an jede handelsgerichtlich eingetragene, im Kammerbezirk ansässige Firma, mit der Verpflichtung abzugeben nicht mehr als 25% der Löhne und Gehälter wertbeständig zu zahlen. Die Verpflichtung musste schriftlich eingegangen werden. Die Ausgabe der Stücke in den Nennwerten 0.21, 0.42 und 1.05 Mark Gold (Goldmark mit Dollar-Valutaklausel = 1/20, 1/10, ¼ Dollar) begann am 13. November 1923 und zog sich entsprechend der langen Druckdauer für die verhältnismäßig große Menge von rund 315.000 Goldmark bis zum 11. Dezember 1923 hin.



Handelskammer für den Kreis Wetzlar, Notgeldschein für wertbeständige Anleihe des Deutschen Reiches über 0.42 Mark Gold = 1/10 Dollar, ausgegeben in Wetzlar am

6. November 1923. Aufruf zum Umtausch des Scheines spätestens am 15. Dezember 1923.


Das von der Stadtverwaltung Wetzlar in vier Wertstufen von 0.42, 1.05, 2.10 und 4.20 Mark Gold (Goldmark mit Dollar-Valutaklausel = 1/10, ¼, ½, 1 Dollar) mit Datum vom 20. November 1923 gedruckte Notgeld ist erst ab Anfang Dezember in den Verkehr gegeben worden. Da bereits ansehnliche Mengen des Handelskammergeldes umliefen, brauchte man nur rund 81.000 Goldmark zu emittieren.


Stadt Wetzlar, wertbeständiger Notgeldschein über 1.05 Mark Gold = ¼ Dollar, gedeckt durch Hinterlegung von wertbeständiger Anleihe des Deutschen Reiches, ausgegeben in Wetzlar am 20. November 1923.


Das Goldmark-Stadtgeld Wetzlars geriet durch eine ungeschickt formulierte Bekanntmachung der Handelskammer vom 6. Dezember 1923 einige Zeit in Misskredit. Im "Wetzlarer Anzeiger" vom 7.12.1923 veröffentlichte die Kammer, dass für das von ihr „herausgegebene wertbeständige Notgeld - im Gegensatz zu dem von der hiesigen Stadtverwaltung herausgegebenen - alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind“. Bereits in der nächsten Nummer der Zeitung musste die Kammer diese Mitteilung berichtigen.

In der Stadtverordnetensitzung vom 13.12. 1923 erklärte Bürgermeister Dr. Kühn, dass durch diese diskriminierende Meldung das Ansehen der Stadt sehr geschädigt worden sei.


Stadt Wetzlar, wertbeständiger Notgeldschein über 2.10 Mark Gold = ½ Dollar, gedeckt durch Hinterlegung von wertbeständiger Anleihe des Deutschen Reiches, ausgegeben in Wetzlar am 20. November 1923.


Die Wetzlarer Firma Ernst Leitz, Optische Werke, gab mit Datum vom 6. November 1923 ohne Genehmigung des Reichsministers der Finanzen Gutscheine in vier Nennwerten (0.05, 0.10, 0.50, 1 Goldmark) mit Gültigkeit bis zum 15.12.1923 aus. Ebenso gaben die Stahlwerke Buderus-Röchling A.-G. mit Datum 27. November 1923 bzw. 1. Dezember 1923 Gutscheine

in fünf Nennwerten (0.05, 0.10, 1, 2 und 5 Goldmark) aus.


Hans-Georg Glasemann


Bildquelle: Privat

Literaturhinweis: Wilhelmy, Rudolf; Geschichte des deutschen wertbeständigen Notgeldes von 1923/1924, Dissertation, Berlin, 1962.


Literaturempfehlung:


Manfred Müller:

Deutsches Notgeld, Band 12: Das wertbeständige Notgeld der deutschen Inflation 1923/1924


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