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AutorenbildHans-Georg Glasemann

Währungsreform 1923/24: Aktien – Roter Goldmark-Stempel 1924

Zur Bekämpfung der Hyperinflation wurde am 16. Oktober 1923 der Beschluss über die Errichtung der unabhängigen Deutschen Rentenbank verkündet. Damit leitete die Reichsregierung ab Mitte Oktober 1923 die Rückkehr zu einer stabilen Währung ein. Da das Deutsche Reich zur Deckung des Grundkapitals der Rentenbank nicht über genügend Goldvorräte verfügte, wurden der Grundbesitz von Landwirtschaft, Industrie, Handel und Gewerbe mit einer (theoretischen) Hypothek von 3,2 Milliarden Rentenmark (= 3,2 Milliarden Goldmark) belastet. Gleichzeitig beendete die Reichsbank die Ausgabe neuer Schuldtitel, die öffentlichen Haushalte wurden durch Ausgabendisziplin und Steuererhöhungen konsolidiert.


Mit der Währungsreform und der Ausgabe der Rentenmark gelang es ab November 1923, die Inflation im Deutschen Reich zu stoppen. Die Ersparnisse weiter Bevölkerungskreise waren jedoch vernichtet, Vermögenswerte waren dahingeschmolzen. Feste Erträge oder Zinsen waren praktisch wertlos. Durch Mangel an Kaufkraft verloren auch Immobilien ihren Wert und wurden bei Notveräußerungen geradezu verschleudert.


D. Götte & Zimmermann Aktiengesellschaft, Aktie über 5000 Mark, ausgestellt in Halberstadt am 12. Juni 1923, 1924 mit Goldmark-Abstempelung herabgesetzt auf 100 Goldmark.


Am 20. November 1923 hatte 1 US-Dollar einen Wert von 4,2 Billionen Papiermark (= 4,20 Rentenmark). Eine Rentenmark bzw. eine Goldmark (Mark Gold) entsprach an diesem Tag offiziell einer Billion Papiermark. Obwohl es für die Rentenmark keine gesetzliche Annahmepflicht gab, fand sie schnell das Vertrauen der Bevölkerung. Die Rentenmark war von Anfang an als Übergangslösung angelegt. Der Regierung gelang es im ersten Halbjahr 1924 den Kurs der neuen Währung durch Einschränkung des Geldumlaufs und drastische Sparmaßnahmen im Haushalt stabil zu halten. Durch die Normalisierung des Wirtschaftslebens und die Beruhigung der innenpolitischen Situation wurde vom „Wunder der Rentenmark“ gesprochen.


Das Vermögen der Kapitalgesellschaften

Nach der Währungsreform hatte man eingesehen, dass diese drei verschiedenen Währungseinheiten Mark, Goldmark und Rentenmark im Rechnungswesen der Unternehmen nicht praktikabel sind, sondern dass die Bilanzen aller deutschen Kapitalgesellschaften in einem einheitlichen Wertmesser aufgestellt werden müssen. Als dieser wurde die Goldmark auserkoren, und zwar eine Goldmark, die in fester Beziehung zu einer stabilen Goldwährung, insbesondere zum US-amerikanischen Dollar, steht. Jedenfalls ist dieser Maßstab in der Verordnung vom 28. Dezember 1923 über die Aufstellung von Goldmarkbilanzen öffentlich vorgeschrieben worden (Verordnung über Goldbilanzen. Vom 28. Dezember 1923, Reichsgesetzblatt I, S. 1253-1256). Für die Berechnung der Goldmark wurde der aufgrund der amtlichen Berliner Notierung für Auszahlung New York errechnete Dollar-Mittelkurs des letzten Börsentages festgelegt.


Die Goldbilanzverordnung (Verordnung über Goldbilanzen), die aufgrund des Ermächtigungsgesetzes vom 8. Dezember 1923 (Reichsgesetzblatt I, S. 1173) erlassen wurde, und die Durchführungsverordnungen vom 5. Februar und 28. März 1924 sahen für alle Kaufleute, die Handelsbücher zu führen hatten, die Verpflichtung vor, vom 1. Januar 1924 ab oder, falls das neue Geschäftsjahr mit einem späteren Zeitpunkt beginnt, von diesem Zeitpunkt ab, das Inventar und die Bilanz in Goldmark statt in Reichswährung (Papier-Mark) aufzustellen, wobei als Goldmark der Gegenwert von 10/42 des nordamerikanischen Dollars zu gelten hatte. Die Goldmark war also keine Währung, sondern lediglich die Rechnungseinheit für eine Kunstwährung.


Die sogenannte Goldmark-Eröffnungsbilanz ist eine Sonderbilanz, die beispielsweise in einer Währungsreform erforderlich sein kann. Hierbei wurden die bewertungsrelevanten Beschränkungen des geltenden Handelsgesetzbuches für Kapitalgesellschaften vom Gesetzgeber 1923 bewusst außer Kraft gesetzt. Bei der Eröffnungsbilanz waren die einzelnen Vermögensgegenstände nach den bisherigen handelsrechtlichen Vorschriften neu zu bewerten, als ob die Bilanz mit dem Bilanzstichtag den Betrieb neu begänne.


Die Pflicht, das Vermögen der Gesellschaft in Goldmark neu zu bewerten, hatte der Vorstand der Kapitalgesellschaft (Aktiengesellschaft), der auch das neue Grundkapital anzugleichen und die Goldbilanz der Gesellschaft aufzustellen hatte. Die Goldmark-Eröffnungsbilanz war der Generalversammlung (Hauptversammlung) zur Genehmigung vorzulegen. So wurde beispielsweise bei der 1899 gegründeten Hamburger Deutsches Schauspielhaus Aktiengesellschaft auf der Hauptversammlung vom 30. Oktober 1924 das Grundkapital in Höhe von 1 Mio. Mark deutscher Reichswährung (Papiermark) in voller Höhe auf Goldmark umgestellt. Die Aktien der Gesellschaft, 1899 ausgestellt über je 1000 Mark, erhielten einen roten Stempel mit der Inschrift „Umgestellt auf Tausend Goldmark“.


Deutsches Schauspielhaus A. G., Gründeraktie über 1000 Mark, ausgestellt in Hamburg

am 20. Juni 1899, 1924 umgewertet auf 1000 Goldmark.


Steingutfabrik Colditz Actiengesellschaft, Aktie über 1000 Mark, ausgestellt in Colditz am 24. April 1923, herabgestempelt auf 200 Reichsmark.


Die endgültige Neuordnung der Reichswährung wurde im Sommer 1924 realisiert.

Am 30. August 1924 schuf das Münzgesetz (Reichsgesetzblatt II, S. 254) die Reichsmark als neues, nunmehr gesetzliches Zahlungsmittel und gab der für die Ausgabe zuständigen Reichsbank die volle Unabhängigkeit von der Regierung. Die Reichsmark galt zusätzlich zur Rentenmark im Verhältnis 1:1, mit beiden Währungen konnte nun bezahlt werden.

Der wesentliche Unterschied zwischen beiden bestand in ihrer unterschiedlich ausgestalteten Deckung. Die noch immer umlaufende Papiermark wurde jetzt zum Kurs von 1 Billion Mark =

1 Reichsmark = 1 Rentenmark eingezogen. Ab August 1924 wurden die Eröffnungsbilanzen im Deutschen Reich statt in Goldmark in Reichsmark erstellt.


Handelsbank Aktiengesellschaft, Vorzugs-Namensaktie über 1000 Mark, ausgestellt in Berlin am 1. Juli 1923, 1924 umgewertet auf 1 Reichsmark.


Kapitalgesellschaften, die bis 1925 keine Goldmark-Eröffnungsbilanz eingereicht hatten, wurden wegen Nichteinreichung im Handelsregister von Amts wegen gelöscht.


Hans-Georg Glasemann


Bildquelle, Privat (9/2023)

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