Zweckentfremdete Geldscheine
- Michael H. Schöne
- vor 20 Stunden
- 3 Min. Lesezeit
Bekannt sind die Propaganda- und Reklamescheine auf Rückseiten von Reichsbanknoten – bekannt sind auch Scheine mit antisemitischen Hetzparolen. Darüber gibt es ausreichende Beiträge in der Fachliteratur und im Internet. [1]


Abb. 1: 100 Mio. Mark, Vs., 22. August 1923, Reichsbanknote.
Abb. 2: 100 Mio. Mark, Rs. Propagandaschein = „Todesanzeige der Maria Reichsmark“ (https://worbes-verlag.de); die Aufdrucke kommen auch auf Reichsbanknoten zu 500.000 Mark vom 25. Juli 1923, 1 Mio. Mark vom 9. August 1923 u. a. vor.
Weniger Informationen gibt es zu weiteren zweckentfremdeten Geldscheinen für besondere Anlässe. Solche Drucke werden hin und wieder im Online- und Offline-Handel angeboten – als Belege für ein unbedeutendes Randgebiet der Notaphilie. Sind die Propagandascheine verhältnismäßig häufig, so gibt es dennoch interessante und auch seltene Scheine.
Bekannt sind Reichsbanknoten, die rückseitig als Eintrittskarten für Ausstellungen bedruckt wurden, Jubiläumsscheine oder Scheine mit Grußworten oder, oder ...
Die einseitig gedruckten Reichsbanknoten oder Notgeldscheine aus den Jahren 1922/23 boten sich für verschiedenste Gelegenheiten an; die Aufdrucke konnten nur im Hoch-/Buchdruck hergestellt werden – durch die Kleinformate der Scheine kamen andere Drucktechniken nicht infrage. War diese Möglichkeit nicht vorhanden, bediente man sich behelfsmäßig einer sog. Kinderdruckerei mit Holzleisten, in die man Einzelbuchstaben aus Gummi zu Worten zusammenfügen konnte. [2]
Die meisten Rückseitendrucke waren in schlichter Gestaltung gehalten – oft mit einfachem Zeilenfall. Aufwendiger hingegen waren die Jubiläumsscheine der Berliner Sammlervereinigung DGW aus den 1980er Jahren.
Beispiele:

Abb. 3: 10 Mio. Mark, Vs., 22. August 1923, Reichsbanknote.

Abb. 4: 10 Mio. Mark, Rs. Eintrittskarte für die Ausstellung „Von der Römermünze bis zum
13. 10. 57“ des Heimatmuseums Coswig, vom 14. Juni bis 31. August 1959 (Eintrittspreis 0,30 DM, Archiv M. H. Schöne).

Abb. 5: 100 Mark, Vs., o. D. (1922), Notgeldschein der Stadtgemeinde Borna, ohne KN.

Abb. 6: 100 Mark, Rs. Eintrittskarte für die Ausstellung „Notgeld und Heimatgeschichte“
des Kulturbunds der DDR, am 9. und 10. Oktober 1976 in Leipzig-Markkleeberg (Eintrittspreise 3 bzw. 5 Mark, Archiv M. H. Schöne).

Abb. 7: 20 Mio. Mark, Vs., 18. September 1923, Notgeldschein der Deutsche Reichsbahn Berlin.

Abb. 8: 20 Mio. Mark, Rs. mit Grußworten des Sammlers und Lektors Dr. Edgar Richter, Dresden um 1980 (Archiv M. H. Schöne).

Abb. 9: 5 Mio. Mark, Vs., 25 Juli 1923, Reichsbanknote.

Abb. 10: 5 Mio. Mark, Rs., Jubiläumsschein anlässlich des 5-jährigen Bestehens
des Arbeitskreises Geldscheine & Wertpapiere am 20. Oktober 1984 mit Unterschriften
von Dr. Thiede, Jürgen Eilhardt und Jürgen Morgenstern (Archiv M. H. Schöne; ebenfalls existieren Erinnerungsscheine vom 5.-7. Oktober 1985 mit Rückseitendruck auf Reichsbanknoten über 1 Mio. Mark vom 20. Februar 1923 oder Erinnerungsscheine
vom 9. Oktober 1988 mit Rückseitendruck auf Reichsbanknoten über 50.000 Mark
vom 9. August 1923).

Abb. 11: 50 Mio. Mark, Vs., o. D. (1923), Gutschein der Braunkohlenwerke Borna AG.

Abb. 12: 50 Mio. Mark, überstempelte Rückseite „Erstes Deutsch-Französisches Geldschein
u. Sammler-Treffen in Kehl am 5.3.88“, mit entwerteter Sonderbriefmarke der Deutschen Bundespost „20 Jahre Vertrag über die Deutsch-Französische Zusammenarbeit“ (Archiv M. H. Schöne).

Abb. 13: 1 Bio. Mark, Vs., 24. Oktober 1923, Notgeldschein der Deutsche Reichsbahn Cassel.

Abb. 14: 1 Bio. Mark, Rs. mit Grußworten der Mauritius-Versand GmbH Kleinostheim o. D. (https://www.ma-shops.de, https://www.moneypedia.de).

Abb. 15: 20 Reichsmark, Vs., 28. April 1945, Überdruck in Rot: „3. sjezd / sbĕratelů papírových platidel / Pobočka ČSN / 16. 6.– 17. 6. 1973 / PRAHA“ (Archiv M. H. Schöne).

Abb. 16:: 50 Złotych, Vs., 1. August 1944, Überdruck eines sog. Müller-Scheins in Blau:
„W 50. ROCZNICĘ WYBUCHU POWSTANIA WARSZAWSKIEGO W 1944 R. / 1.VIII.-2.10.1944 / 63 DNI / WALKI, CIERPNIEŃ I CHWAŁY / KNF WARSZAWA 1994 – B. B.“ (https://onebid.pl).
Die gedruckten Stückzahlen lagen meist im zweistelligen Bereich. Für den unter Abb. 10 gezeigten Schein waren es lt. DGW-Chronik ganze 93 Exemplare. [3]
Aus dem Ausland sind neben Propaganda- und Reklamescheinen ebenfalls überdruckte Noten für unterschiedlichste Veranstaltungen nachweisbar – so z. B. die für Sammlerzwecke anlässlich der 3. Tagung der Papiergeldsammler von der Prager Gruppe der tschechoslowakischen Numismatiker 1973 überdruckten Altbestände von Reichenberger Kassenscheinen. Auch aus Polen kennt man ähnliche Ausgaben. Als Gedenken an den 63 Tage andauernden Warschauer Aufstand vor damals 50 Jahren wurden 1994 Banknoten des Generalgouvernements im Auftrag der polnischen Finanzaufsichtsbehörde überdruckt.
Zur 25-jährigen Wiederkehr der Gründung der Polnischen Nationalbank 1970 wurden die 1944er Lubliner Ausgaben ebenfalls in Blau überdruckt. Auf polnischen Banknoten gibt es eine große Menge von Aufdrucken: Konferenz der Numismatiker im schlesischen Tychy im April 1992 und nochmals im Juni 1995 in Warschau, Kongress der Polnischen Archäologischen und Numismatischen Gesellschaft im 1986 und andere.
Michael H. Schöne
Anmerkungen:
[1] bspw. Hans-Ludwig Grabowski: „Der „Propaganda-Tausender“ auf geldscheine-online.com vom 31. August 2022
[3] Chronik des DGW 2023: https://www.dgwev.de
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