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AutorenbildErwin Beyer

Zwei verschollene chinesische Noten

Schon viele Jahre besitze ich ein Buch „Eastern Exchange Currency and Finance“ von William F. Spalding, 3. Aufl. 1920. Als ich kürzlich etwas in diesem Werk nachschlagen wollte, bemerkte ich, dass zwei alte Banknoten dort farbig abgebildet sind, beides Privatausgaben und beide anderweitig absolut unbekannt. Ich möchte daher beide Scheine hier kurz vorstellen.

Die erste Note (Abb.1) ist eine Note der Wechselstube Shènfā Hào (慎發號) in Wǔchāng (武昌), Provinz Húběi.


Abb. 1


Wǔchāng war damals eine Stadt nahe Hànkǒu (漢口). Heute sind beide Städte vereinigt, der neue Name Wǔhàn (武漢) entstand durch Aneinanderfügen der Erstsilben beider Städte.


In der zentralen Vertikalzeile finden wir 壹串文 = 1 Chuan (Kupfergeld). 1 Chuan ist eine Schnur, auf der (theoretisch) 1000 gelochte Cashmünzen aufgereiht sind. Interessant ist das Zeichen 串. Man erkennt zwei Cashmünzen und als senkrechte Linie eine Schnur, auf der sie aufgereiht sind.

Im inneren Rechteck links oben findet sich die Datumszeile, die mit 光緒 (Guāngxù) beginnt. Die Herrscherperiode Guāngxù dauerte von 1871 bis 1908. Leider ist die Jahreszahl hinter 光緒 auf der Note verwischt und nicht lesbar, aber der Begleittext im Buch sagt, die Note sei 1897 in Umlauf gewesen.

Die Note zeigt ein sechseckiges Feld mit winzigen, aber deutlich lesbaren roten Zeichen.

Es handelt sich um einen Ausschnitt aus einem klassischen Text. Diese winzigen Zeichen gelten als ein Sicherheitsmerkmal der Note, waren sie doch von eventuellen Fälschern nur sehr schwierig nachzuahmen.

Die Rückseite ist nicht abgebildet, man kann annehmen, dass sie leer ist. Bei vielen ähnlichen Noten der damaligen Zeit aus der Provinz Húběi erfolgte der Druck nur einseitig.

Interessant ist noch, dass Buchautor Spalding schreibt, die 1-Chuan-Note sei zwar eigentlich 1000 Cash wert, jedoch müsse man in der Praxis 12% abziehen, der Inhaber einer solchen Note, der diese in Cashmünzen umtauschen will, erhielt nur 880 Cash!

Ein paar Seiten weiter wird eine zweite Privatnote abgebildet. Es ist eine 1-Mei-Note aus Yuèyáng (岳陽), Provinz Húnán, ausgegeben von der Firma Yàxīn.(亞新), siehe Abb.2.

Datum: Jahr 6 der Republik, also 1917


Abb. 2a.

Abb. 2b.


Der Schein zeigt auf der Vorderseite (Abb.2a) zwei identische Pagoden. Ob es sich um eine real existierende Pagode handelt oder nur um das Idealbild einer Pagode, ist nicht bekannt. Die Rückseite (Abb. 2b) zeigt zwei Löwen, die zwischen sich eine Art Ball halten.

1 Mei ist ein extrem niedriger Wert, 1 Mei entspricht nur 10 Cash. Spalding schreibt, 1 Mei sei damals nur 1/5 Penny wert gewesen! Weiter berichtet er, 1917 habe es sehr viele Arten solchen Kleingelds in Húnán gegeben, die Bevölkerung habe mehr Vertrauen in diese Privatausgaben als in die von der Regierung ausgegebenen offiziellen Noten gehabt.

Die Provinzregierung habe außerdem vergeblich versucht, derartige Privatausgaben zu unterbinden, weil lokale Behörden diese hingegen erlaubten oder gar förderten.


Erwin Beyer

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