Im August 1869 kursierten Prospekte eines Gründungskomitees. Mithilfe dieser Werbeschrift versuchte ein Herr Baurmeister, kapitalkräftige Bürger für die Gründung einer Aktiengesellschaft zu finden. Das neue Unternehmen sollte unter „Deutsche Volksbank“ firmieren und seinen Sitz in Eutin, das damals zum Großherzogtum Oldenburg gehörte, haben. Ferner war eine Zweigniederlassung in Hamburg vorgesehen. „Als Ziel wurde die alte bekannte Lockspeise angegeben: ‚das kleine Capital auf dem grossen volkswirthschaftlichen Arbeitsgebiet der Geldbewegung mitarbeiten zu lassen‘.“[1]
Das Aktienkapital wurde auf drei Millionen Taler festgelegt, eingeteilt zu Aktien von 20 Talern. Der Prospekt stellte für das erste Jahr einen Gewinn von 10 % in Aussicht und im Zweiten sogar 12 – 15 %.
Diese rosigen Aussichten veranlassten auch einige Eutiner Bürger 40 Aktien zu erwerben, zumal nach Baurmeisters Angaben bereits 2000 Aktien gezeichnet worden seien. Wie später bekannt wurde, waren die Aktienzeichnungen bis auf einen verschwindend kleinen Teil fingiert. Bei der nächsten Generalversammlung hieß es dann, dass über 800 Aktionäre ca. 6000 Aktien gezeichnet hätten. Natürlich war auch dies nur Wunschdenken.
Die Deutsche Volksbank gab Banknoten aus, die Baurmeister „Depositenscheine“ nannte. Diese Namensgebung hatte gute Gründe. Ende der 1860er Jahre gab es in fast jedem deutschen Staat eine Notenbank. Hinzu kam noch das Staatspapiergeld.
Die Vielfalt der umlaufenden Zahlungsmittel aus Papier wurde vielfach als Missstand empfunden. Vor diesem Hintergrund brachte das Präsidium des Norddeutschen Bundes, in dem alle deutschen Staaten nördlich der Mainlinie von 1866 bis 1871 unter preußischer Führung vereint waren, am 15. März das Gesetz über die Ausgabe von Banknoten ein. Nach diesem sog. Banknotensperrgesetz war die Gründung neuer Notenbanken an die Erteilung einer Konzession durch den Bund geknüpft. Die Rechte bestehender Notenbanken wurden dagegen nicht beschränkt. Nach Reichsgründung galten die Gesetze des Norddeutschen Bundes grundsätzlich auch in den süddeutschen Staaten, das Banknotensperrgesetz erhielt hier jedoch erst am 1. Januar 1872 Geltung, sodass in Baden, Bayern und Württemberg noch Notenbanken gegründet werden konnten.
Ausgegeben wurden Scheine zu 10 und 25 Thalern (nach Keller auch solche zu 50 und 100 Thalern). Sie datieren vom 20. Mai 1870 und tragen gedruckte Unterschriften des Bankvorstands Carl Baurmeister (der Illustrierte Anzeiger nennt als Vorname Heinrich) sowie von drei Mitgliedern des Verwaltungsrats. Zur Gültigkeit des Scheins war noch eine handschriftliche Unterschrift eines Bankbeamten auf der Rückseite notwendig. Leider ist nicht bekannt, wer die Noten druckte. Es dürfte sich aber wegen ihrer sorgfältigen Ausführung, um eine Wertzeichen-Druckerei gehandelt haben.
Die Depositenscheine wurden mithilfe von Agenten in Umlauf gesetzt, die hierfür eine stattliche Provision erhielten, wie die folgenden Zahlen belegen: Bei 25.466 Talern flossen nur 13.365 Taler in die Bankkasse.
Es wundert nicht, dass Baurmeisters Geschäftsgebaren bald auffiel. Er wurde verhaftet und der Staatsanwalt beim Obergericht in Eutin erhob Anklage wegen Betrugs, „weil er durch Vorspiegelung falscher Thatsachen eine Anzahl Personen zu Actienzeichnungen verleitet, wegen Unterschlagung, weil er Gelder der Bank zu eigenem Nutzen verwandt, und wegen einfachen Bankerotts, weil er weder Bücher geführt, noch Bilanz gezogen hatte. Wegen der Depositenscheine konnte keine Anklage erhoben werden, da Niemand in Eutin sich meldete, der durch die Ausgabe der Scheine geschädigt worden. Dieselben sind fast alle auswärts untergebracht.“[1]
Das Urteil: zwei Jahre Gefängnis wegen Betrugs und Unterschlagung sowie Verlust der bürgerlichen Rechte auf vier Jahre.
[1] Illustrierter Anzeiger über gefälschtes Papiergeld und unächte Münzen, Nr. 1, 1873, S. 2.
Text und Abb. Uwe Bronnert
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