In der Zeit der deutschen Hochinflation 1923 hatte nicht nur die Reichsbank alle Hände voll zu tun, um bei täglich und sogar stündlich fallenden Kursen über die Reichsdruckerei und zahlreiche mit dem Druck von Reichsbanknoten beauftragte private Druckereien immer mehr Reichsbanknoten zur Verfügung zu stellen. Weil sie den wachsenden Bedarf nicht mehr allein decken konnte, gaben außerdem neben den vier verbliebenen Ländernotenbanken von Baden, Bayern, Sachsen und Württemberg auch alle anderen deutschen Länder und Provinzen eigenes Notgeld aus, wie auch Bezirke, Kreise, Städte und Gemeinden, Handelskammern, Sparkassen und sogar Firmen, damit diese täglich ihre Arbeiter bezahlen konnten. Auch die Deutsche Reichsbahn, wie auch die Deutsche Reichspost, musste eigenes Notgeld ausgeben, um unter anderem den Zahlungsverkehr an den zahlreichen Eisenbahnkassen und die Lohnzahlungen für Hunderttausende Beschäftigte der Bahn sicherstellen zu können.
War das Deutsche Reich politisch in Länder, Provinzen und Bezirke gegliedert, so hatten die Staatsunternehmen Reichsbahn und Reichspost jeweils eigene Verwaltungsgliederungen. Die Deutsche Reichsbahn gliederte sich in Reichsbahnirektionen (RBD) und diese wiederum in Reichsbahnämter (RBA). Wenn wir heute vom Notgeld der Deutschen Reichsbahn sprechen, sind in aller Regel die Ausgaben der verschiedenen Reichsbahndirektionen und die des Reichsverkehrsministers gemeint. Daneben gab es aber auch eine Vielzahl von Ausgaben verschiedener Dienststellen der Reichsbahn, aber auch solche privater Bahngesellschaften.
Alle Ausgaben der deutschen Bahnen und der Reichspost findet man aktuell katalogisiert und bewertet in dem komplett farbigen Katalog: Das Papiergeld der deutschen Eisenbahnen und der Reichspost.
Die Ausgaben der Zweigstelle des Reichsverkehrsministeriums Bayern in München galten in ganz Bayern, die der Reichsbahndirektionen, deren Grenzen nicht mit Länder- und Provinzgrenzen übereinstimmten, sowie einzelner Dienststellen nur in diesen.
Hier möchte ich lediglich auf die wichtigen Ausgaben des Reichsverkehrsministeriums sowie der Reichsbahndirektionen eingehen.
Der Reichsverkehrsminister, Berlin
Mit der Weimarer Verfassung vom August 1919 war am 1. April 1920 der Staatsvertrag über die Reichseisenbahnen in Kraft, mit dem die vormaligen Länderbahnen dem Reichsverkehrsminister unterstellt wurden.
Die Ausgaben des Reichsverkehrsministers waren an allen Kassen der Deutschen Reichsbahn und schließlich zuletzt auch noch an allen öffentlichen Kassen im gesamten Reichsgebiet gültig. Wegen dieser reichsweiten Bedeutung wurden sie auch in den neuen Katalog Die deutschen Banknoten ab 1871 aufgenommen. Ausgehend von den hohen Auflagen sind die meisten Scheine heute noch recht häufig, was das Sammeln erleichtert. Neben den Inflationsscheinen in Werten von 1 Million Mark im August 1923 bis zu 50 Billionen Mark im November 1923, gab es Ende 1923 auch sog. wertbeständiges Notgeld in Goldmark-Beträgen und Dollar.
Reichsbahndirektion Altona
Präsident der vormals preußischen Eisenbahndirektion und späteren Reichsbahndirektion Altona (später Hamburg) war von 1918 bis 1932 Ernst Schneider.
Reichsbahndirektion Breslau
Ab 1856 bestand die Königliche Eisenbahndirektion Breslau, die für einen Großteil Niederschlesiens zuständig war. Aus ihr wurde später die Reichsbahndirektion Breslau.
Reichsbahndirektion Cassel
Die Reichsbahndirektion Cassel (Kassel) ging aus der Königlich Preußischen Eisenbahndirektion Cassel hervor.
Reichsbahndirektion Dresden
Zur Reichsbahndirektion Dresden gehörten alle Streckenverbindungen in Sachsen, mit Ausnahme der Gegend um Leipzig, die zur Reichsbahndirektion Halle gehörte.
Reichsbahndirektion Elberfeld
Das Gebiet der Reichsbahndirektion erstreckte sich in den preußischen Provinzen Westfalen und Rheinprovinz. Von 1919 bis 1924 war August Denicke Präsident.
Reichsbahndirektion Erfurt
Das Gebiet der Reichsbahndirektion umfasste große Teile Thüringens, inkl. der thüringischen Anteile der preußischen Regierungsbezirke Erfurt und Merseburg, aber ohne den Raum Altenburg und Greiz.
Reichsbahndirektion Frankfurt am Main
Am 1. April 1874 entstand die Königliche Eisenbahn-Direction zu Frankfurt am Main, aus der dann die Reichsbahndirektion Frankfurt am Main wurde. Von 1919 bis 1925 hieß der Präsident Dr. Stapff.
Reichsbahndirektion Osten, Frankfurt (Oder)
Nach dem Frieden von Versailles fielen weite Gebiete der ehemaligen Königlich Preußischen Eisenbahndirektionen Bromberg, Posen und Danzig an Polen. Für die preußische Bahn musste die Verwaltung neu organisiert werden. Ende 1919 entstand die Eisenbahndirektion Osten mit Sitz in Berlin, aus der dann die Reichsbahndirektion Osten mit Sitz in Frankfurt (Oder) wurde.
Reichsbahndirektion Halle (Saale)
Die Reichsbahndirektion Halle entstand aus der 1895 gegründeten Eisenbahndirektion Halle im Bereich der preußischen Staatsbahnen.
Reichsbahndirektion Hannover
Die Königliche Eisenbahn-Direktion in der Residenzstadt Hannover entstand 1843.
Aus ihr ging die spätere Reichsbahndirektion Hannover hervor, die weite Teile der preußischen Provinz Hannover, das Land Braunschweig und den Norden der preußischen Provinz Sachsen umfasste.
Reichsbahndirektion Karlsruhe
Die Reichsbahndirektion Karlsruhe ging aus der ehemaligen Direktion der Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen hervor, die fast das gesamte Gebiet des Landes Baden umfasste.
Reichsbahndirektion Köln
Die Reichsbahndirektion Köln entstand aus der vormaligen Königlich Preußischen Eisenbahndirektion Cöln und umfasste im Wesentlichen die Gebiete der preußischen Rheinprovinz westlich des Rheins vom Niederrhein bis in die nördliche Eifel.
Reichsbahndirektion Königsberg i. Pr.
Die Reichsbahndirektion erstreckte sich über die Provinz Ostpreußen und den bei Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg verbliebenen Teil Westpreußens (Regierungsbezirk Westpreußen, Marienwerder).
Reichsbahndirektion Magdeburg
Die Reichsbahndirektion Magdeburg bestand von 1922 bis 1931 auf dem Gebiet der früheren Königlichen Eisenbahn-Direction Magdeburg der Preußischen Staatseisenbahnen. Sie umfasste Teile der preußischen Provinzen Sachsen und Brandenburg.
Reichsverkehrsministerium, Zweigstelle Bayern, München
Die Ausgaben der Zweigstelle des Reichsverkehrsministeriums Bayern in München waren in ganz Bayern gültig, also im Wesentlichen in den Reichsbahndirektionen Augsburg, München, Nürnberg, Regensburg und Würzburg.
Reichsbahndirektion Münster (Westf.)
Die Reichsbahndirektion erstreckte sich in Preußen von Ostfriesland über das Münsterland und das westliche Westfalen bis zum Rand des Rheinisch-Westfälischen Industriegebiets sowie, nach Auflösung der Reichsbahndirektion Oldenburg, auch über den größten Teil des Landes Oldenburg.
Reichsbahndirektion Oberschlesische Eisenbahnen, Oppeln
Die Reichsbahndirektion Oppeln umfasste im Wesentlichen das Gebiet Oberschlesiens. Sie entstand 1922 aus den bei Deutschland verbliebenen Teilen der ehemaligen Eisenbahndirektion Kattowitz.
Reichsbahndirektion Stettin
Das Gebiet dieser Reichsbahndirektion Stettin erstreckte sich zum größten Teil über die preußische Provinz Pommern. Sie reichte im Westen bis Rostock und im Südwesten bis vor die Tore Berlins.
Reichsbahndirektion Stuttgart
Die Reichsbahndirektion Stuttgart ging aus der Direktion der Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen hervor.
Neben den Ausgaben des Reichsverkehrsministers, der Zweigstelle Bayern des Reichsverkehrsministeriums und der Reichsbahndirektionen gaben während der Inflation auch noch untergeordnete Dienststellen der Reichsbahn, wie Bahnstationen, Stationskassen, Güterkassen und Werkstätten, sowie der Reichsbahn nahestehende öffentliche Einrichtungen, wie die Gewerkschaft der Eisenbahner und Staatsbediensteter, sowie private Eisenbahngesellschaften Notgeld aus.
Wie bereits erwaähnt, finden Sie alle Ausgaben der deutschen Bahnen und der Reichspost aktuell katalogisiert und bewertet in dem komplett farbigen Katalog: Das Papiergeld der deutschen Eisenbahnen und der Reichspost.
Text und Abb. Hans-Ludwig Grabowski
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